"Unsere" Päpste

VIE98D:AUSTRIA-POPE:VIENNA,21JUN98 - Pope John Paul II arrives with Vienna Cardinal Christoph Schoenborn (L) at Vienna's Heroes Square for a mass, June 21. The Pope is on the last day of his three-day visit to Austria. gw/POOL/Photo by Michel Gangne REUTERS
Vier Päpste stammten aus dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Sollte Kardinal Christoph Schönborn – was nicht ausgeschlossen ist – der nächste Papst werden, dann wäre er nicht der erste Österreicher auf dem Stuhl Petri. Als der heutige Erzbischof von Wien im Jänner 1945 in der Nähe von Leitmeritz in Böhmen zur Welt kam, gehörte das einstige Kronland natürlich längst nicht mehr zu Österreich, doch sein Vater und ein Großteil seiner Ahnen stammten noch aus der k. u. k. Monarchie. Insgesamt gab es bisher vier Päpste mit österreichischen Wurzeln.

Karl Wojtyla senior

"Unsere" Päpste
Karl und Emilia Wojtyla
Mehr als 50 Millionen Menschen lebten in Böhmen, Mähren, Istrien, Venetien, in der Herzegowina, Galizien und in anderen Teilen Österreich-Ungarns. Auch Karl Wojtyla, der Vater des „polnischen Papstes“ Johannes Paul II., ist noch als Unteroffizier der K. u. k.-Armee für den Kaiser in den Ersten Weltkrieg gezogen. Wadowitz bei Krakau, die Geburtsstadt Johannes Pauls II., gehörte bis 1918 zu Österreich, der künftige Papst kam zwei Jahre später zur Welt.

Geboren in Venetien

„Unser erster Mann“ im Vatikan war Papst Pius X. Als Giuseppe Sarto am 2. Juni 1835 in der österreichischen Region Venetien geboren, wurde er 1903 zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt. Zu diesem Zeitpunkt war er kein Österreicher mehr, denn gerade als Giuseppe Sarto 1866 als junger Kaplan tätig war, musste die Monarchie Venetien an das Königreich Italien abtreten.

"Unsere" Päpste
Es war übrigens einer österreichischen Intervention zuzuschreiben, dass der gebürtige Österreicher Giuseppe Sarto überhaupt Papst werden konnte: Nach dem Tod des 93-jährigen Papstes Leo XIII. hatten sich die einflussreichsten Kardinäle Italiens, Frankreichs und Spaniens im Konklave vorerst für einen anderen Kandidaten, den Kardinalstaatssekretär Mariano Rampolla, stark gemacht. Doch gegen diesen sprach Österreichs Kardinal in Krakau sein Veto aus. Und er berief sich dabei ganz offiziell auf Kaiser Franz Joseph, der Rampolla ablehnte, weil er in der Balkanpolitik nicht die österreichischen Interessen vertrat. Die Folge war nicht nur die Wahl des gebürtigen Österreichers Giuseppe Sarto, sondern auch eine Welle scharfer Proteste gegen die österreichische Einmischung in Fragen des Vatikans.

Obwohl Papst Pius X. gerade diesem Umstand sein hohes Amt zu verdanken hatte, machte er es sich zur Aufgabe, ähnliche Einflussnahmen für alle Zeiten zu verhindern: Unter Androhung der Exkommunikation verbot er für künftige Papstwahlen jede Einmischung staatlicher Stellen.

Besagter Pius X. wird als eindrucksvolle Persönlichkeit beschrieben, seine letzte „Amtshandlung“ als Papst war ein Aufruf an alle Völker, für den Frieden zu beten. „Ich würde gerne mein Leben opfern, wenn ich dadurch den Frieden Europas erkaufen könnte“, sagte er am 2. August 1914, wenige Tage nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Drei Wochen später war er tot. Aber den Frieden hatte er nicht erkaufen können.

Aus der Lombardei

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Österreich war bereits Republik, als Kardinal Achille Ratti im Februar 1922 Papst wurde. Seinem „österreichischen“ Vor-Vorgänger zu Ehren nannte er sich Pius XI. Er selbst stammte aus Desio bei Monza in der Lombardei, die 1857 – im Jahr seiner Geburt – gerade noch zu Österreich gehörte. Man wirft Pius XI. vor, sich mit Hitler „arrangiert“ zu haben, tatsächlich hatte er im Dezember 1933 ein Konkordat mit dem Dritten Reich abgeschlossen, doch später wies er in seiner Enzyklika „Mit brennender Sorge“ die willkürlichen Verstöße der Nazis gegen den Kirchenvertrag zurück. Er richtete mehrere Schreiben an Hitler, aber alle Versuche, den „Führer“ zur Einhaltung des Konkordats zu bewegen, scheiterten. Auch seine letzte Stunde schlug zum Auftakt eines Weltkriegs – Papst Pius XI. starb am 10. Februar 1939.

Als einer der populärsten und bedeutendsten Päpste ging Johannes XXIII. in die Geschichte der katholischen Kirche ein. Angelo Roncalli war am 25. November 1881 im Bergdorf Sotto il Monte in der Provinz Bergamo als eines von 13 Kindern einer armen Bauernfamilie zur Welt gekommen, deren Eltern noch Österreicher gewesen sind.

Anhand seiner Biografie lässt sich einmal mehr der Irrwitz der Weltpolitik erkennen, denn als der spätere Papst während des Ersten Weltkriegs von der italienischen Armee als Sanitätssoldat und Militärpfarrer eingezogen wurde, da standen die Österreicher auf der anderen Seite – die Landsleute seiner Eltern waren plötzlich zu Feinden geworden.

Kein Übergangspapst

Als Angelo Roncalli 1958 zum Heiligen Vater gewählt wurde, sah man ihn aufgrund seines Alters von 77 Jahren nur als „Übergangspapst“ an. Doch gerade in den fünf Jahren seines Pontifikats wurden der Kirche vor allem durch das Zweite Vatikanische Konzil neue und wichtige Wege für die Zukunft geöffnet.

Es wäre übertrieben, die aus der Donaumonarchie stammenden Päpste als „waschechte Österreicher“ zu bezeichnen, vielmehr ist ein Wort Leo Slezaks geeignet, deren Herkunft zu definieren, stellte der berühmte Tenor doch in einem Rückblick fest: „Wie jeder echte Wiener bin ich bei Brünn geboren.“

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