Unsere Demokratie braucht frische Luft

Unsere Demokratie braucht frische Luft
Parlamente verkleinern und direkte Demokratie vernünftig ausbauen.

Wenn ein vor Jahren gescheiterter Anwärter auf das Amt jetzt dessen Abschaffung verlangt, dann schmeckt das deutlich nach sauren Trauben. Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll hat damit auch in der Sache nicht recht. Gerade in politisch instabilen Zeiten wie diesen kann der Bundespräsident zum unverzichtbaren Anker des Systems werden.

Was der starke Mann der ÖVP aber sonst an Frischluft für unsere politischen Strukturen vorschlägt, hat den seltenen Vorteil, sachlich gerechtfertigt und gleichzeitig populär zu sein. Pröll kommt einer breiten Forderung der Wählerschaft entgegen, beim allgemeinen Sparen erst einmal die teuren politischen Strukturen zu stutzen.

Das steirische Reform-Duo Voves/Schützenhöfer hat es im Vorjahr exemplarisch durchgezogen. Drastische Einsparungen für alle Steirer, aber gleichzeitig Reduktion der Regierungssitze und der Landtagsmandate.

Spätestens nach dem EU-Beitritt und damit der Verlagerung eines hohen Prozentsatzes der sachpolitischen Entscheidungen nach Brüssel wäre die kritische Überprüfung des Parlamentarismus fällig gewesen. Unter dem Spardruck ist das jetzt überfällig.

Schon der internationale Vergleich drängt zur Reform. 8,5 Millionen Österreicher werden von 695 Abgeordneten im Parlament und in den neun Landtagen vertreten. Für die 12,5 Millionen Bayern reichen 187 Landtagsabgeordnete, in den Niederlanden vertritt ein Parlamentarier 110.000 Bürger, in Österreich rund 45.000.

Heikle direkte Demokratie

Die Verkleinerung von Nationalrat und Landtagen oder die Beschickung des Bundesrates durch Landtagsabgeordnete statt besonderer Mandatare sind also vernünftige Vorschläge.

Dass die Parlamentspräsidentin Prammer den Vorstoß Prölls als „demokratiepolitisch schädliche Zurufe von außen“ geißelt, ist eher skurril. Zumal sie im gleichen Atemzug eine Demokratiereform für nötig hält, selbst aber aus ihrer potenziell gerade in diesem Thema mächtigen Position nichts Einschlägiges beiträgt.

Diskussionswürdig ist zweifellos auch die Aufwertung der direkten Demokratie, insbesondere der Volksbegehren. Dass diese Initiativen seit Jahrzehnten trotz teilweise hoher Beteiligung wirkungslos verpuffen, trägt zum steigenden Politik-Frust wesentlich bei.

Doch der Ausbau der direkten Demokratie ist in unserem an sich bewährten System eine heikle Sache. Die Forderungen der FPÖ würden faktisch die repräsentative Demokratie aushebeln. 250.000 Unterschriften und dann eine Mehrheit bei einer zwingend vorgeschriebenen Volksabstimmung ließen sich bei populären Themen und mithilfe der allzeit kampagnelüsternen Boulevardzeitungen allzu leicht erreichen.

Die Lösung kann nur in wesentlich höheren Hürden liegen: 10 Prozent der Wahlberechtigten – also etwa 600.000 Unterzeichner eines Begehrens – als Voraussetzung und dann 50 Prozent der Stimmen bei der letzten Nationalratswahl als Latte der Volksabstimmung.

Reform ist fällig, Augenmaß dabei unverzichtbar.

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