Thilo Sarrazin legt nach

Thilo Sarrazin legt nach
Im Interview bezeichnet der umstrittene Autor Migranten-Kinder als Mittel zur Einkommenserhöhung. Demnächst kommt er nach Österreich.

Vor genau einem Jahr ist sein Buch "Deutschland schafft sich ab" eingeschlagen wie eine Bombe. Für seine integrationspolitischen Thesen wurde der damalige Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin von Kanzlerin Angelika Merkel und Bundespräsident Christian Wulff abwärts wild gescholten, Allzeitgrößen wie Ex-Kanzler Helmut Schmidt und der Philosoph Peter Sloterdijk verteidigten die Denkanstöße. Das Buch wurde zum Bestseller, Sarrazins Vorträge wurden gestürmt.

Am Donnerstag kommt der Autor, der seinen Bundesbank-Job verlor und den die SPD aus Angst vor der eigenen Basis lieber doch nicht aus der Partei ausschloss, auf Einladung des ÖVP-Bauernbundes zu einem Vortrag nach Graz. Im KURIER-Interview erläutert Sarrazin unbeeindruckt von jeder Kritik seine umstrittensten Thesen, etwa warum die Intelligenz Deutschlands durch muslimische Zuwanderung sinkt und dass Migranten ihre Kinder als Einkommenssicherung sehen.

Unterklassenproblem

KURIER: Herr Sarrazin, wie oft hat sich "Deutschland schafft sich ab" bisher verkauft?
Thilo Sarrazin: Ich habe 1,3 Millionen Exemplare verkauft. 800.000 im vergangenen September, weitere 400.000 bis Weihnachten, seither nochmal 100.000. Das Buch entwickelt sich allmählich von einem Bestseller zu einem Longseller.

Und wissen Sie, wieviel Sie damit verdient haben?
Ich bekomme eine übliche Umsatzbeteiligung am Ladenverkaufspreis. Den Rest können Sie sich selber ausrechnen.

Die Rede ist von drei Euro pro Exemplar, also ein kleines Vermögen. Apropos: Was halten Sie als ehemaliger Finanzsenator vom Ruf nach Vermögensteuern, um die Schuldenkrise abzufangen?
Die Verbindung zwischen Vermögensteuer und Schuldenkrise ist ein bisschen albern. Deutschland hat wie Österreich eine vergleichsweise niedrige staatliche Neuverschuldung und eine hohe Abgabenquote. 40 Prozent der Deutschen zahlen gar keine Einkommenssteuer, und die oberen zehn Prozent geben mehr als 50 Prozent des Einkommens ab. Das ist schon ziemlich viel Umverteilung. Wenn man in den alternden europäischen Staaten mit deren demographischer Zeitbombe und dem Migrationsproblem, das gewaltig Ressourcen bindet, die Wohlhabenden unüberlegt schröpft, wandern die Reichen mit ihrem Vermögen einfach aus. Und dann?

Was hat das mit der Migration zu tun?
In Berlin gibt es gegenwärtig einen starken Zustrom von rumänischen Roma und bulgarischen Türken, die alle im Jahr 2014 ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und Anspruch auf deutsche Sozialhilfe haben werden. Es wird nicht funktionieren, die wachsenden Lasten von demographischer Alterung plus weiterhin ungesteuerter Einwanderung in den deutschen Sozialstaat durch mehr Belastung der sogenannten Reichen zu finanzieren. Das wird auch eine SPD-Regierung, wenn sie Verantwortung trägt, so nicht machen.

Sie sagten jüngst, Sie hätten mit Ihrem Buch mehr bewirkt als Politiker oder Bundesbankvorstand. Was?
Ich habe eine öffentliche Debatte über die Zukunftsfragen unseres Staates bewirkt, die davor sehr verklausuliert oder gar nicht geführt wurde - oder von den Falschen.

Die Debatte hat sich hauptsächlich um Sie gedreht.
Die Menschen hängen alles an einer Person auf. Als Kreisky Bundeskanzler war, redete man auch mehr über ihn als über seine Politik, weil er ein großes Talent zur Selbstdarstellung hatte. Trotzdem war's am Ende auch eine Debatte über Politik in Österreich. Die Integrationsdebatte in Deutschland ist heute eine offenere, als noch vor eineinhalb Jahren. Daneben allerdings hat die Behandlung, die mir von Teilen der Politik und der Medien widerfuhr, auch eine Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland ausgelöst.

Zum Buch hieß es oft: In der Sache hat er schon recht, aber sagen darf man das so nicht ...
Solch ein Tenor richtet sich im Prinzip selbst. Wo man in der Sache unrecht hat, soll man den Mund halten. Wo man recht hat, muss man es sagen können. Sonst gibt es ein Problem mit der Debattenkultur.

"Ich möchte nicht, dass das Land meiner Enkel in großen Teilen muslimisch ist, ... die Frauen Kopftuch tragen und der Tagesrhythmus vom Ruf der Muezzine bestimmt wird" - muss man so übertreiben, um gehört zu werden?
Das ist ja keine Übertreibung, das ist die soziale Wirklichkeit in bestimmten Teilen Berlins. Und das verwirklicht sich in hohem Tempo.

Aufgrund der Demographie?
Und aufgrund fortgesetzter weiterer Zuwanderung. Also muss man den Blick auf bestimmte Stadtteile richten und schauen, wie sich dort die Entwicklung in den letzten 40 Jahren vollzogen hat. Die türkischstämmige Redakteurin Güner Balci sagte jüngst in der FAZ am Sonntag über Neukölln: "Vor 20 Jahren war das noch eine bunt gemischte Gesellschaft, dann zogen immer mehr weg, es wurde aggressiver, die Gewalt nahm zu auf den Straßen, immer mehr Mädchen und Frauen trugen Kopftuch, ein anderes Weltbild setzte sich durch." Diese Entwicklung ins Negative breitet sich aus.

Und die würden Sie gerne stoppen. Wie?
Erstens: Änderung des Sozialrechts - Zuwanderer bekommen für mindestens zehn Jahre keine Sozialtransfers. Zweitens: Änderung des Aufenthaltsrechts - nur die bekommen Aufenthaltsrecht, die auf Dauer in Deutschland einen qualifizierten Beitrag leisten können und wollen. Drittens: Sozialleistungen und Familienleistungen in Deutschland werden von ausreichenden Sprachkenntnissen und dem Bemühen um Integration abhängig gemacht. Viertens: Die muslimischen Migranten, die bei uns sind, denen muss man ganz klar sagen: Irgendwann werdet ihr Deutsche, auch wenn ihr natürlich weiterhin türkisch kochen und in die Moschee gehen könnt, und wenn ihr das nicht wollt, geht ihr besser zurück. Umfragen zeigen, dass über 60 Prozent der Türken in Deutschland nicht oder nicht gut Deutsch sprechen, und ein Drittel würde sofort Deutschland verlassen, wenn es keine deutsche Sozialhilfe gäbe.

Sie beklagen die demographische Überlegenheit der muslimischen Migranten und die niedrige Geburtenrate der Deutschen. Gleichzeitig sollen nur diejenigen Frauen Kinder bekommen, die das Umfeld und die "persönlichen Eigenschaften haben, mit der Erziehung fertig zu werden". Ist das nicht ein Widerspruch?
Sie zitieren mich nicht richtig. Jeder kann die Kinder bekommen, die er will. Nur sollten ihm deren Kosten nicht vom Staat finanziert werden. Unabhängig vom Thema Zuwanderung haben wir das Problem, dass die gebildeten Schichten in Deutschland unterdurchschnittlich wenig Kinder bekommen. Das liegt an den Rahmenbedingungen des modernen Sozialstaates: Bei Menschen mit niedrigerem Einkommen und noch mehr bei bildungsfernen Migranten sorgt der Familienlastenausgleich dafür, dass jedes Kind das Haushaltseinkommen um mehr erhöht, als das Kind kostet. Das heißt, das Kind ist dort ein Instrument zur Erzeugung eines höheren Einkommens, während es für die gebildeten Frauen mit guten Arbeitsplatzaussichten Wohlstandsverzicht bedeutet. Darum würde ich die Sozialpolitik so umstellen, dass es keinerlei Anreize gibt, aus materiellen Gründen Kinder zu bekommen.

Sie verquicken das in Ihrem Buch - höchst umstritten - mit der Verteilung der Intelligenz: "Bei höherer Fruchtbarkeit der weniger Intelligenten sinkt die durchschnittliche Intelligenz der Grundgesamtheit". Das heißt doch: Arm ist gleich dumm, und die dürfen keine Kinder bekommen?
Nochmal: Jeder kann die Kinder bekommen, die er will, er sollte aber selbst für ihren Unterhalt aufkommen. Der Staat muss seinen Beitrag durch das staatliche Bildungssystem leisten. Zur Intelligenz führe ich nur einen Dreisatz durch. Erstens: Die bei Menschen gemessenen Intelligenzunterschiede sind zu 50 bis 80 Prozent erblich, das sagt die Wissenschaft. Zweitens: Gebildete Menschen bekommen deutlich weniger Kinder, das sagt das Statistische Bundesamt. Intelligenz und Bildung sind, wie nicht anders zu erwarten, positiv korreliert. Daraus folgt drittens: Wenn sich der Trend fortsetzt, dass die weniger Intelligenten mehr Kinder bekommen, dann sinkt die durchschnittliche genotypische Intelligenz, also der erbliche Anteil der Intelligenz in der Bevölkerung.

Und Muslime sind dümmer als andere Einwanderer?
Das steht nirgendwo in meinem Buch, und das habe ich auch nicht gesagt. In meinem Buch führe ich die durchschnittlich niedrigere Bildungsleistung der muslimischen Migranten auf ihren durch den Islam geprägten kulturellen Hintergrund zurück. Die Einstellung zu Bildung und Wissen, Eigenschaften wie Fleiß und Genauigkeit und Pflichtbewusstsein vererben sich kulturell. Wir übernehmen zu ganz großen Teilen die Werte und Einstellungen der Kultur und der Schicht, in der wir aufwachsen. Das ist der Grund, warum das Unterklassenproblem in England nicht vernünftig gelöst wird, weshalb Süditaliener anders sind als Mailänder. Und genauso ist das mit den muslimischen Migranten, die wir bekommen: Sie bringen ihre Kulturen mit und erbringen bei uns die Schulleistungen, die sie auch in ihren Heimatländern haben. Ihre Minderleistung ergibt sich nicht aus einer besonderen Benachteiligung bei uns. Die neueste Pisa-Studie zeigt, dass 15-jährige Schüler in der Türkei oder in arabischen Ländern hinter dem durchschnittlichen Schulleistungsniveau in Europa zwei bis drei Jahre zurück sind, dass der Anteil der Minderleister weitaus höher und der der Spitzenleister weitaus niedriger ist. Bei Einwanderern aus Ostasien nach USA, Kanada, Australien oder Europa ist es dagegen umgekehrt, die erbringen durchschnittlich eine weitaus bessere Bildungsleistung als die Einheimischen.

Rezept

Deshalb schießen Sie sich so auf die muslimischen Migranten ein?
Ich stelle in neutraler Sprache empirisch unbestrittene Sachverhalte fest. Die muslimische Kultur ist keine, die Wissens- und Kenntniserwerb in den Vordergrund stellt. Es ist ja auch interessant, dass von den rund 840 Nobelpreisträgern, die es bisher gab, 25 Prozent jüdische Wissenschaftler waren. Es gab 8 Preisträger aus islamischen Ländern, darunter vier Friedensnobelpreise.

Warum verallgemeinern Sie eigentlich immer so?
Die Zahlen sind konkret. Schauen Sie sich die Nachfolgestaaten der ehemaligen britischen Kronkolonie Indien an: Das hinduistische Indien ist ein Zentrum der weltweiten Softwareindustrie und macht seinen Weg in die Moderne, wogegen das muslimische Pakistan, das vor der Teilung der Kolonie den exakt selben kulturellen und zivilisatorischen Status hatte, weit zurückgefallen ist. Genauso ist es mit indischen und pakistanischen Schülern im heutigen England: Die Schüler mit Hindu-Kultur sind durchschnittlich besser als die britischen Schüler, während die Pakistani schlechter sind. Die Inder haben auf dem Arbeitsmarkt Erfolg, die Pakistani halten sich eher am unteren Rand der Gesellschaft auf.

Bildung gilt als Schlüssel zu Integration, aber Sie schreiben, auch im besten Bildungssystem wird die angeborene Ungleichheit der Menschen durch Bildung nicht verringert, sondern eher akzentuiert". Also hilft Bildung gar nicht?
Bildung macht alle Menschen klüger, aber der Kluge lernt leichter und damit auch mehr. Sie müssen beim Menschen zwischen seinen Möglichkeiten und seinen Fähigkeiten unterscheiden. Die Möglichkeiten sind genetisch vorbestimmt, die Fähigkeiten hängen davon ab, wieweit ich die Möglichkeiten ausnütze. Für die Bildungsleistung setzt die genetische Prädisposition genauso Grenzen, wie es für sportliche Leistung Prädispositionen gibt, die mit Training nur bedingt aufholbar sind. Trotzdem ist der menschliche Geist kolossal bildsam, und die richtige Art von Training und Erziehung ist für jene besonders wichtig, die nicht zu den besonders Begabten gehören.

Es gibt kein Lernen über angeborene Fähigkeiten hinaus?
Sie sollten präzise zuhören. Die genetischen Möglichkeiten des Menschen sind die Obergrenze für die Ausbildung seiner Fähigkeiten. Es gibt auch bei Hunden solche, die sich die Namen für 500 Gegenstände merken können, und solche, die keinen schaffen. Es gibt dumme und intelligente Hunderassen, intelligente Mäuse und doofe Mäuse. Die Entwicklung vom Einzeller bis zu Einstein fand dadurch statt, dass sich aus Unterschieden der Adaption an die Welt die Vielfalt der Arten und letztlich auch die Vielfalt von Intelligenz entwickelten. Wer bestreitet, dass Intelligenz teilweise erblich ist, lehnt implizit die gesamte Darwin'sche Entwicklungslehre ab.

Noch einmal zur Integration: Allgemeiner Konsens ist, dass Integration eine Hol- und eine Bringschuld ist ...
In einem europäischen Rechststaat, der allen die gleichen Chancen bietet, ist Integration in erster Linie eine Bringschuld. Unterschiede im Integrationserfolg unterschiedlicher Migrantengruppen weisen immer auf diese Migrantengruppen selbst zurück, nicht auf die sie aufnehmende Gesellschaft. Das ist der Satz, der Vielen nicht gefällt, weil wir eine Mentalität haben, für alles, was nicht funktioniert in der Welt, uns selbst die Schuld zu geben.

Die Wirtschaft meldet aber regelmäßig Interesse an Zuzug an, etwa aus Gründen des Facharbeitermangels.
Ich lach' mich tot. Es gibt einen Facharbeitermangel, aber 40 Prozent der Türken in Deutschland haben keine Berufsausbildung. Durch die Art des Zuzugs in den sechziger und siebziger Jahren haben wir die Probleme, die wir heute mit dem Facharbeitermangel haben, großenteils erst geschaffen. Wir haben auf die Zeugung eigener Kinder verzichtet und wenig-bildungsbereite muslimische Migranten hereingelassen. Deutsche, die gar nicht geboren wurden, können natürlich weder Facharbeiter noch Ingenieure werden.

Dass Sie und Ihre Thesen von Rechtspopulisten und der NDP vereinnahmt wurden, hat Ihnen nie zu denken gegeben?
Niemand kann mich vereinnahmen, und die Entscheidung, ob eine Aussage wahr oder falsch ist, wird von mir gefällt und nicht von denen, die sich davor oder dahinter stellen. In allen Rechtsstreitigkeiten um unzulässige Vereinnahmung habe ich übrigens obsiegt.

Ein seit 30 Jahren in Berlin lebender Türke, der einen großen Elektroinstallationsbetrieb geführt hat und wegen billigerer Schwarzarbeiter unter den Zuwanderern zusperren musste, hat mir vorhin gesagt: Er hätte am Sonntag in Berlin eigentlich SPD gewählt, aber wegen Ihnen kann er das nicht.
Das muss der selbst entscheiden. Aber letztlich kann sich jemand durch Analyse der statistischen Fakten nicht angegriffen fühlen.

Einen Teil der Fakten und der Thesen teilt der Mann ja offenbar, aber nicht Ihren Ton ...
Ich kann doch nicht Sachverhalte, weil sie für bestimmte Gruppen kein so günstiges Licht abgeben, unterdrücken. Das ist so wie man bis vor einigen Jahren bei Gewalttaten nicht erwähnen durfte, welcher Nationalität die Täter waren. Und wer die statistischen Unterschiede in der Bildung zwischen Polen und Türken nicht vertragen kann, der muss die Quellen seines Nationalstolzes überprüfen. Und die pubertäre Reaktion des Beleidigtseins weist auf diese Gruppen zurück - die Italiener in den sechziger Jahren wurden bei uns als "Itaker" viel schlechter behandelt, und haben Sie je einen beleidigten Italiener gesehen?.

Die SPD hat zweimal versucht, Sie aus der Partei auszuschließen, was nicht gelang - ist das eine Genugtuung?
Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Klaus Wowereit hat vergangenen Sonntag ein drittes Mal gewonnen in Berlin. Wäre er ein idealer Kanzlerkandidat der SPD?
Hm, diese Frage gebe ich an Wowereit weiter. Insgesamt hat die SPD leicht verloren. Überall dort übrigens, wo die SPD auch türkischstämmige Kandidaten im Zuge des integrationspolitischen Mainstreams aufgestellt hat - piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb -, hat sie überdurchschnittlich verloren; und dort, wo Heinz Buschkowski Bezirksbürgermeister ist, der im Wesentlichen die Thesen und Analysen vertritt, die ich auch habe, dort in Neukölln hat die SPD trotz hohen Migrantenanteils stark gewonnen.

Und die FDP ...
… hat gezeigt, dass es nicht reicht, drei Tage vor der Wahl aus populistischen Gründen den richtigen Kurs gegen die Griechenland-Politik der EU einzunehmen, das wird vom Wähler durchschaut.

Was wäre denn Ihr Rezept gegen die Krise?
Jeder Staat kommt für seine Schulden ganz allein auf. Und er trägt auch die Folgen, wenn er dafür nicht aufkommt. Und die EZB kauft keine Staatsanleihen.

Das tut sie ja aus Rettungsgründen ...
Das ist auch falsch. Und Griechenland muss selbst schauen, wie es klar kommt. Die haben eine Abgabenquote von 29 Prozent, wir haben eine von 37 Prozent, Österreich 43 Prozent - das sagt doch alles. Bei der Staatsquote hat Deutschland 47 Prozent, Griechenland 52 Prozent. Das heißt, die geben mehr aus und nehmen weniger ein, und wenn die es nicht schaffen, ihre Ausgaben zu senken und ihre Einnahmen zu erhöhen, ist das ein ausschließlich griechisches Problem. Die hatten drei Jahre Zeit, niemand hat sie gehindert, ihre Abgabequote zu erhöhen.

Was hat Sie nach Erscheinen Ihres Buches eigentlich am meisten geärgert?
Die darüber reden, ohne es gelesen zu haben.

Was hat Sie am meisten gefreut?
Die enorme Resonanz, die ich erfahren habe.

Hat Sie Ihr Buch eigentlich verändert?
Ich bin härter geworden, aber auch gelassener. Wenn Sie das Gefühl haben, gegen Sie wird ein moralischer Vernichtungsfeldzug geführt, und wenn Sie den überleben, dann gewinnen sie auf Vieles einen anderen Ausblick.

Zur Person

Thilo Sarrazin 1945 in Gera geboren, stammt aus bürgerlichem Elternhaus. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre heuerte er in der Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD, dann u. a. im Finanzministerium an. 2000 wechselte er in den Vorstand der Deutschen Bahn Netz AG, 2002 wurde Sarrazin Finanzsenator in Berlin. 2009 wechselte er in den Vorstand der Deutschen Bundesbank.

Mit provokanten Stellungnahmen zur Integration, gegen eine Rentenerhöhung, aber auch mit Empfehlungen an Hartz-IV-Empfänger, wie man sich mit vier Euro täglich gut ernähren oder durch Tragen von Pullovern Heizkosten sparen kann, eckte er noch vor Erscheinen seines Buches "Deutschland schafft sich ab" heftig an. Einem Rauswurf aus der Bundesbank kam er 2010 durch einvernehmliche Lösung seines Vertrages zuvor. Zwei Ausschlussverfahren aus der SPD wurden eingestellt. Auch seine Frau Ulrike kam wegen zu strenger Unterrichtsmethoden als Lehrerin in die öffentliche Kritik.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Interview

  • Kommentar

  • Hintergrund

Kommentare