Serbien: Letzter Kriegsverbrecher in Haft

Der letzte vom UN-Tribunal für Jugoslawien gesuchte Kriegsverbrecher wurde in Serbien gefasst - ein Schritt Richtung EU.

Mit einer nicht zu verbergenden Zufriedenheit trat Boris Tadic am Mittwoch vor die Medien. "Heute Früh ist Goran Hadzic verhaftet worden", teilte der serbische Staatspräsident mit. Damit habe Serbien seine Verpflichtungen in Bezug auf die Aufarbeitung des Jugoslawien-Krieges und in Hinblick auf den EU-Beitritt erfüllt. "Das war unsere moralische Pflicht. " Die Vorwürfe, die Serbien immer wieder zu hören bekam, man verstecke gesuchte Kriegsverbrecher, seien "absolut unwahr", bekräftigte Tadic.

Kriegsverbrecher Goran Hadzic war der letzte Name auf der 161 Zeilen langen Liste des UNO-Kriegsverbrechertribunals für Jugoslawien. Weniger als zwei Monate, nachdem der bis dahin meistgesuchte Angeklagte, Ratko Mladic, in Serbien gefunden, verhaftet und nach Den Haag ausgeliefert worden war, nahmen die serbischen Ermittler jetzt Hadzic im Gebirge bei Novi Sad in Serbien fest.

Er soll innerhalb der nächsten Tage nach Den Haag überstellt werden, wo gerade Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten der Republika Srpska, Radovan Karadzic, und den bosnisch-serbischen Ex-General Ratko Mladic laufen.

Um ein Haar entkommen

Hadzic wird beschuldigt, während des serbisch-kroatischen Krieges zwischen August 1991 und Juni 1992 als "Anführer" der serbischen Minderheit in Kroatien ethnische Säuberungen im Osten Kroatiens durchgeführt zu haben, darunter das Massaker von Vukovar im November 1991 mit 264 Toten. Hadzic ist wegen schwerer Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.

Die Anklage des Haager Tribunals kam schon im Juli 2004. Sie war noch nicht öffentlich, als sie dem serbischen Außenministerium übermittelt wurde. Offenbar hat Hadzic daraufhin einen Hinweis bekommen, denn nur wenige Stunden vor der geplanten Festnahme in seinem Haus in Novi Sad war der mutmaßliche Kriegsverbrecher untergetaucht. Die Flucht
wurde sogar von UNO-Mitarbeitern aufgezeichnet, sie konnten aber nichts unternehmen. Von wem der Hinweis an Hadzic kam, ist bis heute unklar. Jetzt soll herausgefunden werden, wer ihm bei der Flucht geholfen hat.

Laut Präsident Tadic ist der 52-jährige Hadzic am Mittwoch um 8.25 Uhr im Wald in der Nähe des Fruska-Gora- Gebirges festgenommen worden. Der serbische TV-Sender B-92 berichtete, dass Hadzic gerade zu einem Treffen mit einem Geldboten unterwegs war. Er habe sein Aussehen verändert, indem er seinen Vollbart zu einem Schnurrbart rasiert hat. In der Nähe des Dorfes Krusedol am Gebirge soll Hadzic unter falscher Identität gelebt haben. Lange war vermutet worden, dass er in serbisch-orthodoxen Klöstern Unterschlupf bekomme, die Kirchenführung bestritt das aber stets.

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