Scheuch: Die Unschuld vom Kärntner Land

Scheuch: Die Unschuld vom Kärntner Land
"Part of the game"-Prozess: Landeshauptmann-Vize Scheuch bekennt sich erneut nicht schuldig. Er wird aber auch erneut schwer belastet.


Mit stoischem, nahezu versteinertem Gesichtsausdruck betritt Uwe Scheuch, FPK-Landesparteiobmann und erster Landeshauptmannstellvertreter in Kärnten, drei Minuten vor Prozessbeginn am Montag den Gerichtssaal in Klagenfurt. Ein Blitzlichtgewitter geht nieder, während Scheuch mit ernster Miene Verteidigern, Richterin und Staatsanwälten zur Begrüßung die Hand schüttelt und danach auf der Anklagebank Platz nimmt. Er gibt sich zurückhaltend, fragt brav bei der Richterin nach, ob er sich mit seinen Anwälten besprechen darf. Denn die Vorsitzende Michaela Sanin lässt von Beginn an keine Zweifel daran aufkommen, wer im Gerichtssaal das Sagen hat.

Scheuch stellt sich zum zweiten Mal dem Verfahren wegen "Geschenkannahme durch Amtsträger", landläufig als Korruption bekannt (siehe Kasten) . Gleich zu Beginn modifiziert Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber die Anklage: Der Vorwurf wurde auf die Einflussnahme auf Förderungen und auf Scheuchs Funktion als Regierungsmitglied erweitert.

Fallstrick

Das war der Fallstrick für den Erstrichter gewesen: Er hatte diese Überlegungen ohne Grundlage in die Anklage einbezogen – und sich damit die Urteilsaufhebung wegen des viel zitierten "Überraschungseffekts" eingehandelt.

Der Kern des Vorwurfs, eine Geldspende für seine damalige Partei, das BZÖ, als dessen Landesobmann im Gegenzug für die Erteilung einer Staatsbürgerschaft an einen russischen Investor als "part of the game" gefordert zu haben, blieb der selbe.

Wie schon im ersten Durchgang bekannte sich Scheuch "nicht schuldig, eine strafbare Handlung begangen zu haben". Er trat damit Gerüchten über ein eventuelles Geständnis entgegen, um eine wie im ersten Rechtsgang verhängte unbedingte Freiheitsstrafe aushebeln zu können. Gerichtssprecher Martin Reiter war als Zuhörer im Saal: "Ein Zugeständnis, nicht ganz korrekt gehandelt zu haben, hätte vielleicht etwas gebracht." Doch es geht auch um Amtsverlust: Denn übersteigt seine Strafe ein Jahr, muss Scheuch den Sessel als Landes-Vize räumen. Und er könnte nicht für ein politisches Amt kandidieren.

Scheuchs Anwalt Dieter Böhmdorfer verwies darauf, dass der Beschuldigte nicht einmal "abstrakte Kompetenz" bei Staatsbürgerschaften habe – und er ersuchte, "das Politische vom Rechtlichen zu trennen".

Flapsig

Dann schilderte Scheuch den Vorfall. Bekanntlich war ein früherer Parteikollege mit dem Ansinnen, über den maroden Kärntner Fußballklub zu sprechen, 2009 an ihn herangetreten. Das Gespräch sei "allgemein und ohne Substrat" gewesen, die Sache mit dem "part of the game" flapsig und unüberlegt, sagte Scheuch: "Ich dachte mir, wenn ein Verrückter schon 500.000 Euro für den Fußball zur Verfügung stellt – so jemanden würde ich mir als Parteiobmann für die Partei auch wünschen." Zum Thema Staatsbürgerschaft habe er bloß das Prozedere erklärt.

Die Verteidigung präsentierte einen neuen Entlastungszeugen. Ein Klagenfurter Rechtsanwalt bekundete eidesstattlich: Scheuchs Gesprächspartner habe sich bezüglich der Unterstützung bei der Veröffentlichung eines Tonbandes, "mit dem Geld zu machen sei", an ihn gewandt; er habe diesen aber weggeschickt. Bekanntlich war die Affäre ja durch ein auf einer Müllhalde der MA 48 in Wien deponiertes Tonband aufgeflogen.

Scheuchs damaliger Gesprächspartner, einstiger Parteikollege und Produzent der Aufnahme ("Ich wollte einen Nachweis für etwaige Vereinbarungen") berichtete als Zeuge von einem klaren Verhandlungsverlauf: "Der Fußballklub sollte gerettet werden. Geschäftspartner hatten Kontakte zu Russen, die an einer Staatsbürgerschaft interessiert waren und möglicherweise 500.000 Euro in den Fußballklub und fünf Millionen in ein touristisches Projekt in Kärnten investieren wollten. Fünf bis zehn Prozent der Projektinvestitionen sollten an die Partei gehen." Eventuell auch in Form von Inseraten über eine Werbeagentur: "Manche Spender wollen anonym bleiben."

Anonym wie die damaligen Kontaktleute zu den Russen, die er nicht nennen wollte; auch seine Tätigkeit gab er bloß mit "Geschäftsführer einer Firma" an; als Wohnadresse nannte er jene seiner Mutter in Niederösterreich: "Großteils halte ich mich in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf."

Nachdem das kaum verständliche Tonband abgespielt worden war, wurden Landeshauptmann Gerhard Dörfler und der Anwalt als Entlastungszeuge einvernommen. Die Befragungen waren zu Redaktionsschluss noch im Gange.

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