Reform-Vorbild: Wie machen das die Schweden?

in Schweden und der Schweiz sind es je ein Euro mehr – nämlich 75 Euro.
Die Wirtschaft brummt, die Schulden sinken: Laut ÖVP kann man sich viel von den Schweden abschauen.

Europa und die Eurozone sind derzeit Hände ringend auf der Suche nach einer Zauberformel: Wie sollen die Staaten eisern sparen und die Wirtschaft dennoch wachsen lassen – ohne dabei den Sozialstaat zu gefährden?

Eine gute Antwort lebt Schweden vor: Ein ausgebautes Sozialsystem, ein solides Wachstum und dabei auch noch Budgetüberschüsse seit fast 15 Jahren.

Eine kleine Delegation des ÖVP-Klubs unter der Führung von Klubobmann Karlheinz Kopf wollte sich genauer ansehen, wie die Schweden das machen – schließlich regiert in Schweden seit 2006 ein konservative vier-Parteien-Koalition.

Wirtschaftskrise

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Was Griechenland und die Eurozone derzeit an schweren Turbulenzen erleidet, hat Schweden bereits Anfang der 1990er-Jahre durchleben müssen. Der schwedische Wohlfahrtsstaat lief aus dem Ruder, hohe Staatsschulden, ein riesiger Beamtenapparat und eine Hochsteuerpolitik führten das Land an den Rand eines Kollaps.

Der Schuldenstand des Staates lag bei über 80 Prozent, ohne Einschnitte wäre er Mitte der 90er-Jahre auf über 120 Prozent der Wirtschaftsleitung gestiegen. Eine Staatspleite, wie sie derzeit Griechenland droht, schien damals unausweichlich.

Wenn nicht die Politik in ungeahnter Einigkeit drastische Schritte gesetzt hätte, von denen das Land bis heute profitiert: Die Erneuerung des Staates wurde durch eine radikale Verwaltungs­reform eingeläutet, Wirtschaftssteuern wurden gesenkt, Privatisierungen begonnen und ein neues Beschäftigungsprogramm ersonnen.

Überschuss-Politik

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Der riesige Schuldenstand wurde mit einer mittlerweile gesetzlich verankerten Überschuss-Politik begegnet, die Verschuldung ist auf unter 35 Prozent gerutscht. "Das verschafft dem Land Spielraum für Investitionen in die Zukunft", lobt ÖVP-Klubchef Kopf.

Ende der 90er-Jahre einigten sich die Schweden außerdem auf eine große Reform des Sozialstaates: Die verschiedenen Sozialversicherungen wurden in eine einzige überführt, die von Kindergeld über Wohnbeihilfe, Krankenversicherung und Pensionssystem alles abdeckt. Erfolgreich verlief auch die Rentenreform, die über ein Bonus-Malus-System das tatsächliche Pensionsantrittsalter auf 64,6 Jahren (EU-Rekord) anheben konnte.

Auffällig ist außerdem, dass Schweden als eines der innovativsten Länder der Welt gilt. Im "Global Innovation Index" belegt das Land Platz zwei, noch vor Singapur, den USA oder Finnland und Dänemark. Der Trick, erklärt Charlotte Bogren, sei die enge Verzahnung von Wissenschaft, Wirtschaft und Regierung. Bogren ist die Leiterin der Regierungsagentur Vinnova, die mit einem Budget von 200 Millionen Euro jährlich großen und kleinen Firmen den Zugang zur Forschung und Forschern ermöglicht.

Alles läuft aber auch in Schweden nicht glänzend: So ist etwa die Jugendarbeitslosigkeit hoch (22,7 Prozent) und das Gesundheitssystem zwar etwas billiger als in Österreich, dafür aber qualitativ schlechter.

Unterschied

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"Im Vergleich stehen wir gut da", findet ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner, der vor allem die in Schweden höheren Forschungsausgaben lobt. "Aber ich denke, wir haben in Österreich Maßnahmen gesetzt, die in die richtige Richtung gehen."

ÖVP-Wissenschaftssprecherin Katharina Cortolezis-Schlager lobt bei den Schweden "das hohe Forschungsbudget, mit der klaren Erwartung, dass die Hochschulen auch einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, in dem sie zur Produktentwicklung etwas beitragen." Und ÖVP-Klubchef Kopf hat die Überschuss-Politik der Schweden überzeugt: "Wo steht geschrieben, dass wir in Österreich nicht auch Überschüsse erwirtschaften sollen?"

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