Macht und Ohnmacht eines Wahlsiegers

Macht und Ohnmacht eines Wahlsiegers
In Spaniens Kampf gegen die Krise entscheidet sich auch die Zukunft der EU.

Sie haben Europas Märkte mit Obst und Gemüse überschwemmt, ihr eigenes Land von Küste zu Küste zugebaut und sich selbst zum Europameister der Einkaufslust gemacht. Über Jahre standen auch die Experten vielerorts in Europa staunend vor Spaniens Boom. Die einst bettelarme Diktatur am Südrand Europas wurde so zum Musterbeispiel für die erfolgreiche Erweiterungs- und Investitionspolitik der EU.

Doch gleichermaßen ist sie jetzt zum Musterbeispiel für deren Schwäche und fatale Fehler geworden. Die in Beton gegossenen EU-Milliarden haben eine Infrastruktur geschaffen, die oft mehr dem Prestige als tatsächlichem Fortschritt dient. Was bringt es, doppelt so viele Flughäfen wie Deutschland zu haben und mehr Hochgeschwindigkeitszüge als Frankreich, wenn die Wirtschaft nicht vorhanden ist, um sie zu nutzen. Und dass Menschen, die so lange arm waren, mit viel Begeisterung und noch mehr Kredit den Exportgiganten wie Deutschland oder China ihre Ware aus der Hand rissen, schaffte zwar über Jahre hohen Binnenkonsum, aber über noch viel mehr Jahre tief verschuldete Haushalte.

Das Gürtel-enger-Schnallen, das Rezept für die Spanier, das man inzwischen an jedem Wirtshaustisch kennt, mag notwendig sein. Doch dieses Land, das viel zu wichtig ist, um wieder am Südrand Europas vor sich hin zu stagnieren, braucht mehr: Eine EU-Wirtschaftspolitik, die nicht nur Märkte öffnet und Autobahnen bauen lässt, sondern Ländern wie Spanien hilft, zu einem auf Dauer verlässlichen Wirtschaftspartner zu werden - manchmal auch gegen die Dogmen des freien Marktes. Die neue Regierung in Madrid wird das alleine nicht schaffen. Dass nun viele den historischen Begriff vom "Marshallplan" für Südeuropa wieder herausholen, zeigt nur, wie lange wir zu wenig über solche echte wirtschaftliche Zusammenarbeit nachgedacht haben.

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