Inserate: Kanzler Faymann unter Beschuss

Inserate: Kanzler Faymann unter Beschuss
Die Dringliche Anfrage zu den ÖBB-Inseraten war ein erster Vorgeschmack für den Kanzler, was ihm im U-Ausschuss blüht. Die Themen sind fix, der Fahrplan offen.

Das iPhone auf "lautlos" gestellt und auf dem Tisch drapiert, an der rechten Flanke den Sozialminister, links seinen Staatssekretär: So wartete Werner Faymann am Freitag auf der Regierungsbank im Parlament auf das Ungemach, das über ihn hereinbrechen sollte.
Eigentlich ging es um die von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossene Aufstockung des Euro-Rettungsschirms, den die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ lautstark bekämpften.

Doch der Höhepunkt der Debatte war ein anderer: die Dringliche Anfrage an Regierungschef Faymann. Wegen der umstrittenen ÖBB-Inserate hatte die FPÖ den SPÖ-Chef ins Hohe Haus zitiert. Und für den Kanzler war die Auseinandersetzung eine Art Generalprobe, ein Vorgeschmack auf den Untersuchungsausschuss, der demnächst im Hohen Haus beschlossen wird - und vor dem er als Zeuge wohl aussagen muss.

Wie hoch ist der Betrag, den Sie in Ihrem Verantwortungsbereich jährlich für Inserate ausgeben? Wie verteilt sich dieser auf Zeitungen? Und gibt oder gab es Absprachen mit Journalisten, Ihnen im Gegenzug für Inserate wohlwollende Berichterstattung zu gewähren?

21 Fragen

Mit Fragen wie diesen wollte FPÖ-Chef Strache den SPÖ-Chef in die Enge treiben - und sie werden im Ausschuss wiederkommen. " ÖBB, Asfinag, Wiener Wohnen - wo wurde noch so gehandelt? Sie haben Inserate bestellt und Unternehmen dafür zahlen lassen, so unverschämt muss man sein!", wetterte Strache - und führte mehrfach den KURIER als Quelle an, der die Affäre um die ÖBB-Inserate aufgedeckt hat.

Faymann und Adlatus Josef Ostermayer ertrugen die Suada teils lächelnd, teils mit steinerner Miene. Als dann der Kanzler an der Reihe war, sich gegen die Vorwürfe zu wehren, bemühte er sich um Lautstärke und Emotion - derart, dass mehrfach das Mikrofon krachte. "Ihre Vorwürfe entbehren jeder Grundlage", sagte Faymann. Selbstverständlich sei er als Verkehrsminister politisch für Betriebe wie die Asfinag oder die ÖBB zuständig gewesen; und selbstverständlich habe man sich über Inserate und das Image des Unternehmens genauso unterhalten wie über den Fahrplan.

Taifun

"Sie wollen nur ablenken", polterte Faymann. Nach 14 Minuten und 37 Sekunden war er mit der Verteidigung am Ende, doch für Opposition und ÖVP ist die Sache nicht erledigt.

Denn anstatt die Rechtsparteien ins Visier zu nehmen, wetterte ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf gegen verlotterte Sitten. Kopf zitierte Herausgeber Hans Jörgen Manstein, der in Österreich "Abgründe moralischer Verwerflichkeit" ortet und damit Politiker meinte, "die sich Berichterstattung mit Steuergeld erkaufen und auch Zeitungsherausgeber, die Politikern Inserate abpressen". "Das Auge des Korruptionstaifuns ist mitten unter uns", sagte der VP-Klubchef. Herr Kopf würde das selbst nie sagen, doch im ÖVP-Klub war die Botschaft klar: "Mit dem Taifun", so ein Abgeordneter, "war der Kanzler gemeint".

Themen fix, der Fahrplan ist noch offen

Bei den Grünen gab es am Freitag die Hoffnung, der Untersuchungsausschuss zu diversen Skandalen könne noch am Freitag beschlossen werden - aber der Schwenk der SPÖ hatte offenbar zu viel Euphorie ausgelöst. Erst am Abend, nach der Sondersitzung, wurden die offenen Punkte in einem Fünf-Parteien-Gespräch verhandelt.
SPÖ-Klubobmann Cap hatte am Donnerstag den Weg freigemacht: Man sei bereit, auch die Inseraten-Affäre im Ausschuss zu untersuchen - wenn nicht nur Werner Faymann thematisiert, sondern die gesamten Werbe-Maßnahmen der Ministerien seit dem Jahr 2000 untersucht werden.
Nach zweistündiger Verhandlung gab es eine Grundsatzeinigung: Die Parteien haben sich auf den Untersuchungsgegenstand verständigt. Es wird sieben Themen geben: Buwog, Telekom, Staatsbürgerschaftsvergaben, Blaulichtfunk, Lockerung des Glücksspielmonopols sowie Inseratenvergabe durch die Ministerien ab dem Jahr 2000 und im staatsnahen Bereich ab 2006.
Der letzte Punkt bezieht sich vornehmlich auf die Schaltungen von ÖBB und Asfinag unter dem damaligen Infrastrukturminister und jetzigen Kanzler Werner Faymann, er kann aber auch andere Unternehmen betreffen. Beschlossen werden soll der Ausschuss in der nächsten Plenarwoche, also am 19. oder 20. Oktober.

Noch offen ist, wer dem Ausschuss vorsitzen soll. Als Favoritin gilt die Grün-Mandatarin Gabriela Moser. Als Fraktionsführer dürften Werner Amon (ÖVP), Walter Rosenkranz ( FPÖ), Peter Pilz (Grüne) und Ewald Stadler
(BZÖ) in den Ausschuss gehen. Bei der SPÖ hat Rechnungshofsprecherin Christine Lapp gute Chancen auf die Team-Führung.
Neben dem Vorsitz noch ungeklärt ist, wer Verfahrensanwalt wird; detto der Fahrplan, also in welcher Reihenfolge die Themen untersucht werden. Die Grünen wollen jene Punkte zuerst untersuchen, die nicht mit laufenden Ermittlungen der Justiz kollidieren. "Staatsbürgerschaften und die versuchte Änderung des Glücksspielgesetzes zuerst", sagt Moser. Die FPÖ möchte die Inseraten-Affäre spätestens als zweiten Punkt.

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