Zahlen-Schlacht um Zivildienst

SP-Ackerl hält seinen NS-Vergleich „für nicht so klug“, will sich aber nicht entschuldigen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist aktuell im Dauereinsatz, um das Berufsheer-Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos zu torpedieren. Den zentralen wunden Punkt sieht sie nun offenbar bei den Kosten.

Donnerstagabend nahm sie die von Darabos präsentierten Zahlen für ein Berufsheer unter Beschuss: „Jeder Experte sagt, das Berufsheer würde mehr als das Doppelte kosten als die Wehrpflicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir künftig vier Milliarden für das Heer zur Verfügung haben. Woher soll das Geld kommen?“

Am Freitag schoss sich Mikl-Leitner auf die Zivildienst-Alternative, das freiwillige soziale Jahr ein. Auch hier ortet sie eine Kostenexplosion: „Im Vergleich zum bestens bewährten Zivildienst ist beinahe von einer Verdoppelung der bisherigen Kosten auszugehen“, erklärte sie. Sie verweist dabei auf Zahlen des Arbeitsrechts-Experten Wolfgang Mazal von der Uni Wien: „Das Sozialministerium hat unseriös gerechnet“, kritisiert Mazal. Kostengleichheit sei nur bei einer „deutlichen Kürzung der eingesetzten Personen und Bereiche“ möglich. Tatsächlich geht das Sozialministerium von 8000 Sozialdienstleistern aus, die die 9644 Zivildiener im Jahresschnitt ersetzen sollen.

Daneben ortet Mazal etwa Doppelzählungen von indirekten Kosten beim Zivildienst, beim Sozialjahr habe man bewusst Zusatzkosten (etwa durch kürzere Arbeitszeiten bei Sozialdienst-Leistenden) vernachlässigt. Mazal sieht Mehrkosten von 157 Millionen Euro jährlich beim freiwilligen Sozialjahr.

Das will Sozialminister Hundstorfer so nicht stehen lassen. „Das Soziale Jahr wird nicht mehr als der derzeitige Zivildienst kosten“, betont er: „Wir rechnen es Professor Mazal gerne vor.“ Die Innenministerin würde bloß die in ihrem Budget vorhandenen Kosten berücksichtigen.

Gemeinsam mit Hundstorfer warb am Freitag indes Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek für das SP-Modell: Damit könne man in Zukunft „soziale Dienstleistungen besser absichern und auf professionelle Beine stellen“. Hundstorfer zeigt sich überzeugt, „dass wir die 8000 Personen, die wir jährlich benötigen, ohne Probleme finden werden.“

Ackerl nimmt Stellung

Oberösterreichs SP-Chef Josef Ackerl unterstützt die Bemühungen für eine Professionalisierung im Sozialbereich. Das sei auch der Hintergrund seines umstrittenen Zitates gewesen: Er habe Kritik daran üben wollen, den Zivildienst wie von der ÖVP vorgeschlagen für Frauen zu öffnen: „Wo sind wir denn, dass wir alles mit Billig-Arbeitskräften erledigen müssen?“

Wörtlich sagte Ackerl: „Die Zwangsverpflichtung ist eine Idee der Nationalsozialisten gewesen.“ Die Aussage brachte ihm einen Rüffel von Bundespräsident Fischer im KURIER ein. „Den Vergleich mit dem Reichsarbeitsdienst sehe ich mittlerweile als nicht so klug an“, so Ackerl zum KURIER. Grund für eine Entschuldigung sieht er nicht. Er habe inzwischen mit Heinz Fischer telefoniert: „Ich habe klargestellt, dass es mir fernliegt, mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht zu werden.“

So viel kosten Zivildienst und Sozialjahr

Zivildienst 2012 gab es im Jahresschnitt 9644 Zivildiener. Sie erhielten eine Grundvergütung von monatlich je 301 Euro. Zusätzlich zahlt der Bund etwa Verpfleg- ungsgeld und Sozialversicher- ung: Macht in Summe 142 Millionen Euro jährlich. Daneben sieht das Sozialministerium 66 Millionen Euro an indirekten Kosten durch den Entfall von Steuereinnahmen. Gesamt- summe dadurch: 208 Millionen.

Sozialjahr 8000 Sozialarbeiter könnten die Zivildiener ablösen. Ihr Entgelt: 1386 Euro brutto, 14 x im Jahr. Inklusive Sozialabgaben kommt das Sozialministerium auf 2197,67 Euro monatlich – oder in Summe 211 Millionen Euro.

Viel teurer? Die ÖVP bezweifelt die Zahlen: Laut Innenministerium würde der Zivildienst 172 Millionen, das Sozialjahr 330 Millionen kosten.

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