Schärferes Strafrecht gegen Hass und Gewalt

Justizminister Wolfgang Brandstetter: "Müssen stärker auf Prävention setzen."
Justizminister Brandstetter will "treffsichere" Handhabe nach Vorfällen wie in Bischofshofen.

Wir haben in letzter Zeit zu viel Gewalt auf der Straße. Das macht mir Sorgen", sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter. "Besonders schockieren mich die Bilder von Bischofshofen, die Hintergründe und Motive, die nun mehr und mehr bekannt werden." Dort sind vergangene Woche bei einem Freundschaftsmatch des OSC Lille mit Maccabi Haifa Burschen muslimischen Glaubens auf das Feld gelaufen – und haben israelische Spieler attackiert. Auf einer Fahne stand: "Fuck Israel".

Prävention

Was gilt es zu tun gegen derlei Hass, Aggression und Gewalt? "Wir müssen noch stärker auf Prävention setzen, vor allem die Jugend weiter sensibilisieren. Es hat sich ja gezeigt, dass einer der Haupttäter aus Bischofshofen offensichtlich und nach eigener Aussage durch das Internet radikalisiert wurde."

Auch anderweitig sei nachzuschärfen, befindet der Ressortchef im KURIER-Gespräch: "Die Anwendbarkeit des Strafrechts ist aktuell oft schwierig, da wir keinen treffsicheren Tatbestand haben, der gezielt Gewaltakte erfasst, die aus offensichtlich fremdenfeindlicher, rassistischer oder antisemitischer Motivation erfolgen – unabhängig davon, ob jemand verletzt wurde oder nicht." Tatbestände wie Landfriedensbruch oder Verhetzung seien da "möglicherweise zu kompliziert".

Sollen neue Tatbestände her? Oder bestehende modifiziert werden? Darüber werde im September bei einem Polit-Gipfel debattiert, sagt Brandstetter: "Es könnte neue Tatbestände geben. Jedenfalls müssen die jetzigen moderner und treffsicherer werden."

Landfriedensbruch

Auf der Höhe der Zeit ist der Landfriedensbruch nicht. Der Terminus entstammt dem Mittelalter (Verbot einer Fehde), 1495 wurde er etabliert: "Das ist antiquiert, muss überdacht werden", sagt Brandstetter. Lange war Landfriedensbruch totes Recht. Jüngst ist er zwei Mal zum Tragen gekommen. Ein Student aus Deutschland wurde unter anderem wegen dieses Vergehens (nicht rechtskräftig) schuldig gesprochen – eine Folge der Akademikerball-Demo. In einem Rapid-Fan-Prozess wurde auf diesen Paragrafen des Strafgesetzbuches ebenfalls zurückgegriffen. Definiert ist der Landfriedensbruch so: "Wer ... an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, dass unter ihrem Einfluss eine Straftat (von schwerer Sachbeschädigung bis Mord) begangen werde, ist, wenn es zu einer solchen Gewalttat gekommen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen". Rädelsführer werden noch strenger betraft (Haft bis zu drei Jahre). Straffrei ist, wer sich "freiwillig zurückzieht".

Mit dem Strafrecht allein sei Hass und Hetze nicht beizukommen, sagt Brandstetter: "Das ist auch ein Integrationsproblem. Die Religion spielt ebenfalls eine Rolle." Und so finde er gut, dass der Kanzler für 25. August Vertreter aller Religionen zu sich lädt, um zu beratschlagen. Mit Innenministerin Mikl-Leitner und Außenminister Kurz will Brandstetter beim "Gipfel gegen Hass und Hetze" in Sachen Internet reden. Einer der Jugendlichen, die in Bischofshofen auf das Fußballfeld gestürmt sind, sagt: Er habe "das meiste" dessen, was in Israel und Gaza passiere, via Facebook mitbekommen. Grausige Videos habe er gesehen. Das Problem: "Medien zeigen solche Bilder bewusst nicht, im Internet kann sie jeder Jugendliche sehen." Von Zensur halte er nichts, sagt Brandstetter: "Es braucht mehr Prävention und Sensibilisierung."

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