Görg: "Häupl wollte 1996 eine Dreierkoalition mit dem LIF"

Görg: "Häupl wollte 1996 eine Dreierkoalition mit dem LIF"
Wiens Bürgermeister Michael Häupl war nicht immer gegen Dreier-Koalitionen. Er könnte sich dessen bald erinnern.

Es ist fast zwanzig Jahre her. Es war Michael Häupls erste Kandidatur als Wiener Bürgermeister. Die SPÖ plumpste auf 39,2 Prozent hinunter, die ÖVP auf 15,3 Prozent. Gemeinsam hatten Rot und Schwarz eine Mehrheit. Der damalige Wiener ÖVP-Chef Bernhard Görg erinnert sich: "Michael Häupl wollte 1996 eine Dreierkoalition SPÖ/ÖVP/Liberales Forum, weil er fand, dass zwei Verlierer-Parteien ein Aufputz mit dem LIF guttun würde."

Das LIF hatte mit der Steuerberaterin Gabriele Hecht als Spitzenkandidatin acht Prozent erreicht, Stadtrat wäre der Steuerberater Johannes Strohmayer geworden, sagt Görg.

Aus dem "Aufputz" wurde nichts, Görg war dagegen, und Häupl blies das Projekt ab.

Neunzehn Jahre später. Das LIF ist inzwischen in den Neos aufgegangen und tritt in neuer Formation mit Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger bei der Wien-Wahl an.

Nach der Wahl am 11. Oktober, wenn die neue Sitzverteilung im Gemeinderat vorliegt, mag sich Häupl seiner Idee von 1996 erinnern. Mit einem Unterschied: Neos könnten nicht als "Aufputz" freiwillig ins Koalitionsboot geholt werden, sondern aus purer Not. Es ist nämlich wahrscheinlich, dass in Wien Rot und Schwarz erstmals keine gemeinsame Mehrheit mehr zusammenbringen. Das liegt einerseits an dem zu erwartenden Absturz der SPÖ, andererseits an der eklatanten Schwäche der ÖVP in der Bundeshauptstadt.

Auch diesbezüglich gewährt Görg interessante Einblicke: "Ich war immer schon der Meinung, dass der Spitzenkandidat der Wiener ÖVP nur dann eine Chance hat, wenn er auf Augenhöhe mit dem Bürgermeister auftreten kann. Das geht jedoch nur als Minister, schon ein Staatssekretär ist zu wenig. Die Bundes-ÖVP hat das verabsäumt. Sie hätte entweder Manfred Juraczka zum Minister machen müssen, oder Sebastian Kurz oder Sophie Karmasin die Auflage erteilen müssen, dass sie nur Minister werden, wenn sie bereit sind, in die Wien-Wahl zu gehen."

Dass die hohen Ministerwürden-Träger nicht gern auf die kommunale Ebene herabsteigen, dafür hat Görg wenig Verständnis: "Es ist ja kein Opfer, Wiener Vizebürgermeister zu werden."

Jedenfalls ist es für die Wahl 2015 sowohl für eine Beförderung des Wiener ÖVP-Chefs Juraczka zum Minister als auch für das Einwechseln von Kurz oder Karmasin zu spät. Die Schuld daran ortet Görg im Bund: "Der Bundes-ÖVP war die Wiener ÖVP noch nie ein Anliegen, sie hat sich nie um Wien gekümmert. In meinen zehn Jahren als Wiener ÖVP-Chef hat es mit der Bundespartei kein einziges strategisches Gespräch über Wien gegeben."

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel ist überzeugt, dass Juraczka auch ohne Ministerwürden reüssieren wird. "Er hat es geschafft, die Partei zu einen. Er wird ein Plus vor dem Ergebnis haben."

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