Märchenstunde im Ministerrat

Kanzler und Vizekanzler beteuern den Arbeitswillen der Regierung, glänzen aber auch mit Seitenhieben.

Egal, wie die Bundesheer-Volksbefragung am kommenden Sonntag ausgeht, die Regierung will weiterarbeiten und das konstruktiv. Dies beteuerten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) am Dienstag im Pressefoyer des Ministerrats. Zugleich konnten sie sich Seitenhiebe auf die Position des jeweils anderen nicht zur Gänze verkneifen.

Fekter: Berufsheer gefährdet Triple-A-Rating

Gefragt nach der jüngsten Wortmeldung von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), die in den Oberösterreichischen Nachrichten durch ein Berufsheer das Triple-A-Rating Österreichs gefährdet sähe, meinte Faymann: "Man kann auch übertreiben in einer Diskussion. Ich halte das für eine schwere Übertreibung." Spindelegger konterte en passant: Zu behaupten, die Einführung eines Berufsheeres sei ohne höhere Kosten machbar sei "ein Märchen".

Dennoch, so beteuerte die Regierungsspitze, arbeite man aber gut zusammen. "Die Zusammenarbeit ist gut in der Regierung", dies habe man auch heute mit dem Beschluss der Gesundheitsreform und weiterer Gesetze bewiesen, sagte Kanzler Faymann. Es sei alles bloß eine "Frage des Stils": "Man kann im Argument hart sein, aber trotzdem respektvoll miteinander umgehen." Wenn man Instrumente der direkten Demokratie einsetze, müsse man auch die "Reife" aufbringen, "trotzdem als Regierung das Wesentliche für das Land zu entscheiden und zu entwickeln", so der SPÖ-Chef. Im Ö1-Interview "Im Journal zu Gast" bekräftigte Faymann später, dass SPÖ-Verteidigungsminister Darabos das Ergebnis der Volksbefragung in jedem Fall umsetzen werde - auch wenn es pro Wehrpflicht ausgeht.

VP-Chef ist nicht beleidigt

Spindelegger betonte ebenfalls, die Arbeit der Regierung werde "ganz normal weitergehen". In der Auseinandersetzung im Vorfeld der Volksbefragung habe er auch "keine Verletzungen" wahrgenommen. Das Thema Bundesheer werde so oder so bleiben, denn Maßnahmen müssten der Befragung jedenfalls folgen: "Ich glaube, wir sind alle demokratisch so weit reif, dass wir diese Entscheidung auch dann, wenn der eigene Standpunkt nicht durchgekommen ist, durchsetzen." Spindelegger appellierte an die Bevölkerung, an der Befragung teilzunehmen.

Darabos: "VP-Minister haben keine Ahnung"

Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) wiederum verströmte vor dem Ministerrat Optimismus für eine Entscheidung pro Berufsheer. "Ich bin sehr zuversichtlich. Ich sehe in den letzten Tagen einen ziemlichen Meinungsumschwung in der Bevölkerung", sagte er vor Journalisten. Er geht davon aus, dass die Wahlbeteiligung mehr als 40 Prozent betragen wird.

Von der SPÖ sieht sich Darabos gut unterstützt. "Wir kämpfen an einer Seite", verwies er auf gemeinsame Auftritte etwa mit Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Kanzler Werner Faymann in den kommenden Tagen. Von der Mobilisierung der ÖVP-Regierungsmitglieder gab er sich unbeeindruckt. "Die meisten ÖVP-Minister haben von der Materie keine Ahnung."

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