Vorbild Schweiz? 86 Prozent wählen per Brief

Einfacher geht’s nicht: Stimmabgabe per Urne, Post oder Briefkasten.
Bei den Eidgenossen ist die Briefwahl der Renner. Die Stimmzettel werden nicht mehr gewogen, sondern gezählt.

Die Schweizer machen bekanntlich den besseren Käse, die besseren Uhren und Hustenzuckerln. Dass die Eidgenossen aber auch bei der Briefwahl die Nase vorne haben, ist über die Grenze hinweg kaum bekannt.

Bei der vergangenen Nationalratswahl im Oktober 2015 haben 86 Prozent der Schweizer ihre Stimme per Briefwahl abgegeben. Der Grund: Es ist sehr einfach.

Jeder Wahlberechtigte bekommt sämtliche Wahlunterlagen automatisch nach Hause geschickt. Dann gibt es zwei Optionen: Entweder schickt er seine Wahlkarte bis spätestens drei Tage vor dem Wahlsonntag per Post, oder er gibt sie – ganz traditionell – an der Wahlurne ab. Es geht noch einfacher: Für die Zeit außerhalb der Öffnungszeiten hängen vor einigen Wahllokalen Briefkästen (siehe Bild).

Auf die Wahlbeteiligung insgesamt hat das aber wenig Einfluss: Bei der Nationalratswahl 2015 lag sie bei 48,5 Prozent. Dass nur jeder zweite wählen geht, scheint laut Statistik in der Schweiz üblich. Zum Vergleich: Bei der österreichischen Bundespräsidenten-Stichwahl lag die Wahlbeteiligung bei 72,7 Prozent, davon waren knapp zwölf Prozent Briefwähler.

Zählmaschinen

In der Schweiz fehlen laut Polit-Experte Claude Longchamp ebenfalls Wahlbeisitzer. Auf zwei Arten wurde Abhilfe geschaffen: Einerseits beginnen Gemeindebedienstete schon am Freitag mit der Auszählung, andererseits werden Notenzählmaschinen der Banken eingesetzt. Kurios: "Früher wurde auch gewogen statt gezählt. Das ist heute aber verpönt."

Über Fehler bei der Auszählung werde immer wieder gemunkelt. 2002 habe wegen des knappen Ergebnisses landesweit neu ausgezählt werden müssen. Zur Briefwahl gibt es in der Schweiz dieselben Bedenken, die die FPÖ immer wieder aufwirft: Kann eine Wahl außerhalb der Kabine tatsächlich geheim sein? "Generell sind wir aber der Meinung, dass die Anreize für die Wahlbeteiligung wichtiger sind", betont Longchamp.

Die Schweiz denkt bereits einen Schritt weiter: Die elektronische Stimmabgabe. In Österreich ist das E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2011 vom Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärt worden – die Technik sei zu manipulationsanfällig, hieß es.

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