"Verlierer sind die Beamten"

Verlierer Hofer befand schon am Wahlabend in Richtung Sieger Van der Bellen: „Bei den Wahlkarten wird immer ein wenig eigenartig ausgezählt."
Briefwahl-Pfusch hat allen geschadet, ein neues Hofburg-Rennen wäre offen, sagt Polit-Experte Filzmaier.

"Bei den Wahlkarten wird ja immer so ein wenig eigenartig ausgezählt." Mit diesem Sager öffnete Norbert Hofer am Wahlabend vor Hunderten Anhängern die Büchse der Pandora – noch bevor feststand, dass er seinem Kontrahenten Alexander Van der Bellen stimmenmäßig unterliegen würde.

Wie "eigenartig" in einigen Bezirkswahlbehörden tatsächlich ausgezählt wurde, ist erst in dieser Woche am Verfassungsgerichtshof ans Tageslicht gekommen.

In 30 Stunden wurden an vier Verhandlungstagen 67 Zeugen befragt. Das Fazit: Einige Wahlleiter haben sich offenbar absichtlich über Gesetze hinweggesetzt, und Wahlbeisitzer haben dabei zu- bzw. weggeschaut. "Wir sind selbst überrascht, was da alles zutage getreten ist", heißt es aus FPÖ-Kreisen.

Vertrauen in die Politik

Wie das Höchstgericht über die Wahlanfechtung am Ende entscheidet, ist noch offen. Politisch hat sich die FPÖ damit jedenfalls keinen Gefallen getan, sagt der Polit-Experte Peter Filzmaier: "Es ist ein Fehler, zu glauben, dass man nur den anderen anpatzen kann. So etwas schadet immer dem Vertrauen in die Politik insgesamt."

Nach dem, was am Höchstgericht diese Woche bekannt geworden ist, müssten "alle Parteien beschämt sein", sagt Filzmaier – alle hätten Wahlbeisitzer entsenden können, also haben auch alle versagt.

Wahl ist kein Bierzelt

"Man kann bei einer Wahl nicht vorgehen wie im Bierzelt. Ich komme vorbei, dann gehe ich wieder, oder ich gehe gar nicht hin. Dem liegt ein extrem mangelndes Demokratiebewusstsein zugrunde", sagt der Politologe.

So sollte nun auch jede Partei daran interessiert sein, an diesem Bewusstsein etwas zu ändern. Bis zur nächsten planmäßigen bundesweiten Wahl, der Nationalratswahl 2018, sei ja noch Zeit.

Und wer hat die besseren Chancen, wenn die Hofburg-Stichwahl aufgehoben wird – und im Herbst erneut gewählt werden muss? "Da wäre jede Prognose unseriös", sagt Filzmaier. Dazwischen lägen ja noch drei Monate Wahlkampf. In einem neuen Rennen um den ersten Platz könnte aus derzeitiger Sicht also der eine wie der andere Kandidat als Sieger hervorgehen. Ein Verlierer steht aber schon jetzt fest, sagt der Polit-Experte: die Beamten.

Imageschaden für ganze Berufsgruppe

"Österreich war immer zu Recht stolz auf seine Beamtenschaft und auf ihre Genauigkeit – auch, wenn es manchmal etwas länger gedauert hat. Dass jetzt an die Öffentlichkeit gekommen ist, dass manche Rechtsbeugung betrieben haben, lässt eine ganze Berufsgruppe wie Verlierer aussehen", urteilt Filzmaier.

Eines dürfte die Bürger aber beruhigen: Es gibt keinen Hinweis darauf, dass bei der Stimmauszählung manipuliert worden ist. Zumindest hat kein Zeuge – auch kein FPÖ-Beisitzer – beim Höchstgericht auch nur den Hauch eines Verdachts geäußert.

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