"Unsere Vorfahren waren auch auf Heimatsuche"

Bürgermeister Muxel: „Die Flüchtlinge gehören in Lech zum Dorfbild dazu“
Top-Tourismusgemeinde Lech heißt Flüchtlinge willkommen.

Ungleichheit" heißt das Generalthema des diesjährigen Europäischen Forum Alpbach. Und ungleich ist auch die Verteilung von Asylsuchenden in Österreich. Mit dem Ziel, noch mehr Gemeinden dafür zu gewinnen, Flüchtlingen ein menschenwürdiges Quartier zu bieten, hat das Forum Bürgermeister zu einem Vernetzungstreffen am Freitag geladen. Mit dabei wird unter anderem Flüchtlingskoordinator Christian Konrad sein. Der ebenfalls teilnehmende Bürgermeister von Lech am Arlberg, Ludwig Muxel, erklärt im Vorfeld im KURIER-Gespräch, warum auch Tourismusgemeinden sich nicht scheuen sollten, Asylwerber aufzunehmen. Und er erinnert daran, dass zahlreiche Tourismusorte in Vorarlberg einst von Flüchtlingen besiedelt wurden. In Lech, das im Winter beliebtes Urlaubsziel des europäischen Adels ist, leben derzeit 29 syrische Asylwerber.

KURIER: Herr Bürgermeister, viele Tourismusorte scheinen sich bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu zieren. Warum?

In Lech hat man sich nicht schwer getan. Am Anfang war das zwar nicht so leicht, weil die Flüchtlinge zunächst eher in den Städten und nicht in den entlegenen Dörfern untergebracht werden sollten. Im Jänner sind die ersten Asylwerber zu uns gekommen. Im Juni kamen noch einmal 26 dazu.

Tourismusgemeinden leben von Gästen. Sehen Sie es da auch als Verpflichtung, Asylwerber zu beherbergen?

Unsere Haltung ist, dass Lech viele zahlende Gäste hat. Und es ist gut und recht, wenn wir auch Gäste haben, die Schutz und Asyl suchen. Ich bin überzeugt davon, dass man fast in jedem Dorf eine Wohnung oder ein Haus findet, wo man den einen oder anderen Flüchtling unterbringen kann und soll.

Was halten Sie von der neuen Quotenregelung samt Durchgriffsrecht des Bundes?

Ich habe mich mit der Quote überhaupt nicht befasst. Ich finde jedes Dorf, jede Region sollte alles unternehmen, um möglichst viele Asylsuchende zu beheimaten.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen?

Wir haben durchwegs nur positive Erfahrungen. Die Flüchtlinge gehören in Lech zum Dorfbild dazu. Im Juli und August waren auch einige arabische Gäste im Ort. Da konnte man nicht zwischen Gästen oder Flüchtlingen unterscheiden.

Trotzdem scheint oft das Verständnis für Menschen auf der Flucht zu fehlen.

Unsere Vorfahren sind auch vor 700 Jahren aus der Schweiz ausgezogen und waren auf Heimatsuche. Die Walser mussten Gründe suchen, wo sie sich niederlassen konnten, weil es im Wallis zu eng wurde. Da sind sie unter anderem auch nach Lech und in einige andere Regionen in Vorarlberg gekommen.

Denken Sie, dass manch einer diese Menschen heute Wirtschaftsflüchtlinge nennen würde?

Das würde man heute so bezeichnen.

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