U-Ausschüsse: VP plädiert für TV-Übertragungen
Die Debatte über die anstehende U-Ausschuss-Reform kommt ganz langsam in Gang – VP- Klubobmann Reinhold Lopatka hat heute seine Vorstellungen zur Reform des Untersuchungsinstruments präsentiert. Er spricht sich dabei etwa dafür aus, Sitzungen künftig im TV zu übertragen; ein Vorschlag, der bisher nur von der Opposition goutiert worden war.
Zudem spricht man sich in der 24 Punkte langen Sammlung an Refomvorschlägen (siehe Artikelende) auch für das lange versprochene Minderheitenrecht aus: Die Einsetzung eines U-Ausschusses soll mit einem Quorum von 25 Prozent der Stimmen möglich sein. Die Minderheit kann nach dem ÖVP-Modell grundsätzlich auch Zeugen und Akten beantragen; ist jedoch eine Mehrheit dagegen und es kommt zu Streitigkeiten, soll ein Eilverfahren vor dem VfGH entscheiden.
Gegen bisherige Linie
Die VP weicht damit von ihrer bisherigen Linie – Mandatar Werner Amon etwa zeigte sich bisher ja „skeptisch, ob TV-Übertragungen der sachlichen Aufklärung dienen“ – ab und zieht eine Übertragung nach deutschem Modell in Erwägung. Nur in Ausnahmefällen wünscht sich die ÖVP aber die Möglichkeit, die Öffentlichkeit auszuschließen.
Die VP sorgte sich bislang hauptsächlich um die Rechte der geladenen Zeugen: "Man stelle sich vor, ein Parlamentarier wirft einer Auskunftsperson vor laufenden Kameras die wildesten Dinge vor", fragt sich Amon vor zwei Jahren - "der Parlamentarier genießt Immunität, aber wie kann sich eine Einzelperson gegen unfaire Fragen oder Vorwürfe im Ausschuss wehren?"
Richter als Vorsitzende?
Auch die Strafen fürs Fernbleiben sollen erhöht werden. Geht es nach Lopatka, soll das Gremium außerdem auf ein Jahr beschränkt sein und sechs Monate vor einer Nationalratswahl enden, weil dann nur mehr "politisches Kleingeld" gewechselt würde.
Lockerungen bei der Immunität
Was die Immunität der Abgeordneten angeht, ist Lopatka offen für Diskussionen: Es solle künftig nicht mehr möglich sein, "jemanden ungestraft zu verleumden oder dass eine üble Nachrede ungeahndet bleibt", so der VP-Politiker entgegen der bisherigen VP-Linie. Es könne nicht sein, dass Abgeordnete "Behauptungen aufstellen, die ehrenrührig sind. Das darf es nicht mehr geben."
Die SP hatte ihre Ideen zur U-Ausschuss-Reform bereits vergangene Woche dargelegt – Einigkeit herrscht darüber, dass nur abgeschlossene Themen für einen U-Ausschuss geeignet seien. Insofern bleibt ein Hypo-U-Ausschuss in weiter Ferne: Zuerst wolle er die Ergebnisse der vom Finanzministerium eingesetzten Untersuchungskommission abwarten, so Lopatka. Die Österreicher wollten vor allem, "dass der Kriminalfall in Kärnten gelöst wird", erst dann komme die Abwicklung der Hypo und danach die politische Verantwortung.
Kogler kompromissbereit
Unvorstellbar ist für Kogler aber eine zeitliche Befristung: Ein fixes Ende hätte einen "verzerrenden Einfluss" auf Zeugenaussagen. Lopatkas Vorschlag, die Verhandlungen prinzipiell öffentlich - also auch mit Bild- und Ton-Aufnahmen - zu gestalten, begrüßte er als "außerordentlich vernünftig".
Insgesamt geht Kogler davon aus, dass die Reform bis Sommer stehen kann. Sollten SPÖ und ÖVP aber wieder "Haare in der Suppe" finden oder "Fluchtversuche durch die Seitentür" unternehmen, würden das deren Klubobleute "nicht überleben" in den eigenen Klubs - weil die Abgeordneten "den Druck aus den Wahlkreisen nicht mehr aushalten".
EINSETZUNG
Ein U-Ausschuss kann nach ÖVP-Modell künftig von einem Viertel der Abgeordneten des Nationalrates, also einer Minderheit, beantragt werden.
QUANTITATIVE BESCHRÄNKUNG
Zur selben Zeit darf es nur einen von einer Minderheit verlangten Untersuchungsausschuss geben. Die Mehrheit kann aber weitere Untersuchungsausschüsse einsetzen, das derzeitige entsprechende Recht bleibt also unberührt.
UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND
Die Untersuchung muss sich auf einen "konkreten, bestimmt bezeichneten und abgeschlossenen Akt der Vollziehung des Bundes" beschränken.
ZEITRAHMEN
Nach einem Jahr ist Schluss: U-Ausschüsse sollen nach neun Monaten - mit einer einmaligen Verlängerungsmöglichkeit um drei Monate - abgeschlossen werden.
WAHLKAMPF
In Wahlkampfzeiten soll es keine U-Ausschüsse geben: Konkret sechs Monate vor einer Nationalratswahl sollen keine Ausschüsse mehr stattfinden, damit sie nicht zum "Wahlkampfinstrument" werden.
VORSITZ
"Um eine objektive Verfahrensführung" zu gewährleisten, wünscht sich die ÖVP einen aktiven oder emeritierten Richter als Vorsitzenden, bzw. eine rechtskundige, in der Verfahrensführung erfahrene Person. Am Beginn jeder Gesetzgebungsperiode soll dafür eine Liste mit geeigneten Persönlichkeiten erstellt werden, alle Fraktionen sollen jemanden nennen dürfen.
MITGLIEDER
Die Größe des Untersuchungsausschusses wird nach ÖVP-Vorstellung im Geschäftsordnungsausschuss beschlossen und hat nach d'Hondt zu erfolgen. In der aktuellen Gesetzgebungsperiode käme also die Ausschussgröße von 18 infrage.
ARBEIT DES AUSSCHUSSES
Dem Untersuchungsausschuss sei "der Tribunalcharakter zu nehmen", meint die ÖVP, die schwache Stellung der Auskunftspersonen müsse ausgeglichen werden. Die Strafen etwa für ein Fernbleiben der Zeugen sollen erhöht werden. Nach deutschem Vorbild soll künftig ein Ermittlungsbeauftragter eingesetzt werden können.
REDEZEITEN
Die Gestaltung der Redezeiten im U-Ausschuss soll nach dem Vorbild der Plenarsitzungen erfolgen ("Wiener Stunde").
STRAFVERFAHREN
Die Justiz darf nach Ansicht der ÖVP durch die gleichzeitige Arbeit eines U-Ausschusses nicht bei der Wahrheitsfindung behindert werden. Man erwartet dazu Vorschläge des Justizministers.
KONFLIKTE
Streitigkeiten im Ausschuss sollen durch externe Stellen entschieden werden. Kommt es zwischen einer Minderheit und einer Mehrheit beispielsweise zu Uneinigkeit über bestimmte Zeugenladungen, soll ein Eilverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) stattfinden.
PERSÖNLICHKEITSRECHTE
Die Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson sollen verbessert werden durch Stärkung des Verfahrensanwaltes - konkretes wird in dem Papier nicht genannt.
IMMUNITÄT
Die ÖVP will eine Diskussion über die Einschränkung der Immunität der Abgeordneten hinsichtlich bestimmter Delikte (zB. Verleumdung, üble Nachrede) - bezogen auf die Tätigkeit im Untersuchungsausschuss.
ÖFFENTLICHKEIT
Grundsätzlich sollen während der Sitzung Bild- und Tonaufnahmen zulässig sein. Wenn Umstände "aus dem persönlichen Lebensbereich der Auskunftsperson oder von Dritten" erörtert werden, soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
VERTRAULICHKEIT
"Die Vertraulichkeit der Akten eines Untersuchungsausschusses muss gewahrt sein", heißt es in dem Papier.
VERWERTUNGSVERBOT
Es soll ein Verwertungsverbot mit Sanktionen hinsichtlich Akten, die in nicht-öffentlicher Sitzung verlesen wurden, geschaffen werden.
DATENSCHUTZ
Es müsse geklärt werden, wie Datenschutz, Bank-, Steuer- und andere Geheimnisbereiche gehandhabt und das Privat- und Familienleben im Ausschuss geschützt werden. Damit könne man Streitigkeiten etwa hinsichtlich Aktenschwärzungen vermeiden.
SACHVERSTÄNDIGE
Festlegen will die ÖVP auch klare Regeln über die Einholung von Rechts- und anderen Fachgutachten sowie die Beiziehung von Sachverständigen.
ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
Der Zutritt und das Verlassen des Ausschusslokales dürfe für Auskunftspersonen kein "Spießrutenlauf" mehr sein.
PRESSEKONFERENZEN
Die ÖVP wünscht sich gemeinsame Pressekonferenzen der Fraktionsführer nach Sitzungsende, "um den Medien die Möglichkeit zu geben, die Sichtweisen aller Fraktionen dargelegt zu bekommen".
ARBEITSPLÄTZE FÜR MEDIEN
Für Medienvertreter soll ein eigener Raum mit ordentlichen Arbeitsplätzen eingerichtet werden, in welchen eine Bild- und Tonübertragung des Ausschussgeschehens erfolgt.
PROTOKOLLE
Ausschussprotokolle werden durch das Präsidium des Nationalrates veröffentlicht, ihnen können vor Veröffentlichung Einwendungen beigefügt werden.
SCHLUSSBERICHT
Der Schlussbericht über die Tätigkeit und die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses an das Plenum des Nationalrates soll nicht wie bisher von den Politikern, sondern vom vorsitzenden Richter erstellt werden. Die Fraktionen könnten ihre eigenen Erkenntnisse beifügen.
REGELVERLETZUNGEN
Als mögliche Sanktionen des Vorsitzenden gegen Regelverstöße durch Mandatare schlägt die ÖVP den Entzug des Wortes, einen Ausschluss aus der Sitzung und Ordnungsgeld vor.
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