Traiskirchen: Schwacher Zulauf zu Straches Protest

FPÖ-Chef Strache in Traiskirchen.
300 FPÖ-Sympathisanten wollten den Parteiobmann über "Asyl-Chaos" reden hören.

Asylwerber kommen und gehen. Dann kommt er. Heinz-Christian Strache hat vor der Protestkundgebung „gegen das Asyl-Chaos“ in Traiskirchen Donnerstag Abend zum Pressegespräch vor dem Erstaufnahmezentrum geladen. Gut ein Dutzend Medienvertreter sind gekommen.

Asylwerber werden fotografiert und tun Selbiges mit ihren Handys. Interviews vor dem Flüchtlingslager gibt es nicht. „Sie können gerne zur Veranstaltung am Hauptplatz kommen.“ Dort schwingen rund hundert Gegendemonstranten, ge- und beschützt von der Polizei und durch die Straße vom Platz getrennt, Fahnen und Parolen. „Strache hetzt – der Staat schiebt ab. Das ist das gleiche Rassisten-Pack.“

Die Exekutivbeamten verziehen keine Miene. Ein Mann zieht seinen Hosenbund hoch und sagt: „Die gehören alle ins Arbeitslager gesteckt.“

Am Hauptplatz haben sich etwa 300 Blau-Sympathisanten eingefunden. FPÖ-Landesparteichef Walter Rosenkranz begrüßt die „Traiskirchner“ – lässt damit eindeutig zweideutig wissen, dass er vom Binnen-I nichts hält. „Die Traiskirchner wissen, dass damit alle gemeint sind.“

Traiskirchen: Schwacher Zulauf zu Straches Protest
Strache, FPÖ, Traiskirchen, 13.11.2014

Sie wissen alle auch genau, was er meint, wenn er über den Facebook-Sager von FPÖ-Nationalratsmandatar Christian Höbart spricht – ohne diesen zu zitieren. Die Menge applaudiert, ohne dass Höbarts Synonym für Asylwerber „Erd- und Höhlenmenschen“ fällt. Höbart wird auf die Bühne gebeten. Er sagt kein Wort, wird ob der bloßen Präsenz beklatscht. Wenige Minuten später der stärkste Applaus des 45-minütigen Abends. Strache tritt auf, spricht, wie man es von ihm gewohnt ist. Zunächst laut. Mit Parolen à la „Die Bundesregierung schaut weg“, „Wer Hilfe braucht, der bekommt sie in Österreich “ und „Das heilige Recht Asyl“ werde missbraucht. Sätze wie diese animieren die Menschen, zu klatschen – und den Parteichef mit ihren Handys zu fotografieren. Ein Zuhörer moniert, dass es noch keinen Glühwein gibt. Sein weibliches Gegenüber sagt: „Es ist auch noch zu warm.“

Währenddessen versucht sich die Menge auf der anderen Straßenseite Gehör zu verschaffen. Sie sind zu wenige, die Megaphone zu schwach. Strache ruft ihnen zu: „Ihr könnt noch so hetzen, auf Dauer sind wir demokratisch nicht aufzuhalten.“ Dann nimmt er auf Höbarts Sager Bezug. Ohne ihn zu zitieren. Er nennt Zahlen. Und tut kund: „Wäre ich Innenminister, ich hätte das Lager (in dem derzeit 1600 Asylwerber sind) längst geschlossen.“ Strache erinnert an Flüchtlingsströme der Vergangenheit. Ungarn. Tschechien. Jugoslawien. Und befindet, „das Boot“ sei „voll“. Seine Sprache erinnert an jene von Jörg Haider. Nach einer halben Stunde wird er bedächtig in der Wortwahl. „Faschismus darf nie wieder passieren.“ Wenige Sätze später ist alles gesagt. „Die Versammlung ist geschlossen.“

Internationale Flüchtlingsorganisationen schlagen Alarm: Syriens Nachbarn werden mit den gewaltigen Flüchtlingsströmen nicht mehr fertig, immer mehr Zivilisten sind im Land gefangen. "Syrien wird zunehmend zu einem Ort ohne Ausweg", heißt es im jüngsten Bericht des Internationalen Flüchtlingskomitees (IRC) und des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC).

Knapp zehn Millionen Menschen hätten seit Ausbruch des Bürgerkriegs ihr Zuhause verlassen. Mittlerweile seien die Nachbarstaaten Libanon, Jordanien, Irak und Türkei mit insgesamt rund drei Millionen aufgenommenen Flüchtlingen über Gebühr belastet – und machen daher ihre Grenzen zunehmend dicht.

Überforderung

Allein der Libanon hat 1,2 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen – bei einer eigenen Bevölkerung von 3,6 Millionen. "Damit ist der Libanon nun weltweit das Land, das pro Kopf die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat", heißt es im Bericht. Außerhalb der betroffenen Region seien dagegen nur "traurig kleine Zahlen an Flüchtlingen" aufgenommen wurden, kritisieren die Flüchtlingsorganisationen. So habe die Türkei im Oktober mit 190.000 Flüchtlingen "mehr aufgenommen als die ganze internationale Gemeinschaft zusammen seit Beginn des Syrien-Krieges".

Debatte über Verteilung

Innerhalb der EU wird seit Monaten um eine Reform der Flüchtlingspolitik gerungen. Mehrere Staaten – darunter Österreich und Deutschland – fordern einen fixen Verteilungsschlüssel, nach dem Flüchtlinge aufgeteilt werden sollen. Derzeit ist für einen Asylwerber jenes Land zuständig, das als erstes betreten wurde – sofern sich das nachweisen lässt. Ländern wie Italien und Griechenland, wo Flüchtlinge besonders zahlreich ankommen, wird vorgeworfen, viele weiterreisen zu lassen, damit man sich nicht um sie kümmern muss. Eine fixe Verteilung nach Einwohnerzahl und/oder Wirtschaftskraft würde Österreich stark entlasten (siehe Grafik).

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