4000 Asylwerber im Lager, jeder zweite ohne Bett

Menschenunwürdig: 2000 Flüchtlinge schlafen in Traiskirchen im Freien
In Traiskirchen drängen sich nun 4300 Menschen. Der Bürgermeister warnt vor einem "sozialen Pulverfass". Er sagt: "Die Regierung versagt kollektiv." Mikl-Leitner appelliert an die Länder, fehlende 3500 neue Plätze zu schaffen.

Und wieder endet in Sachen Asyl eine Frist. Am Freitag, den 31. Juli, soll es zusätzliche 6500 Plätze für Flüchtlinge geben. Bis dato fehlen noch immer 3500.

"Etwa so viele Menschen sind in Traiskirchen zu viel", sagt der dortige SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler. 4300 Leute sind mittlerweile in dem – laut gültiger Vereinbarung für 500 Personen ausgerichteten – niederösterreichischen Erstaufnahmezentrum. Die Zustände sind katastrophal.

"Soziales Pulverfass"

Betten gibt es für 2300 der großteils traumatisierten Asylwerber, davon 480 in Zelten. Auch Babys und alte Menschen hausen im Freien. "Sie müssen im Dreck schlafen. So etwas ist dieser Republik unwürdig", befindet Babler im KURIER-Gespräch. Die Situation könnte eskalieren: "Die Stimmung ist, verständlicherweise, aufgeheizt." Die Hitze tue das Übrige: "Das ist ein soziales Pulverfass, das entschärft werden muss."

Auch ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagt: "Die Situation ist unerträglich. Ich hoffe, dass sie so rasch wie möglich durch die Übernahme von Flüchtlingen in die Bundesländer gelöst werden kann. Ich würde mir nichts mehr wünschen, als dass viele Gemeinden in den nächsten Tagen und Wochen ihren Widerstand (dagegen, Kriegsvertriebene zu beherbergen) aufgeben."

Babler kann solche Aussagen nicht mehr hören: "Seit Monaten schieben einander Bund und Länder die Verantwortung zu. Mikl-Leitner sollte endlich nach Traiskirchen kommen – und sich ein Bild machen, statt Weinfeste zu eröffnen." Immer wieder habe sie "Ultimaten" an die Länder, Quartiere für Asylwerber bereitzustellen, verschoben. "Verteilerzentren" habe sie angekündigt, um Traiskirchen zu entlasten: "Sie scheitert mit all ihren Konzepten."

"Regierung versagt"

Von Bundesseite sei nicht Mikl-Leitner allein für das Desaster verantwortlich, urteilt der Bürgermeister: "Das sind auch der Kanzler und der Vizekanzler. Die Regierung versagt kollektiv." Reinhold Mitterlehner, der auch ÖVP-Wirtschaftsminister ist, sollte Bundesgebäude als Herbergen freigeben, SPÖ-Heeresminister Gerald Klug Kasernen. Und: Die unverbindliche Bund-Länder-Vereinbarung über Unterbringungsquoten für Flüchtlinge sollte Verbindlichem weichen: "Ein Aufteilungsschlüssel muss gesetzlich verankert werden." Zudem seien die Asyl-Agenden zu entpolitisieren: "Es sollte einen unabhängigen Regierungskommissar geben. Der sollte das Pouvoir haben, zu handeln. Wir müssen aus der parteipolitischen Sackgasse raus."

Unterstellt Babler Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer, die Zelte in seinem Bundesland nur weghaben zu wollen, weil am 27. September gewählt wird? "Irgendein Bürgermeister oder Landeshauptmann ist immer im Wahlkampf. Es muss Schluss sein mit Polit-Spielchen und Taktiererei."

Im oberösterreichischen Thalham ist das zweite Erstaufnahmezentrum. Auch dort sind seit Jahren mehr Flüchtlinge als vorgesehen: 200 statt 120. Auch dort sind Zelte aufgebaut worden; detto auf dem Polizeisportplatz in Linz. Pühringer hat gestern kundgetan, dass diese Zelte abgebaut werden.

300 Flüchtlinge werden an drei Standorten in Oberösterreich einquartiert – in Container-Dörfern.

100 Menschen werden ab Mitte August auf dem Gelände der Kaserne Hörsching (Bezirk Linz-Land) beherbergt, die restlichen 200 auf jenem von Straßenmeistereien in Mondsee (Bezirk Vöcklabruck) und Ohlsdorf (Bezirk Gmunden). Dafür werden je 76 Container aufgestellt.

"Auf gutem Weg"

Kommt Oberösterreich damit den Vorgaben nach , leistet es seinen Anteil an den noch im Juli gesuchten 6500 Plätzen? "Man ist auf gutem Weg", heißt es im Innenministerium. Nicht schon am 31. Juli werde die Quote zu 100 Prozent erreicht sein, "aber in den kommenden drei Wochen". Pühringer habe "einen fixen Fahrplan mit den Container-Standorten vorgelegt".

Wie sieht es in den restlichen Bundesländern aus? "Das kommentieren wir nicht. Es gibt am Ende immer noch viel Bewegung. Wir wollen die Länder nicht gegeneinander ausspielen."

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