Kerns rechte Hand entspannt im Kino – bei bitterbösen Satiren

Minister Drozda auf einem roten Sessel beim Sommerkino in Madgas Hotel.
Die Liebe zur Kunst begann bei Kulturminister Thomas Drozda einst im Kino. "Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" kann er nicht oft genug sehen.

Über zu wenig Arbeit im Urlaubsmonat Juli kann sich Thomas Drozda nicht gerade beschweren. Gerade erst hat der Bundesminister für Kunst und Kultur einen schwelenden Streit rund um die Leitung des Belvedere beendet, nun pendelt er zwischen den großen Sommerfestspielen in Bregenz, Salzburg und Wien.


KURIER-Serie: Politiker nach Dienstschluss

Der KURIER trifft den Minister im Garten von "Magdas Hotel", einem Hotelprojekt der Caritas, in dem Menschen aus 14 Nationen mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten arbeiten. Jeden Freitag findet hier ein Sommerkino statt, bei dem Persönlichkeiten die Filme aussuchen können. Drozda hat sich für einen Klassiker aus dem Jahr 1964 entschieden, Stanley Kubricks "Dr. Strangelove" (Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben). Eine düstere, bitterböse Satire über den Kalten Krieg und die Nukleare Abschreckung. "Ich wollte entweder einen Film von Kubrick, von François Truffaut ‚Fahrenheit 451‘ oder einen Film der Coen-Brüder. " Dr. Strangelove sei einer seiner Lieblingsfilme. Und über das Kino habe er einst, im Filmklub der Handelsakademie, seine Leidenschaft für Kunst und Kultur entdeckt. "Zum Theater bin ich dann erst später in Wien gekommen, vor allem Claus Peymann im Burgtheater hat mich fasziniert, das war einfach toll, was der damals gemacht hat, Stücke von heimischen Autoren wie Turrini, Jelinek oder Bernhard zu spielen."

Kerns rechte Hand entspannt im Kino – bei bitterbösen Satiren
Film "Dr.Seltsam oder Wie ich lernte die Bombe zu lieben" (Dr.Strangelove...) Regie Stanley Kubrick, GB 1963, Szene mit Peter Sellers, Peter Bull u.a. Kommandozentrale des Strategic Air Command SAC im PentagonArchivbild 1985Copyright: defd-foto Engelmeier Peter W.Farbe=sw
Hatte damals nicht die FPÖ gegen Peymann und Jelinek gewettert? "Mir fällt auf: Wenn man ein gewisses Lebensalter erreicht hat, merkt man, dass sich alles wiederholt", sagt er schmunzelnd.

Seit 72 Tagen ist der gelernte Volkswirt nun Minister. Seine Rückkehr in die Politik – Mitte der 1990er-Jahre war er im Kabinett des damaligen Kanzlers Franz Vranitzky – war insofern überraschend, als er noch jüngst erklärte, mit der Spitzenpolitik abgeschlossen zu haben: "Höchste Exponiertheit bei einem Sozialprestige gegen null", meinte er damals. Jetzt ist Drozda die rechte Hand von Bundeskanzler Christian Kern. "Aber ich bereue nicht, dass ich zurück bin. Ich wusste ja, worauf ich mich da einlasse."

Allerdings habe sich an den politischen Diskussionen in den 20 Jahren, in denen er weg war, wenig geändert. "Es geht um die gleichen Themen, die gleichen Papiere und die gleichen Blockaden." Das habe ihn nach seiner Rückkehr am meisten überrascht. Und auch nachdenklich gestimmt. "Ich erkläre mir das so, dass dieses System selbstreferenziell ist, sehr stark durch ideologische Debatten und sehr wenig von Analysen geprägt ist."

Alles wie immer

Das gelte für alle Parteien, auch für seine. "Auch die FPÖ und die Grünen vertreten Positionen genau gleich wie vor 20 Jahren. Es scheint, dass das System darauf konditioniert ist, mit pawlowschen Reflexen auf alle Vorschläge des Gegenübers zu reagieren." Weshalb die Diskussionen heute die gleichen seien, wie damals. "Aber wenn es uns nicht gelingt, da weiterzukommen, haben wir echt ein Problem."

Apropos, wollen wir noch wissen: "Haben sie so etwas wie eine Lieblingsintrige aus der Theaterwelt?" Shakespeare, doziert Drozda, sei sicher der Großmeister der Intrige gewesen. Doch bei ihm habe die Intrige immer ein Ziel gehabt. "Eines meiner Lieblingszitate ist aus dem ‚Professor Bernhardi‘ von Arthur Schnitzler: ‚Wien ist die Welthauptstadt der uneigennützigen Intrige‘. Die Intrige nur um der Intrige willen. Das ist doch wirklich ein interessantes Zitat."

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