Terrorbekämpfung durch unklare Rechtslage gefährdet

Terrorbekämpfung durch unklare Rechtslage gefährdet
Juristen haben Bedenken gegen einen Terroreinsatz des Heeres / Minister Doskozil will Klarheit schaffen.

Ein gewaltiges Rechtsproblem offenbarte Montag die Konferenz "Terrorismus – Angriff auf den Staat" im Wiener Raiffeisenforum: Es ist verfassungsrechtlich höchst umstritten, ob das Bundesheer gegen Terroristen eingesetzt werden darf. Sogar der Grenzeinsatz wurde infrage gestellt.

79 Prozent der Österreicher wollen nach einer Untersuchung von Unique Research, dass das Bundesheer bei einem Terrorangriff im Inland unterstützt. Gar nicht klar ist das hingegen aus Sicht von führenden Verfassungsrechtlern. Am Podium fanden sich Otto Depenheuer von der Universität Köln, Bernd-Christian Funk von der Universität Wien und Sektionschef Gerhard Hesse vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes.

In Deutschland beklagte Depenheuer eine völlig unklare Verfassungslage, die in den ersten Nachkriegsjahren unter dem traumatisierten Eindruck der Tragödie des Zweiten Weltkrieges entstanden sei. Damals wurde jede Idee für einen militärischen Einsatz im Inneren radikal abgelehnt. Während nun nach den Terrorangriffen in Belgien und die Frankreich die dortigen Militärs ihre gesamten Mittel aufboten, bleibt das Deutschland im Anlassfall verwehrt. Depenheuer: "Die Polizei darf alles, hat aber nicht viel – und die Militärs haben alles, dürfen aber nichts tun."

Rechtsgelehrte

In Österreich ist zwar das Bundesheer ständig im Inlandseinsatz. Aber die Rechtsgelehrten am Podium wurden sich nicht einig, ab wann die Polizei, und ab wann das Militär für den Einsatz zuständig sei. Einig waren sie nur in der Erkenntnis, dass das Bundesheer zu einem sicherheitspolizeilichen Einsatz im geringstmöglichen Rahmen und nur mit den im Sicherheitspolizeigesetz vorgesehenen Umfang ausrücken dürfe. Das veranlasste Streitkräftekommandant Franz Reißner, der den laufenden Grenzeinsatz kommandiert, zur Frage, ob er zum Grenzeinsatz alle Systeme mitnehmen dürfe. Er erhielt die Auskunft: die Luftaufklärung nicht, und die Spezialfahrzeuge für Aufruhrbekämpfung ebenfalls nicht. Demnach war der 20 Jahre dauernde Grenzeinsatz an der ungarischen Grenze auch überzogen und verfassungswidrig.

Die Kontroverse ließ SP-Wehrsprecher Otto Pendl emotional werden: "Es ist unverantwortlich, Soldaten ohne eine ordentliche Rechtslage in den Einsatz zu schicken. Wir werden das den Bürgern nicht erklären können." Es ist ein heißes Eisen, das Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil nun anpacken will. Er will das Thema zwischen den Ministerien und mit der Öffentlichkeit diskutieren und einer raschen Lösung zuführen.

Für den Raiffeisen-Gastgeber und Milizbeauftragten, Erwin Hameseder, ist das höchst an der Zeit: "Wir sind auf die neuen Herausforderungen bei weitem noch nicht vorbereitet." Dafür brauche der Staat ein gesamtstaatliches Lagebild. Hameseder: "Jeder Staatsbürger hat das Recht zu wissen, wer wann wofür verantwortlich ist.

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