Stronach will seine Millionen zurück

In Summe soll Stronach 15 Millionen Euro an Krediten vergeben haben.
15 Millionen Euro an Krediten warten auf Rückzahlung. Länderchefs bangen um Zukunft.

25 Millionen Euro hat Frank Stronach in sein Parteiprojekt gesteckt. Das Ergebnis war dürftig: Nach ersten Erfolgen in Kärnten, Niederösterreich und Salzburg reichte es im Bund nur für 5,7 Prozent.

Nun bemüht sich der Wirtschaftskapitän, den Millionenschaden zu minimieren. Seit Dienstag haben die Landeschefs keinen Zugang zu den Geldtöpfen mehr. Seine als Kredite vergebene Parteifinanzierung fordert er zurück. „In fünf Jahren muss das niederösterreichische Team Stronach 3,5 Millionen Euro zurückzahlen“, sagt Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger zum KURIER. Sie war bis Montag Landeschefin in NÖ – und wurde von Stronachs Assistentin Renate Heiser-Fischer abgelöst.

Auch von der Kärntner Landesorganisation fordert Stronach laut Insidern knapp eine Million Euro zurück. In Summe habe Stronach 15 Millionen Euro an Krediten vergeben. 9,5 Millionen flossen laut Rechnungshof als Spende. „Wenn er die 15 Millionen Euro zurück will, ist das Projekt gestorben“, sagt ein Parteimitglied. Derzeit sehe es so aus.

Schlaflose Nächte

„Um die Millionen zurückzubekommen, wurde ein Darlehensvertrag zwischen der Landespartei und der Bundespartei geschlossen“, sagt Kaufmann-Bruckberger. „Mit dieser Umbesetzung ist offensichtlich, dass er Zugriff auf die Parteikassen haben will. Er will sich das Geld zurückholen.“

Kathrin Nachbaur, die am Montag Robert Lugar als Klubobfrau im Parlament ablöste, dementiert indessen, dass Stronach die Kredite fällig stellt: „Frank Stronach hat immer gesagt, dass er das Geld nicht zurückverlangen wird. Bei der Personalrochade geht es nur um ein Modell der Arbeitsteilung, damit wir in den Ländern eine gute Struktur aufbauen können.“ Es stimme, dass ein Teil des Geldes als Darlehen geflossen sei. „Unsere Finanzexperten werden sich das in den nächsten Tagen ansehen.“

Während die Kredite manchen Parteichefs „schlaflose Nächte“ bescherten, haben andere schon einen Plan für die Kredittilgung. Gelingen soll das mit der Parteiförderung: Im Bund erhält das Team Stronach rund fünf Millionen Euro pro Jahr. Knapp drei Viertel davon braucht der laufende Betrieb, erklärte das Team Stronach kurz vor der Wahl. In Kärnten sind aus dem Steuertopf rund eine Million, in Salzburg etwa 400.000 Euro, in Niederösterreich 1,5 Millionen an Parteiförderung zu erwarten.

Frisches Geld will Stronach definitiv nicht mehr in die Partei einschießen: „Er wird kein Geld mehr in die Partei geben“, sagt Nachbaur im ORF-Radio. „Er hat Startkapital gegeben, jetzt müssen wir schauen, dass wir effizient wirtschaften.“

Abspaltung droht

Stronachs Personalentscheidungen, die er noch rasch vor seinem Abflug nach Kanada am Donnerstag traf, lassen einige Ex-Parteichefs enttäuscht zurück: „Von den Werten Wahrheit, Transparenz und Fairness ist nichts mehr spürbar“, sagt Kaufmann-Bruckberger. Einen Austritt aus der Partei schließt sie vorläufig noch aus. Auch Kärntens Gerhard Köfer zeigt sich sehr verwundert: „Ich schließe nichts aus“, sagt er auf die Frage nach einem Austritt. Schon nächste Woche wollen er, Kaufmann-Bruckberger und Salzburgs Hans Mayr tagen.

Auch im Bund gärt es kräftig: Ex-Klubchef Robert Lugar soll stark enttäuscht sein. „Es kann immer sein, dass Leute, die ihre Ziele nicht umsetzen können, sich anders orientieren“, sagt ein Mandatar. Ein anderer erwartet den Rückzug von Frank Stronach als Abgeordneter nach der ersten Parlamentssitzung.

Schwarz-Blau

Sollte das Team Stronach zerbröseln, könnten die Abgeordneten das Zünglein an der Waage sein für eine Schwarz-Blaue Mehrheit. „Ich kann mir das durchaus vorstellen“, sagt Kaufmann-Bruckberger. Ein Putsch der elf Mandatare gegen Frank Stronach ist laut KURIER-Rundruf aber derzeit nicht in Sicht. Für die anderen Parteien hat sich Stronach als Regierungspartner aber wohl aus dem Rennen genommen.

Der Kommunikationsstratege Rudi Fußi macht sich über Frank Stronach in mehreren Videos auf Youtube lustig. Stronach dürfte für Fußi nach ausständigen Honoraren zu einem beliebten Satireobjekt geworden sein. Auf Twitter zumindest erfreuen sich die Videos zurzeit großer Beliebtheit.

Frank Stronach hat schon seit dem Vorjahr einen Parlamentsklub – das war nur möglich, weil sechs Mandatare des BZÖ die Seite gewechselt haben. Fünf sitzen nach wie vor im Hohen Haus, nur Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ging nach Niederösterreich.

Ein Mitgrund für den Parteiwechsel dürften wohl die schlechten Zukunftsaussichten für das BZÖ gewesen sein. Für zwei der fünf Ex-Orangen hat sich der Absprung aber nicht ausgezahlt: Der Kärntner Stefan Markowitz und der Salzburger Erich Tadler haben kein Mandat ergattert. Sie müssen das Parlament Ende Oktober, wenn sich der neue Nationalrat konstituiert, verlassen.

Werden sie nun von Stronach versorgt? Das war im Vorjahr kolportiert worden, als der Milliardär Polit-Mitstreiter gesucht hatte.

Stefan Markowitz stellt im KURIER-Gespräch in Abrede, dass er entschädigt wird. Er sei zwar „traurig“, dass er nicht mehr im Nationalrat vertreten sein wird, „aber ich wollte nie von der Politik abhängig sein“. Er werde weiterhin als technischer Betriebsleiter und Eventmanager tätig sein. Erich Tadler soll in seinen Job bei einer Versicherung zurückkehren.

Fix im Parlament sitzen hingegen der abgelöste Klubchef Robert Lugar, der Vorarlberger Christoph Hagen und die Steirerin Martina Schenk.

SPÖ und ÖVP haben am vierten Tag nach der Wahl Sondierungsgespräche mit allen Parteien aufgenommen. Die Roten waren vom Auftritt des Team Stronach bisher ohnehin nicht sehr begeistert, und auch innerhalb der ÖVP tut man sich inzwischen schwer, die in argen Nachwahl-Turbulenzen befindliche Partei des Milliardärs tatsächlich als möglichen Regierungspartner in Erwägung zu ziehen.

„Über mögliche Koalitionen zu sprechen, da sind wir noch lange nicht so weit“, erklärte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch. Es werde sicher auch Gespräche mit dem Team Stronach geben, auch wenn er derzeit nicht sicher sei, wer der Ansprechpartner sein wird: „Es wird sich zeigen, wer aufseiten Stronachs die Gespräche führen wird.“

Aus der ÖVP war zudem zu erfahren, dass sich die Parteispitze hauptsächlich inhaltlich auf die anstehenden Verhandlungen vorbereitet. Dass die Blockade der SPÖ gegenüber HC Straches FPÖ bröckelt, werde mit Interesse verfolgt, hieß es zudem.

Diese Option war von einigen roten Gewerkschaftern angedacht worden. Tatsächlich nähern sich die Sozialdemokraten den Freiheitlichen nur vorsichtig an. Denn Gewerkschafter mit viel Gewicht innerhalb der SPÖ, wie etwa GPA-Chef Wolfgang Katzian und PRO-GE-Vorsitzender Rainer Wimmer, betonten, dass es „mit Sicherheit keine Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen“ geben wird. Geplant ist dennoch ein Gespräch von SPÖ-Sondierungsführer Josef Cap mit Strache.

Cap, langjähriger SPÖ-Klubchef im Parlament, will freilich auch mit allen anderen Parteien sprechen. Nach einer ersten Telefonrunde am Mittwoch war ein Treffen mit Neos-Chef Matthias Strolz am Donnerstagabend geplant.

Bundespräsident Heinz Fischer wird voraussichtlich am Mittwoch SPÖ-Chef Werner Faymann den Regierungsauftrag erteilen.

Bevor er den Privatjet gen Kanada bestieg, ließ er Köpfe rollen. In keiner anderen Partei wäre es möglich, dass der Chef via Handy binnen Minuten Landesobleute absetzt oder bestellt. Im sogenannten Team Stronach wird Franks „Goldene Regel“ eisern durchgezogen: Wer das Gold hat, bestimmt die Regeln.

An die 25 Millionen Euro hat der 81-jährige kanadische Milliardär für die Eroberung der politische n Macht in Österreich in die Hand genommen. Das ist das Dreifache dessen, was Rot oder Schwarz in den Wahlkampf steckten. Herausgekommen ist das magere Ergebnis von knapp sechs Prozent der Stimmen. Jetzt will Stronach offenbar das Fehlinvestment mithilfe der staatlichen Parteienfinanzierung zurückverdienen. Wer sich dem in den Weg stellen könnte, wird vorsorglich geköpft.

Wer da noch immer von einer Koalition Schwarz-Blau-Stronach fantasiert, muss seine letzte Hoffnung in eine Spaltung der Söldnertruppe setzen. Zumindest fünf der elf Stronach-Leute bräuchten Schwarz und Blau rein rechnerisch zur Absicherung ihrer Mehrheit.

Aber auf wen soll man setzen? Auf die, die trotz allem noch zu Frank halten; oder die, die schon jetzt zum dritten oder vierten Mal das Lager wechseln könnten? Beides wäre Harakiri mit Anlauf. Politisch ist eine Koalition mit dieser Truppe seit gestern endgültig tot – und taugt nicht einmal mehr als Drohkulisse im Koalitionspoker.

Mit Schwarz-Blau-Neos war nie zu rechnen. Es sei denn, die FPÖ erfüllte jene drei Bedingungen, die Hans Peter Haselsteiner via KURIER gewohnt pointiert formuliert hat: „Da müsste sich Strache einen Bart wachsen lassen, zum Islam übertreten und eine Moschee einweihen.“

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