„Wir brauchen jetzt kein neues Dienstrecht für die Lehrer“

Michael Spindelegger und Christoph Leitl im Interview_H.B. und Paul Trummer am 8.5.2013 im BMA
Wirtschaftskämmerer Christoph Leitl will erst darüber reden, wenn klar sei, was in Schulen zu leisten ist.

Rote und Schwarze Spitzen drängen auf eine Lehrerdienstrechtsreform vor der Wahl am 29. September. Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl tut das nicht. Im Gegenteil: Er ist dafür, das Projekt zu stoppen. „,Lehrerdienstrecht‘ ist für mich schon das Unwort des Jahres“, sagt er dem KURIER. Nicht nur, weil die Einigung zwischen Regierung und Gewerkschaft auch nach Verhandlungsrunde 33 aussteht. Leitl nennt einen weiteren Grund, es vorerst zu lassen: „Wir brauchen es jetzt nicht. Es ist absurd, über ein Dienst- und Gehaltsrecht zu reden, solange nicht feststeht, was wir bildungspolitisch wollen. Über zwei Stunden mehr Arbeit für die Pädagogen zu debattieren, ist daneben. Wir müssen über Bildungsziele diskutieren.“

Fokus aus Begabungen

Was will Leitl? „Wir müssen auf die Begabungen fokussieren. Man muss Stärken verstärken und Schwächen minimieren.“ Das erfordere eine neue Art des Unterrichts: „Man konzentriert sich nach wie vor viel zu sehr auf formalisierte Lehrpläne – und prüft den Stoff ab. Und wer Probleme hat, muss sie privat, durch teure Nachhilfe, beseitigen. Wir brauchen das, was die Finnen haben: Coaching, individuelle Begleitung in Kleingruppen.“ Erst wenn klar sei, was Lehrer fortan leisten sollen, sei über das Dienst- und Gehaltsrecht zu reden, meint Leitl.

Anderweitig tadelt er die Koalitionäre ebenfalls: „Die Sozialpartner haben schon 2007 ein Bildungspapier vorgelegt, heuer ein weiteres ganzheitliches Konzept. Auch das wird ignoriert.“ Rote und Schwarze müssten „endlich die ideologischen Eierschalen ablegen. Alle haben sich auf die AHS und die ,Neuen Mittelschulen‘ eingeschossen, die ÖVP will dies, die SPÖ das. Sie verkrampfen sich auch auf den Uni-Zugang – ob der gratis sein soll oder nicht. Mich ärgert, wie fahrlässig mit dem Thema Bildung umgegangen wird. Es bringt mein Blut in Wallung, dass nichts weitergeht.“

Keine großte Koalition für Bildung

Ist Leitl dennoch für einen neuerlichen rot-schwarzen Bund? „Ich war immer ein Verfechter einer Großen Koalition, wenn eine solche etwas weiterbringt. Für den Bildungsbereich gilt das leider nicht. Nach 2006 und 2008 werden uns auch nach dieser Wahl Reformen versprochen werden. Mit vagen Absichtserklärungen muss Schluss sein. Wenn schon, dann müssen sie sagen, was sie konkret wollen. Sonst wursteln wir weiter herum. Dabei rennt uns die Zeit davon.“

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