"Enttäuschung über Steuerreform wird überwiegen"

"Enttäuschung über Steuerreform wird überwiegen"
OGM-Chef Bachmayer über die heurigen vier Landtagswahlen und deren mögliche Folgen.

Ein Männer-Quartett will es noch einmal wissen. In den vier Ländern, in denen heuer gewählt wird, treten die Landeshauptleute wieder an: Hans Niessl am 31. Mai im Burgenland, Josef Pühringer und Franz Voves (beide spätestens im September) und Michael Häupl am 11. Oktober in Wien. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer analysiert für den KURIER die Ausgangslage und mögliche Folgen.

KURIER: Hans Niessl glaubt an Wahl-Rückenwind durch die Steuerreform, die am 17. März stehen soll. Zu Recht?

Bachmayer: Das ist Pfeifen im Wald. Die Erwartungen an die Steuerreform wurden so hochgeschraubt, dass die Enttäuschung darüber, was mehr im Börsel bleibt, überwiegen wird. Den Landeshauptleuten wird das aber weniger zur Last gelegt werden, somit wird es ihnen bei der Wahl nicht schaden.

"Enttäuschung über Steuerreform wird überwiegen"
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Niessl schließt eine Nachwahl-Kooperation mit der FPÖ nicht aus. Taktik oder realistisch?

Reine Taktik. Eine FP-Kooperation wird er seinen SP-Kollegen in den Ländern, in denen danach gewählt wird, nicht antun. Vor allem Häupl nicht. Aber die Äußerungen von Niessl über "Integrationsunwilligkeit" haben bundespolitische Relevanz: Die Linie gegen Rechts wird immer mehr durchbrochen. Niessl wird das aber bei seiner Wahl nutzen.

In der Steiermark werden SPÖ-Chef Voves und – sofern er erneut kandidiert – ÖVP-Chef Schützenhöfer für Reformen (Gemeindefusionen etc.) wohl abgestraft.

Die ÖVP wird noch stärker als die SPÖ verlieren, weil sie in den Gemeinden stärker vertreten ist. Nicht nur vielen Wählern missfallen die Zwangsfusionen, auch Funktionäre werden deswegen im Wahlkampf nicht so laufen, wie sie sollten. Die FPÖ wird der große Sieger sein.

Ob dieser Prognose: Wäre für Pühringer nicht strategisch besser, vor oder zeitgleich mit den Steirern wählen zu lassen?

Ja. Seine ÖVP wird auch wegen Reformen, etwa im Gesundheitsbereich, verlieren – wenn auch nicht so stark wie die steirische. Vor allem die FPÖ, aber auch die Grünen werden auf Kosten der ÖVP und der SPÖ zulegen.

Ist es klug von Häupl, nicht schon im Frühjahr rund um den Song Contest, sondern erst im Herbst, also zum regulären Termin, wählen zu lassen?

Ja. Es wäre blauäugig zu glauben, die SPÖ-Wähler mobilisieren zu können, indem andere Lebensformen so stark in den Mittelpunkt gerückt werden, Stichwort Conchita Wurst. Als letztes Land in diesem Jahr wählen zu lassen, hat aber auch Tücken. Verliert die SPÖ andernorts, könnte das schlecht für die Mobilisierung in Wien sein.

Wird Häupl mit den Themen, die er diese Woche bei der SPÖ-Klausur gesetzt hat (wieder Gemeindebau-Bau, befristeter Gebührenstopp), punkten können?

Die Gemeindebau-Offensive zeigt eine Strategie: "Vorwärts, Genossen, in die Vergangenheit!" Das ist ein Retro-Konzept, von dem man sich schon längst verabschiedet hat: dass die SPÖ für alles und jedes sorgt. Und der Gebührenstopp ist ein Schmäh – angesichts dessen, dass sie vorher kräftig erhöht worden sind. Beides wird nicht zum großen Wahl-Hit werden. Die FPÖ wird Häupl heftig attackieren, die ÖVP wird nicht so grob-angriffig sein, weil sie auf das Koalitionsbett schielt, in dem die SPÖ jetzt mit den Grünen liegt. Die absolute Mehrheit wird die SPÖ jedenfalls nicht erreichen.

Was bezweckt Häupl damit, die SPÖ-Bundesparteilinie in Sachen Vermögenssteuer zu konterkarieren?

Er hat das einzig starke und wirksame Steuerreform-Schlagwort der SPÖ, die "Millionärssteuer", kaputtgemacht. Und damit SPÖ-Chef Werner Faymann beschädigt.

Um ihn als SPÖ-Chef loszuwerden, weil er bei der ÖVP punkto Steuerreform nicht durchgebracht hat, was er kampagnisierte?

Dazu müssten drei in der SPÖ die Daumen nach unten drehen: Voves, Häupl und der ÖGB. Wenn Voves und Häupl stark verlieren, Häupl deutlich unter 40 Prozent stürzt, was nicht unwahrscheinlich ist, werden sie die Erklärung dafür woanders suchen: im Bund. Die Gewerkschaft wird angefressen sein, wenn Faymann keine Erbschafts- und Vermögenssteuer durchsetzt. Dann könnte es im Herbst einen neuen Parteichef und Kanzler geben. Ist der noch dazu von außen, etwa ÖBB-Chef Christian Kern oder der Medien-Manager Gerhard Zeiler, wird die ÖVP nicht riskieren, vorzeitig wählen zu lassen.

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