Duell der Populisten

Duell der Populisten
Ein 80-jähriger Anfänger wird zum gefährlichen Gegner für den blauen Profipolitiker. Das Heer der Protest-Wähler hält ihn für glaubwürdiger als den rechten Oppositionsführer.

Wie viel wird der Polit-Neuling reißen? Das war eine der spannenden Fragen vor den Wahlen in Niederösterreich und Kärnten. Dort wie da haben rund zehn Prozent der Bürger für Frank Stronachs Truppe gestimmt. Viele hat dieses Votum überrascht. 69 Prozent der Österreicher geben in einer OGM-Umfrage für den KURIER an, dass das mehr ist, als sie angenommen haben. Vor allem ÖVP-Anhänger (91 %) hätten Stronach weniger zugetraut.

Leidtragender war in beiden Ländern primär Heinz-Christian Strache. Dass seine Kärntner Bruderpartei so tief gestürzt ist, hat Stronach mitverschuldet. Selbst in Niederösterreich, wo die Blauen zuletzt mit knapp mehr als zehn Prozent dahingrundelten, hat er sie zwei Prozentpunkte gekostet.

So unterschiedlich die zwei Parteiführer auch sind – der eine 43, gelernter Zahntechniker und seit vielen Jahren in der Politik, der andere 80, milliardenschwerer Unternehmer und neu im Polit-Gewerbe –, eines haben Strache und Stronach gemein: Sie buhlen um das selbe Wählerklientel, rittern um die Verdrossenen, die Wohlstandsverlierer. Beide agitieren gegen die EU und den Euro, beide kämpfen gegen das politische Establishment. Bisher hatte der FPÖ-Chef das Monopol auf die Protest-Stimmen, nun macht es ihm der Frontmann des „Team Stronach“ streitig.

Großes Protestpotenzial

Es wird auch im Hinblick auf die Nationalratswahl im Herbst ein hartes Duell. Eine Mehrheit von 46 Prozent qualifiziert sich als möglicher Wähler einer Protest- und/oder Oppositionspartei; da haben Rot und Schwarz das Nachsehen. „Das ist nicht nur eine gute Nachricht für Grüne und BZÖ, das zeigt auch das große Potenzial für die FPÖ und Stronach“, analysiert OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

„Wobei Strache hier vor Stronach rangiert.“ Anders verhält sich das bei der Frage, wer die glaubwürdigere Protestpartei anführt. Hier liegt Stronach mit 37 Prozent vor der FPÖ (30 %). Das rühre einerseits daher, „dass die jahrelange Kritik an Strache zu einer größeren Gruppe von Gegnern geführt hat, als sie Stronach hat. Andererseits ist Stronachs Vorsprung darauf zurückzuführen, dass seine Botschaften wegen seines Lebenslaufs authentischer wirken“, sagt Bachmayer.

Und wer von beiden hat eher das Zeug, Österreich politisch zu verändern? Auch da platzieren die Befragten Stronach vor Strache – wenngleich marginal. Bachmayer: „Das Auftreten Stronachs hat zur Ansicht geführt, dass die jetzige Koalition bei der Nationalratswahl keine Mehrheit mehr finden könnte.“

Duell der Populisten
Aus heutiger Sicht eher wählbar ist ebenfalls Stronach. 21 Prozent können sich das vorstellen; für Strache erwärmen sich momentan nur 17 Prozent. Schlechte Nachricht für den einen wie den anderen: 53 Prozent würden weder für Straches Blaue noch Stronachs Neo-Partei votieren. Wie ist das zu erklären? „Stronach hat durch die Erfolge in Niederösterreich und Kärnten Rückenwind, Strache durch die Niederlagen und die daraus resultierenden Probleme mit beiden Landesgruppen Gegenwind“, urteilt Bachmayer.

Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist das lediglich ein Lüfterl, das alsbald verweht. „Bei den wesentlichen Themen – ob Europa-Politik, Zuwanderung oder Sicherheitspolitik – ist der Oppositionsplatz von uns besetzt. Jetzt stellt sich halt einer dazu. Der ist aber die Kopie, wir sind das Original.“ Die Freiheitlichen würden im Wahlkampf klarmachen, „dass eine Stimme für Stronach eine für Rot und Schwarz ist“. Zudem sei der Austrokanadier nicht der Gegner Nummer 1: „Es wird darum gehen, wer die stärkste Partei wird. Da ist Stronach nicht dabei.“ Auch wenn Kickl & Co das Ziel bereits nach unten revidiert haben (von 33,4 auf „deutlich über 20 Prozent“) – „wir wollen Platz 1. Das ist mit einem dynamisch-wuchtigen Wahlkampf auch möglich.“

Im Team Stronach erfreut man sich an den Turbulenzen bei der blauen Konkurrenz. „Strache hat große interne Probleme. Man kennt das ja, wenn eine Partei vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Da sind die Möglichkeiten, nach außen zu wirken, begrenzt“, sagt Klubchef Robert Lugar. Des FPÖ-Bosses Signal sei fatal: „Wenn er nicht einmal seine eigene Partei verändern kann, wie will er dann Österreich verändern?“ Strache fehle seit Langem Dynamik. „Die Menschen merken, dass sich mit ihm wenig bewegt.“ Stronach hingegen habe Durchsetzungsvermögen. „Was einige mit Sturheit verwechseln könnten.“

Der muss schon bald beweisen, dass Kärnten und Niederösterreich keine Einzelfälle waren. Bei der Wahl in Tirol (28. April) und Salzburg (5. Mai) habe seine Partei ein gutes Resultat einzufahren, um nicht als Verlierer dazustehen, befindet Lugar. „Schließlich wollen wir im Herbst bei der Bundeswahl in ganz Österreich ein gutes Ergebnis erzielen. Da muss jedes Land seinen Beitrag leisten.“

Dilemma für Strache und Stronach

BZÖ-Mandatar Stefan Petzner, dessen Partei Stronach Mandatare abspenstig gemacht hat, prophezeit Stronach nichts Gutes. Dieser drohe, „wie eine Sternschnuppe zu verglühen. Dafür gibt es viele Beispiele, von Hans-Peter Martin bis zum Hype um die Piratenpartei.“ Petzner sieht aber auch Strache im Dilemma: „Wenn er lautstark nach rechts rückt mit ausländerfeindlichen Parolen, besteht die Gefahr, dass er Wähler an Stronach verliert. Bleibt er ruhig, auch.“ Lachender Dritter könnte das BZÖ werden. ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch hofft ebenfalls, vom Match der Populisten zu profitieren: „Strache ist als Sieger gestartet – und als Bettvorleger gelandet. Stronach nimmt in erster Linie ihm Wähler weg. Bei den beiden geht es aber um die Ränge drei und vier; bei uns um den Kampf mit der SPÖ um den ersten Platz.“

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