"Strache wusste, dass Hofer chancenlos ist"

Norbert Hofer wurde ein wenig unterschätzt.
Was Österreichs Medien beim Antritt Norbert Hofers kommentierten.

Für die Meinungsforscher war diese Wahl einmal mehr eine Blamage: Dass Norbert Hofer so weit vor allen anderen Kandidaten landen wird, hatten sie allesamt nicht vorhergesehen. Aber, soviel Selbstkritik muss sein: Auch die Kommentatoren des Landes haben sich bei ihrer Einschätzung der Person Norbert Hofers gründlich geirrt. Eine kleine Presseschau, was in österreichischen Zeitungen beim Bekanntwerden der Kandidatur Norbert Hofers geschrieben wurde:

"Nicht nur SPÖ und ÖVP, auch die FPÖ wird es bei der Hofburg-Wahl schwer haben, ein Stimmendebakel zu vermeiden. Die neue Gallup-Umfrage sieht den Verlegenheitskandidaten der FPÖ, Norbert Hofer, hoffnungslos am letzten Platz. HC Strache hat natürlich seit Wochen gewusst, dass Hofer in den Umfragen chancenlos ist. Warum er zu dem faden Blauen, der schon als NR-Präsident niemandem aufgefallen ist, außer der Kabarett-Kandidatin Stenzel keine brauchbare Alternative gefunden hat, weiß nur er."

(Österreich, 29.1.2016)

"Es war deshalb wohl nicht nur der Protest vieler FPÖ-Stammwähler, der dazu geführt hat, Ursula Stenzel in der Versenkung verschwinden zu lassen. Die politische Strategie erforderte einen harmloseren blauen Kandidaten, der nicht zu viele ÖVP-Stimmen einfahren soll. Man kann vermuten, dass auf Lopatka-Ebene ernsthafte Gespräche mit den Blauen über deren Hofburg-Kandidaten stattgefunden haben. Wäre die Bundespräsidentenwahl eine Fußballwette, müsste man ernsthaft an Absprachen und Spielmanipulation denken."

(Vorarlberger Nachrichten, 29.1.2016)

"Im Vierkampf zwischen Irmgard Griss, Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol und Alexander Van der Bellen hat sich bisher tatsächlich kein kräftiger Trend feststellen lassen. Das ändert sich durch das Antreten des freiheitlichen Kandidaten. Er wird sicher zum Königsmacher. Norbert Hofer ist zwar jünger als der Rest des Felds, seine verzögerte parteiinterne Kür hat aber die Anmutung einer Notlösung. Diese Bewerbung beweist nämlich, wie dünn die Personaldecke bei der FPÖ war und ist. Hat man tatsächlich keine größere rechtsliberale Persönlichkeit für solch ein exklusives Amt gefunden?"

(Die Presse, 29.1.2016)

"Im letzten Moment wurde Norbert Hofer aus dem Hut gezaubert, der der ideale Kompromisskandidat zu sein scheint: ein echter Freiheitlicher, der nicht im Verdacht steht, mit NS- oder neonazi-konnotierten Aussagen auf Stimmenfang zu gehen. Der Burgenländer verkörpert den Freiheitlichen mit menschlichem Antlitz. Die größte Hypothek ist sein fehlender Bekanntheitsgrad. Während Khol und Hundstorfer ihre bisherigen Funktionen aufgegeben haben, geht Hofer auf Nummer sicher und bleibt als Dritter Nationalratspräsident im Amt. Über Stenzels Rückzieher darf sich die ÖVP freuen, zwischen Griss und Stenzel wäre Khol aufgerieben worden. Nun darf er sich doch wieder Hoffnungen auf den Einzug in die Stichwahl machen. Bei Griss bleibt abzuwarten, ob sie jetzt richtig durchstartet – oder den Zenit überschritten hat. Je länger der Wahlkampf währt, umso stärker polarisiert sie mit ihrem etwas oberlehrerhaften Auftreten als Outsiderin, die gegen das innenpolitische Establishment ankämpft."

(Kleine Zeitung, 29.1.2016)

"Ganz klar ist es ja nicht, warum die FPÖ einen Kandidaten ins Präsidentschaftsrennen schickt. Norbert Hofer ist ein ehrenwerter, aber sehr zurückhaltender und sehr junger Mann und wird sich schwertun, die Wahl zu gewinnen. Also wird der erfolgsgewohnte Parteichef Strache am Wahlabend vor laufenden Kameras eine Wahlniederlage schönreden müssen, was sich nicht wirklich mit seinem sorgsam gepflegten Image als sieggewohnter Stürmer und Dränger verträgt."

(Salzburger Nachrichten, 29.1.2016)

Und der KURIER? Lag leider auch nicht ganz richtig:

"Im Wettstreit mit Andreas Khol und Irmgard Griss hat Norbert Hofer die geringsten Chancen, in die Stichwahl zu kommen. An der doppelten Niederlage wird Heinz-Christian Strache noch länger zu kauen haben: Erst schießt ihm die Basis seine Kandidatin bei der Vorwahl ab; der Ersatzmann kommt nicht einmal über die Vorrunde hinaus."

(Kurier, 29.1.2016)

Die einzige richtige Prognose stand ausgerechnet in Heute:

"Nun also Norbert Hofer. Hat er Chancen? Sicher. Er ist der Jüngste, kein Polterer, politisch hellblau statt auf der dunklen Seite des Mondes. Sein Schicksal wird es im Wahlkampf menscheln lassen. Sein größtes Problem: Niemand kennt ihn. (…) Gut möglich: eine Stichwahl Van der Bellen gegen Hofer, ein grüner Sieger - und Rot-Schwarz mit dem nächsten blauen Auge."

(Heute, 29.1.2016)

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