Strache: "Wir züchten Kopfabschneider"

Strache in Spielfeld
Wie der FPÖ-Boss besorgte Spielfelder Bürger auf einen Kampf der Kulturen einstimmt.

"Ihr lügts nur. Also bleibts draußen!" Wer an diesem Dezemberabend hören will, was "Hazeh" zu sagen hat, der muss an ihm vorbei: An einem bulligen Herrn, der mit grimmigem Blick beim Eingang wacht, um jene der Tür zu verweisen, die er zur "Lügenpresse" zählt – also alle Journalisten und Fotografen. Man muss die Geschichte von Heinz-Christian Straches Auftritt im steirischen Spielfeld mit diesem Aufpasser beginnen, der die Tür nach langem Hin und Her dann doch noch freigibt. Denn der gedrungene Herr sagt nur, worauf man sich im "Kultursaal" später unter kräftigem "Bravo!" einschwört: auf ein unmissverständliches "Ihr seid nicht willkommen!" – gemünzt auf Journalisten, "Gutmenschen", aber vor allem auf die Mehrzahl der Flüchtlinge und Migranten.

Massenschlägerei

Die ersten Getreuen kommen eine Stunde, ehe Straches Auto vor dem Kulturhaus parkt; als der FPÖ-Chef durch den Saal der 1000-Seelen-Gemeinde pflügt, ist der Raum mit Hunderten Menschen gefüllt. Drei Sitzreihen Bierbänke, der Rest steht – sonst wäre zu wenig Platz.Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek macht den Einpeitscher, er weiß, was gewünscht ist: Vor einem senfgelben Vorhang erinnert er an die "Massenschlägerei" von "100 Asylwerbern in Leoben" und erzählt von einer Vergewaltigung durch Asylwerber. Details? Sind Schall und Rauch, es geht um eine Stimmung, um eine grundsätzliche Angst, nicht um Fakten."Unser Steuergeld für unsere Leut‘", ruft Kunasek in den Saal. "Jawohl" schallt es retour, der Applaus ist prächtig, das Feld scheint aufbereitet.

Strache: "Wir züchten Kopfabschneider"
Christoph Lanfrieds Beitrag in Bürgerstammtisch mit HC Strache
Doch als Parteichef Strache übernimmt, ist da ein Bruch, ein kleines Tief, dramaturgisch zumindest. Denn der Bundesobmann zetert nicht atemlos weiter, nein, er bleibt ruhig, sagt "Ich will das Ganze strukturiert angehen" – und räsoniert zehn Minuten lang über die Weltpolitik. Es ist eine komplizierte Erzählung, in der Erdogan, sein Sohn und die Türkei eine Rolle spielen; auch Assad und Putin sind involviert, zwischendurch geht es um den Abschuss eines russischen Militärjets, dann um die Saudis und die Öllieferungen des IS. Wie gesagt, es ist ein wüstes, ein undurchsichtiges Bild, aber vielleicht ist das ja der Sinn dieser Ouvertüre – Chaos macht Angst.

Zwei Botschaften bleiben jedenfalls hängen: Die Amerikaner predigen Demokratie und haben im Nahen Osten nur Zerstörung und Terror gebracht. Und: Die Kriegsflüchtlinge sind in unseren Breiten gar keine – weil sie längst in sicheren Ländern wie der Türkei Zuflucht gefunden haben.

"Es gibt ein Menschenrecht auf Sicherheit. Aber es gibt kein Menschenrecht auf Zuwanderung." Das ist der Satz, mit dem Strache endlich angekommen ist, wo ihn seine Zuhörer haben wollen – bei ihren Ängsten, bei der "Flüchtlingswelle". Und an dieser Stelle schlüpft er in eine andere Rolle: in die des Wut-Bürgers, der "die Politiker" und ihr Nichtstun zerpflückt. Als "Pappenheimer" und "Verbrecher" bezeichnet Strache die Verantwortlichen in der Flüchtlingskrise – also de facto die ganze Regierung. Als er sich über den "Hasenstall-Zaun" mokiert, der in Spielfeld ganz ohne Beton und Stacheldraht auskommt, wird seine höhnische Feststellung mit herzlichem Lachen bedankt.Jetzt ist er warm, jetzt legt er los. Und jetzt kommen die Zahlen, die Angst machen: "Von den 1,5 Millionen muslimischen Männern, die nach Deutschland zugewandert sind, sind mindestens zehn Prozent radikale Islamisten!" 150.000 Islamisten wären das in Deutschland, 15.000 vermutet Strache in Österreich. Im Innenministerium weiß man nichts davon, zumindest nicht bis Dienstagmittag. Aber Strache vertraut in diesem Fall eher den "russischen Geheimdiensten".

Terroristen und Muslime

Spielerisch schafft er den Bogen von den als Flüchtlingen getarnten Dschihadisten zu den muslimischen Kindergärten, in denen "mit Steuergeld islamistische Kopfabschneider gezüchtet werden". Strache arbeitet sich am Koran und Islam ab ("Nicht jeder Moslem ist Terrorist, aber jeder Terrorist ist Moslem!"); und er unterstellt SPÖ und ÖVP, sie würden Migranten die Staatsbürgerschaft schenken, nur um von ihnen später gewählt zu werden. "Ich bin einer von euch", sagt er zum Schluss und manche im Publikum geben ihm recht. "Der Heinz-Christian is wenigstens für uns da. Die anderen Politiker haben sich in der Flüchtlingskrise kaum blicken lassen", sagt ein Zuhörer. Vielleicht stimmt das sogar, vielleicht waren die Regierenden zu selten vor Ort. Jetzt scheint es zu spät, andere Politiker sind nicht mehr willkommen. Zumindest nicht an diesem Abend, nicht in diesem Raum.

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