Der Kanzler rät dem ORF die innere Reform

Neuer Reformvorschlag des Kanzlers für das oberste ORF-Gremium: Es soll schrumpfen.
Werner Faymann lässt Reformwillen erkennen: Stiftungsrat solle einen eigenen Aufsichtsrat bilden.

Die Aufregung am Mittwoch war groß: Dietmar Hoscher, Casinos-Vorstand und SPÖ-"Fixstern" ist nach einem Deal der Koalitionsparteien plangemäß zum neuen Stiftungsratsvorsitzenden des ORF bestellt worden. Er war auf einem SPÖ-Parteimandat in das Gremium eingezogen, saß bis 2006 schon einmal für die SPÖ im Nationalrat und hätte schon einmal auf Wunsch der Partei den sogenannten "Freundeskreis" der Roten im Stiftungsrat koordinieren sollen. Damals scheiterte er am Widerstand wenig parteihöriger SPÖ-Vertrauter im Stiftungsrat, darunter Brigitte Kulovits-Rupp, die Hoscher nun als Vorsitzende weichen musste. Dies sei als "nicht diskutierbare" Vorgabe aus der Partei dekretiert worden, sagte Kulovits und schied damit im Unfrieden aus dem roten "Freundeskreis" aus.

Hoscher wies die Vorwürfe nach seiner Wahl zurück.

Innere Reform

SPÖ-Chef Werner Faymann, als Bundeskanzler auch höchster Medienpolitiker im Staat, lässt im KURIER-Interview nun doch wieder Reformwillen erkennen. Die Lösung aus seiner Sicht: Eine Reform aus eigener Kraft, innerhalb des ORF-Aufsichtsgremiums. "Die 35 neuen Stiftungsräte könnten ja aus ihrem Kreis zehn bestellen, und sagen, die zehn sollen die Stiftungsrat-Aufgaben wahrnehmen und der bestehende Stiftungsrat wird eine Art Beirat", sagt Faymann. "Das wäre meine Anregung."

Änderungsbedarf sei gegeben, sagt Faymann: "Mich stört, dass der Stiftungsrat zu groß ist, ich will einen ORF-Aufsichtsrat mit zehn Leuten", erklärte er. Warum lässt dann die vor zwei Jahren von ihm selbst angekündigte Reform bereits so lange auf sich warten? "Dazu müssen wir wohl das Gesetz ändern, sonst hätten wir es ja schon längst gemacht", räumt der Kanzler ein. Nachsatz: "Wenn eine Bundesregierung und Parteien einen Stiftungsrat bestellen, ist die Handschrift der Parteien erkennbar."

"Das wäre ja traurig"

Dass der SPÖ-Chef hinter dem Personalwechsel im De-facto-Aufsichtsrat des ORF steckt, weist Faymann zurück. "Der Herr Hoscher wollte Vorsitzender des Stiftungsrates werden, aber dafür hat er nicht den Herrn Bundeskanzler gebraucht, das wäre ja traurig."

Für die bisher in ihrer Gremientätigkeit sehr angesehene Kulovits-Rupp findet er kaum freundliche Worte: "Frau Kulovits-Rupp war ja Vorsitzende des Stiftungsrates. Aber wie oft haben Sie von der was gehört? Ich habe sie persönlich das letzte Mal nach ihrer Bestellung gesehen", moniert der Kanzler.

So klein kann die Große Koalition gar nicht sein, dass sie im ORF die größte Mehrheit aus der Hand gäbe. Das zeigte sich zuletzt im neuen ORF-Stiftungsrat, wo am Mittwoch die bisherige Vorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp wie zu erwarten abgewählt worden ist. Neuer Vorsitzender mit 29 von 35 Stimmen wurde Dietmar Hoscher, der auf einem Ticket der SPÖ in das oberste ORF-Gremium eingezogen ist und als Vorgabe der Partei an ihren „Freundeskreis“ gilt. Im vorgeblich entpolitisierten ORF heißen so die informellen Fraktionszusammenschlüsse von Rot und Schwarz (die übrigen Parteien haben nur jeweils einen Vertrauten im Stiftungsrat sitzen).

Kulovits-Rupp hatte im Vorfeld für Wirbel gesorgt, weil sie transparent gemacht hatte, was so nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war: „Dass in der Frage der Kandidatur für den Vorsitz eine ,nicht diskutierbare‘ Vorgabe präsentiert wurde, hat mir ein solidarisches Mittragen unmöglich gemacht“, so Kulovits-Rupp am Montag. Sie trat demonstrativ aus dem SPÖ-„Freundeskreis“ aus.

Hoscher verwahrte sich am Mittwoch entschieden dagegen, eine solche Vorgabe zu sein: „Das geht rechtlich nicht, und das ist auch de facto nicht passiert“, sagte der frisch bestellte neue Vorsitzende nach der konstituierenden Sitzung. „Ich war weder in dieser noch einer anderen Funktion einer Partei verpflichtet.“ Woher kommt dann die hartnäckige Zuschreibung, er sei ein Wunsch der SPÖ-Führung? Er sei von der Partei für den Stiftungsrat nominiert worden, so Hoscher: „Das ist meine Beziehung zur SPÖ.“ Und: „Wenn Sie es wissen wollen, es ist kein Geheimnis, weil das meine ganze Familie auch war: Ja, ich bin SPÖ-Mitglied und damit hat es sich.“

Kampfabstimmung

Auf sechs Stimmen musste Hoscher bei seiner Wahl verzichten, denn NEOS-Stiftungsrat und ORF-Reformer Hans Peter Haselsteiner ließ nach seiner Kritik an dem SPÖ-Wunsch im KURIER auch im Gremium nicht locker: Er nominierte überraschend Kulovits-Rupp zur Vorsitzenden. Er erhielt prompt eine Lehrstunde in Sachen Fraktionsdisziplin: Sie bekam bloß drei Stimmen – jene Haselsteiners, die des Grünen Stiftungsrates Wilfried Embacher und die des Team Stronach-Stiftungsrates Günter Leitold. Drei Mandatare, (Kulovits-Rupp, Margit Hauft aus Oberösterreich und Josef Resch aus Tirol) enthielten sich.

Für Haselsteiner, der mit den NEOS vehement für eine Entpolitisierung des ORF eintritt, Wasser auf die Mühlen: „Ziemlich traurig. Der Beweis dafür, dass das Gremium politisch gesteuert ist“, sagte er.

Ausschüsse an VP

Neben dem Vorsitzenden Hoscher wurde Franz Medwenitsch, bisher Koordinator des ÖVP-„Freundeskreises“, zum Stellvertreter gewählt. Er wird auch den Programmausschuss leiten. Den Finanzausschuss übernimmt Thomas Zach, der neuer ÖVP-„Freundeskreis“-Leiter ist. Sein Pendant im SPÖ-„Freundeskreises“ ist Karin Gutierrez-Lobos. Nach dem Ausscheren von Kulovits-Rupp verfügen nun beide „Freundeskreise“ über je 13 Mitglieder im obersten ORF-Gremium.

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