So soll die Steuersenkung finanziert werden

Bei der Registrierkassenpflicht geht es darum, dass bei Barzahlung im Geschäft der Staat öfters leer ausgeht, wenn Umsätze verschwiegen und Steuern nicht abgeführt werden.
Kampf gegen Steuerbetrug mit Registrierkassenpflicht: 900 Millionen Euro soll der Einzelhandel aufbringen.

Der mit Abstand größte Brocken bei der Gegenfinanzierung der 5,2 Milliarden Euro schweren Steuerreform liegt bei der Bekämpfung von Steuerbetrug: 900 Millionen Euro erhoffen sich Rote wie Schwarze durch eine gesetzliche Pflicht für Unternehmer, ab 15.000 Euro Nettoumsatz eine gegen Manipulation gesicherte Registrierkasse einzusetzen, auf die die Finanzbehörden leicht zugreifen können.

Das betrifft vor allem Branchen des Handels und der Gastronomie, wo überwiegend bar gezahlt wird. Die Wirtschaftskammer schätzt, dass davon rund 250.000 Betriebe in Österreich betroffen sein könnten. Ausgenommen bleiben "mobile Umsätze", also etwa Masseure, und alle Unternehmer mit "kalten Händen": also etwa Christbaumhändler, Maronibrater, Bauernmarktstandler, Fiaker und Schausteller.

Steuerbetrug

Tatsächlich geht es bei der Registrierkassenpflicht darum, dass bei Barzahlung im Geschäft der Staat öfters leer ausgeht, wenn Umsätze verschwiegen und Steuern nicht abgeführt werden.

Fraglich bleibt, ob deshalb tatsächlich 900 Millionen Euro in die Staatskassen gespült werden können. Anfangs nahmen die Sozialdemokraten überschlagsmäßig an, dass die Pflicht zur Registrierkasse eine Milliarde Euro einspielen wird. Staatssekretärin Sonja Steßl ging bis vor wenigen Tagen nur von 800 Millionen Euro aus.

Scharfe Kritik kommt vonseiten der Wirtschaft: Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, warnt vor "unrealistisch hoch angesetzten Erträgen aus der Betrugsbekämpfung". Wütend war bisher vor allem der Präsident der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, der die Maßnahme als "reine Pauschalverurteilung einer einzigen Gruppe – der Selbstständigen" bezeichnete. "Wir lassen uns die heimischen Unternehmer nicht kriminalisieren", hatte Leitl zuletzt in seiner Aschermittwochs-Rede gepoltert.

In letzter Sekunde abgedreht wurde der Vorschlag der Quittungslotterie – bei der jeder Rechnungsbeleg zu einem Lotterieticket wird. Das System gibt es bereits in anderen Ländern wie Slowakei, Malta oder Taiwan. Mit der Aussicht auf Quittingslotto-Gewinne sollte die Bevölkerung motiviert werden, sich immer eine Rechnung ausstellen zu lassen.

Bankgeheimnis fällt

700 Millionen sollen zudem durch erweiterte Prüfrechte der Finanzämter lukriert werden – sie sollen künftig das Recht haben, bei Abgabenprüfungen auch die Konten der Unternehmen zu prüfen. Derzeit ist für die Aufhebung des Bankgeheimnisses ein Gerichtsbeschluss nötig.

Weitere 200 Millionen sollen die Bekämpfung von Sozialbetrug bringen, 100 Millionen erhofft sich die Regierung durch den Kampf bei Mehrwert- und Mineralölsteuerbetrug.

Lesen Sie mehr über den Aufstand der Wirtschaft gegen die Steuerreform.

So soll die Steuersenkung finanziert werden

Die Tarifsenkung bei der Steuerreform soll die Kaufkraft massiv stärken und auf diese Wiese den Konsum ankurbeln helfen. Dieser liegt darnieder.

Doch was machen die heimischen Konsumenten, die von der Steuerreform profitieren und monatlich ab Jänner nächsten Jahres zum Beispiel 80, 100 oder sogar 120 Euro mehr am Konto haben, tatsächlich? – Diese Frage stellen sich jetzt viele.

Eine Möglichkeit wäre, das Geld auf ein Sparbuch zu legen oder für Anschaffungen, wie einen neuen Fernseher oder eine moderne Küche zu sparen. Man kann das Geld aber auch schnell ausgeben – beim täglichen Einkauf oder einem Friseur-Besuch.

Stefan Bruckbauer, Chefanalyst und Volkswirt der Bank Austria, hat die Antwort. Er weiß, was die Menschen mit dem Geld, das sie durch die Steuerreform bekommen, tun: "Jene, die profitieren, werden ein anderes Konsumverhalten an den Tag legen. Sie werden öfter essen gehen, einkaufen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Das verfügbare Einkommen der österreichischen Haushalte liegt derzeit bei knapp 190 Milliarden Euro pro Jahr. 2016 werden es 200 Milliarden Euro sein", erklärt Bruckbauer dem KURIER.

Das tägliche Konsumverhalten "bringt viel mehr für die Konjunktur als eine größere Anschaffung, etwa der Kauf eines neuen Autos. Bei der Steuerreform setzt man auf diesen positiven Effekt beim Konsum." Durch diesen täglichen Mehrkonsum werde auch die Binnennachfrage angekurbelt.

Unter Ökonomen gibt es eine Faustregel, wie Steuersenkungen bei den Verbrauchern ankommen. Die Reform werde dann wahrgenommen und gespürt, wenn sich Menschen etwas mehr leisten können, mehr einkaufen oder auch Essen gehen können.

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