Steuerreform: Ein halbes Zusatzgehalt für alle

Steuerreform: Ein halbes Zusatzgehalt für alle
Lohnsteuer runter für Arbeitnehmer, doppelter Kinderfreibetrag für Familien.

Mit dem Jänner-Gehalt wird erstmals die Entlastung der Fünf-Milliarden-Steuerreform 2016 auf dem Lohnzettel sichtbar.

Netto pro Monat betrachtet mag die Entlastung auf den ersten Blick nicht rasend viel ausmachen, je nach Einkommen liegt sie zwischen 40 und 150 Euro (siehe große Tabelle). Übers Jahr gerechnet ist das Lohnplus allerdings keineswegs zu verachten.

Die meisten Arbeitnehmer bekommen in etwa einen halben Monatslohn zusätzlich – in manchen Gehaltsklassen sogar deutlich mehr.

Ein Beispiel: Wer bisher monatlich 3700 Euro brutto verdient, kommt nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen auf ein Netto-Gehalt von 2231,5 Euro. Ab jetzt liegt das Monats-Netto bei 2357,2 Euro. Das entspricht einem monatlichen Plus von 125,7 Euro und übers Jahr gerechnet einem Netto-Lohnzuwachs von immerhin 1504,4 Euro.

Bezieht man diese 1504 Euro auf das bisherige Nettogehalt, entspricht das jährliche Plus also rund 67 Prozent eines Monatslohnes. Oder anders formuliert: Unser fiktiver Arbeitnehmer bekommt durch die Steuerreform knapp 70 Prozent eines Zusatz-Monatsgehaltes ausbezahlt.

Doch auch wer weniger verdient, profitiert. Bei einem Bruttogehalt von 1700 Euro macht die monatliche Netto-Entlastung 56,9 Euro aus – das sind immerhin 680,7 Euro übers Jahr. In Relation zum bisherigen Netto-Lohn entsprechen die 680 Euro rund 54 Prozent.

Den größten Anteil an der Entlastung hat die Senkung des Eingangssteuersatzes zwischen 11.000 und 18.000 Euro Jahresverdienst auf 25 Prozent. Davon profitieren alle Steuerzahler, weil man über die Tarifstufen hinweg stets kumulativ rechnen muss.

Ein Beispiel: Mit einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro brutto bezahlt man für die ersten 11.000 Euro keine Steuer, für die weiteren 7000 Euro besagte 25 Prozent und für die verbleibenden 12.000 Euro neuerdings 35 Prozent. Hintergrund: Anstatt der bisher geltenden drei Steuer-Tarifstufen (36,5 %, 43,21 % und 50 %) gibt es nunmehr sechs Tarifstufen (25, 35, 42, 48, 50 und 55 Prozent). Der Spitzensteuersatz wurde angehoben, allerdings erst ab einem Jahreseinkommen von einer Million und zeitlich befristet (bis 2020).

Am anderen Ende der Einkommensskala gibt es die so genannte Negativsteuer, also eine Gutschrift für Arbeitnehmer und Pensionisten, die weniger als 11.000 Euro jährlich verdienen. Wer etwa 1000 Euro brutto im Monat hat, wird um 283 Euro entlastet – muss sich die Gutschrift aber im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung holen.

Familien mit Kindern werden extra bedacht. Konkret erhöht wird der Kinderfreibetrag – von 220 auf 400 Euro jährlich pro Kind (siehe Beispiele unten). Wenn beide Elternteile ein steuerpflichtiges Einkommen haben und beide den gesplitteten Kinderfreibetrag beantragen, steigen sie mitunter besser aus. Der gesplittete Kinderfreibetrag, der bisher bei 132 Euro liegt, wird auf 300 Euro pro Elternteil mehr als verdoppelt. Davon sollen berufstätige Mütter profitieren.

Die Entlastung erst später spüren Selbstständige. Sie rechnen die Einkommenssteuer erst im Nachhinein ab, die Entlastung wird für sie daher erst mit der 2017 fälligen Einkommenssteuer-Erklärung schlagend. Wer nicht so lange warten möchte, kann die Herabsetzung der quartalsweise fälligen Steuervorauszahlungen beantragen. Dafür reicht ein Schreiben über FinanzOnline.

Die Bundesregierung wollte die Steuerreform nicht mit neuen Schulden finanzieren, daher musste eine Reihe an Gegenfinanzierungen gefunden werden (z. B. Steuerbetrugsbekämpfung).

Der Nachteil ist freilich: Teile der Gegenfinanzierung, vor allem die neue Grunderwerbsteuer beim Erben und Schenken, aber auch die auf 30 Prozent erhöhte Steuer auf Immobiliengewinne, die teils höhere Mehrwertsteuer auf bestimmte Produkte oder die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung, fressen einen Teil der Entlastung wieder auf.

Besonders heiß diskutiert wurde die neue Grunderwerbsteuer beim Erben und Schenken. Bisher galt der dreifache Einheitswert der Immobilie als Bemessungsgrundlage – und darauf zwei Prozent Grunderwerbsteuer. Seit 1. Jänner wird der sogenannte "Grundstückswert" als Basis herangezogen.

Für die ersten 250.000 Euro Grundstückswert beträgt der Steuersatz 0,5 Prozent, für die nächsten 150.000 Euro 2,0 Prozent und darüber hinaus – also über 400.000 Euro – dann 3,5 Prozent.

Für die Berechnung des Grundstückswertes gibt es zwei Möglichkeiten: Ein "Pauschalwertmodell" nach einer komplexen Formel oder Werte aus einem Immobilienpreisspiegel: Bis Ende 2016 ist das jener der Wirtschaftskammer. Wer beides nicht will, beauftragt einen Gutachter. Das ist aber die teuerste Variante.

Für massive Kritik sorgt die Teuerung von Dienstwägen. Mit der Steuerreform steigen die Abgaben für Dienstnehmer und -geber. Die private Nutzung von Dienstautos mit einem -Ausstoß von mindestens 120 Gramm pro Kilometer wird teurer, der Sachbezug von 1,5 Prozent wird auf zwei Prozent der Anschaffungskosten angehoben. Der Sachbezug in der höchsten Stufe wird 960 statt wie bisher 720 Euro ausmachen. Die Arbeitnehmer mit Dienstauto zählen daher zu den Verlierern der Steuerreform. Nicht betroffen sind Lenker von Elektroautos, die steuerfrei sind.

Neu: Registrierkassa - Belege für Kunden

Ab Jänner müssen Firmen (ab 15.000 Euro Jahresumsatz, davon die Hälfte in bar) eine Registrierkassa haben und für jeden Einkauf einen Beleg ausstellen. Ausgenommen sind Geschäfte im Freien, Sport- und Kulturvereine oder Feuerwehrfeste. Betroffen sind Gastronomen, Ärzte, Taxifahrer, Physiotherapeuten, Anwälte, Notare, Bauern, Apotheker, Lebensmittel- oder Buchhändler. Auch Friseure, Fremdenführer und Masseure müssen einen Beleg ausstellen, auch wenn sie das einzelne Geschäft erst später in ihre Kassa eingeben können.

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