Steuern: Leitl will schon heuer beginnen

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl.
Der Wirtschaftsbund stellt sein eigenes Forderungspaket für die Steuerreform vor.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund trägt nun seine eigenen Ansichten zum Steuerstreit der Koalition bei: Die Organisation plädierte am Mittwoch dafür, mit der Steuerreform schon heuer zumindest zu beginnen. Obmann Christoph Leitl präsentierte dafür ein Forderungspaket. "Die Brückenbauer sind jetzt gefragt", sagte Leitl angesichts der verhärteten Fronten innerhalb der Koalition. Allerdings war auch er nicht bereit, von seiner grundsätzlichen Position abzurücken: Leitl plädiert dafür, die Steuerreform ausschließlich durch Einsparungen zu finanzieren, die von der SPÖ geforderte Gegenfinanzierung lehnt er ab: "Wir wollen weniger, aber nicht andere Steuern."

Kernpunkt des Konzepts: Die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent in drei Jahresschritten. Wobei Leitl der SPÖ insofern entgegenkommen würde, als die Entlastung aus seiner Sicht schon rückwirkend zum 1. Jänner 2015 beginnen könnte. Allerdings nur dann, wenn die bis dahin durchgeführten Einsparungen das ermöglichen. Ansonsten sollte die Reform Anfang 2016 in Kraft treten, unterstützte Leitl die Position von Parteichef Michael Spindelegger.

Der Obmann griff auch den "Bettelbrief" Spindeleggers an Millionäre - darunter Hannes Androsch, Ariel Muzicant und Christian Köck - auf, die sich via profil für höhere Vermögensteuern ausgesprochen hatten. Spindelegger lehnt, wie der KURIER berichtete, höhere Steuern darin ab und rät den Millionären stattdessen für Wissenschaft oder Entwicklungshilfe zu spenden (siehe unten). Leitl will dafür einen "Innovationsfonds" schaffen. Spenden an den Fonds sollen zu 20 Prozent steuerlich absetzbar sein.

Senken will Leitl außerdem die Lohnnebenkosten - und zwar um jeweils 500 Mio. Euro für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Noch heuer wirksam werden sollte aus seiner Sicht ein Steuerbonus für freiwillige Gewinnbeteiligungen: Bis zu einer Höhe von 1.000 Euro sollten derartige Ausschüttungen nur mit 25 Prozent statt mit dem vollen Lohnsteuersatz besteuert werden. Eine Gefahr für die Koalition sieht Leitl in der Steuerdebatte nicht. Denn zur Finanzierung der Reform müssten Bund, Länder und Gemeinden ihre Ausgaben um nur ein Prozent jährlich reduzieren: "Dann können wir die Diskussion über neue Steuern vergessen."

Positionspapier des Finanzministers

Eine Reform aber wird es geben, die Frage ist nur wann und wie. Spindelegger will zur Finanzierung 5,5 Mrd. Euro einsparen. Das geht jedenfalls aus einem Positionspapier hervor, aus dem die Kronen Zeitung zitiert. Ein Gutteil der Vorschläge - etwa die seit März fällige Förderreform - ist aber schon aus dem Regierungsprogramm bekannt. "Ambitionierter werden" will Spindelegger bei den Pensionen.

Spindelegger nennt in dem Positionspapier fünf "Beispiele für Reformen". Eine Verwaltungsreform soll demnach bis zu eine Mrd. Euro bringen. Die Maßnahmen sind bekannt und werden u.a. in der Aufgabenreformkommission besprochen: Ein Amt der Bundesregierung soll geschaffen, Überstandpersonal bei ÖBB, Post und Telekom sinnvoll eingesetzt und der Finanzausgleich (für die Zeit nach 2016) neu verhandelt werden.

SPÖ bleibt dabei

In puncto Vermögenssteuern jedenfalls will die SPÖ nicht abrücken. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer hat im Ö1-"Mittagsjournal" das SP-Reichensteuer-Modell ausgebreitet. Treffen soll sie die rund 80.000 Reichsten im Land, die mit einem Steuersatz von 0,1 bis 0,9 Prozent auf ihr Vermögen (alles über einer Mio. Euro) belastet werden sollen. Zusammen mit Erbschafts- und Schenkungssteuer soll das knapp zwei Mrd. Euro pro Jahr bringen.

Ich muss Ihren Wunsch nach einer weiteren Steuer, die Sie bezahlen wollen, ablehnen.“
Wer das sagt? Finanzminister Michael Spindelegger.

Der ÖVP-Chef schrieb einen Brief an reiche Österreicher, in dem er deren Ansinnen, Vermögenssteuern zu zahlen, zurück weist. Gut Betuchte – von Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer über Erste-Group-Chef Andreas Treichl bis zum Papierindustriellen Alfred Heinzel – haben sich kürzlich via profil zu einem Reichen-Obolus bekannt. Unternehmer Ronny Pecik etwa sagte: Gäbe es endlich eine Verwaltungs- und Steuerreform, würde er Vermögenssteuern zahlen: „Jeder sollte seinen Beitrag leisten.“ Immobilien-Unternehmer Ariel Muzicant wäre – im Gegenzug für niedrigere Lohnsteuern – für eine Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie „Anpassungen bei der Grundsteuer“.

Weihnachten & Ostern

Spindelegger hört all diese Angebote wohl, allein: Er nimmt sie nicht an – obwohl sie für ihn „als Finanzminister wie Weihnachten und Ostern zugleich“ seien. Warum er Nein sagt, erklärt er Treichl & Co in dem Brief, der dem KURIER vorliegt, so: „Gerade Sie (...) wissen, dass ein Unternehmen in finanzieller Schieflage nicht durch einen weiteren Kredit (er meint Vermögenssteuern, Anm.) gesunden kann. Sie kennen die Lage; und können sie einschätzen – Stichwort Schuldenberg, Hypo-Skandal, auslaufende Finanz- und Staatsschuldenkrise. Noch eine neue Steuer einzuheben (...), kann da nichts gutmachen. Und kann auch niemanden nachhaltig entlasten.Spindelegger erklärt den reichen Unternehmern, dass er statt Vermögenssteuern Reformen wolle: „Bei den Förderungen, den staatlichen Beteiligungen etc. Und es muss uns gelingen, dass die Menschen wieder länger in Beschäftigung bleiben, dafür müssen wir noch effektivere Anreize schaffen.“

Auf zu viel ihres Geldes will Spindelegger die Reichen aber auch nicht sitzen lassen. Er verweist auf amerikanische Milliardäre wie Warren Buffet und Bill Gates, „die sich über ihre Steuerleistung hinaus mit großen Summen für das Wohl der Gemeinschaft engagieren, indem sie die Forschung unterstützen“. Und so möchte er die heimischen Millionäre „herzlich einladen, eine ähnliche Tradition in unserem Land zu begründen“. Der ÖVP-Ressortchef bittet um Unterstützung für Forschungseinrichtungen wie das Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften, das IST Austria (Elite-Uni Gugging) und die Wiener Wirtschaftsuni. Zudem könnten die Adressaten auch „mit einer Zuwendung für die Arbeit an der Weiterentwicklung benachteiligter Regionen der Welt helfen, die humanitäre Tradition unseres Landes aufrecht zu erhalten“. Der Staat hat die Entwicklungshilfe ja bekanntlich gekürzt.

Was sagen die Empfänger zur Post vom Finanzminister?

Empörung

Der Industrielle Hannes Androsch ist empört, dass ihn Spindelegger auffordert, die Akademie der Wissenschaften zu sponsern. „Er sollte wissen, dass ich längst gespendet habe.“ Zehn Millionen Euro seien es gewesen, teilt Androsch dem KURIER mit. Auch Ariel Muzicant sagt: „Ich spende schon mein ganzes Leben lang erheblich, werde das auch in Zukunft tun.“ Unabhängig davon, dass eine Steuerreform vonnöten sei.

Gesundheitsökonom Christian Köck erinnert Spindelegger daran, dass „Investitionen in Bildung und Forschung zentrales Staatsziel“ seien. Es dürfe „nicht dem Geschmack reicher Leute überlassen werden“, was unterstützt werde – und was nicht.

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