Sprachförderung: Ruppige Annäherung

Claudia Schmied und Sebastian Kurz müssen sich in Sachen Deutschunterricht für Migranten noch aufeinander zubewegen. Dennoch besteht Hoffnung auf eine vernünftige Lösung.

Die Förderung von Kindern mit Sprachdefiziten in Vorschulklassen kann sich nun auch Claudia Schmied vorstellen - zumindest als Mosaikstein eines Gesamtkonzeptes, wie die Bildungsministerin im Ö1-Morgenjournal betonte. Die von Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz schon länger geforderte Sprachförderung außerhalb der regulären Klasse, von Kritikern oft als Gettoklasse bezeichnet, hatte Schmied bisher immer abgelehnt. Seit Rot-Grün in Wien aber genau diesen Weg eingeschlagen hat, zeichnet sich nun auch auf Bundesebene eine Annäherung ab.

Man arbeite an einem umfangreichen Gesamtkonzept, in dem die zusätzliche Förderung freilich nur die „Vorwegnahme eines Mosaiksteins“ sei und regionale Unterschiede berücksichtigt werden. Im städtischen Bereich, wo Sprachdefizite an manchen Schulstandorten oft geballt auftreten, vor allem bei Kindern aus ärmeren Familien und/oder jenen mit Migrationshintergrund, müsse man andere Maßnahmen setzen als am Land.

Keine Crashkurse

Sprachförderung: Ruppige Annäherung
Die Unterrichtsministerin will Deutsch aber nicht in Crashkursen unterrichten, sondern schon imKindergartenmit Sprachunterricht beginnen. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sei denkbar. Hinzu solle gezielte Förderung in derVolksschulekommen: Überbis zu fünf Jahre, wenn man die Vorschulklasse dazurechne. Auch die derzeit schon bestehende Möglichkeit,die ersten beiden Volksschulklassen in drei Jahrenzu absolvieren, will Schmied künftig stärker forcieren. Welche der beiden Varianten gewählt werde, solle an der jeweiligen Volksschule entschieden werden - unterstützt durch ein Kompetenzportfolio, dass durch die Kindergarten-Pädagogin erstellt wurde. Diese könnte eventuell auch beim Aufnahmegespräch mit dem Schuldirektor dabei sein. Es sei sinnvoll, nicht alle Kinder über einen Kamm zu scheren.

Ziel ist in jedem Fall die volle Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch im Alter von 10 Jahren. Nicht vernachlässigen dürfe man Quereinsteiger, für die Schmied die Mittel verdoppeln will. Bis zu 7000 Kinder kämen pro Jahr neu nach Österreich und in das Schulsystem.

Die Hoffnung auf ein brauchbares Gesamtkonzept ist berechtigt, da in dessen Ausarbeitung auch Praktiker mit Schulerfahrung eingebunden werden, sowie die renommierten Experten Hans-Jürgen Krumm vom Wiener Germanistik-Institut und Sprachwissenschaftler Rudolf de Cillia, einer der wichtigsten Befürworter des integrativen Konzepts und entschiedener Gegner dessen, was in den Medien als „Gettoklasse“ bekannt wurde.

"Ich wollte die Richtung anzeigen, um so ein bisserl aus den Schlagzeilen zu kommen", Bildungsministerin Claudia Schmied

Schmied wünscht sich für die Ausarbeitung des Programms Ruhe, und dass man mit diesem wichtigen Thema „ein bisschen aus den Schlagzeilen“ komme. Ein frommer Wunsch, zumal Sebastian Kurz regelmäßig auf eine bessere Förderung von Deutsch bei Migranten pocht und ihm entsprechende Resonanz in den Medien gewiss ist. So auch heute: Auf Schmieds Annäherung folgte eine Forderung von Kurz, nämlich dass Deutsch als Voraussetzung für den Schuleintritt gesetzlich festgeschrieben wird. Ein "medialer Schnellschuss", wie die Ministerin verärgert feststellte. Ihr gehe es dagegen um ein "seriöses Konzept".

Doch auch sie zeigt sich hinsichtlich einer Gesetzesänderung nicht ablehnend. Es könne schon sein, dass es nach Ausarbeitung eines Konzepts zu gesetzlichen Maßnahmen komme. Welche das sein könnten, sagte die Ministerin freilich nicht. Details des Programms will sie im März vorlegen.

Kommentare