SPÖ-Spitze kommt Kritikern einen Schritt entgegen

Ostermayer, Bures, Faymann,Steßl und Stöger am Wahlsonntag
Der Bundesparteivorstand wird nach Antrag der Jugendorganisationen um eine Woche auf den 9. Mai vorverlegt.

[Update: 13:48]

Die Parteispitze der SPÖ ist den parteiinternen Kritikern offenbar entgegen kommen. Zumindest der für den 17. Mai geplante Bundesparteivorstand wird nach dem SP-Debakel bei der Bundespräsidenten-Wahl früher abgehalten. Das Gremium wird nun am 9. Mai tagen. Die Einladungen dafür würden noch am Freitag verschickt, teilte SPÖ-Kommunikationschef Matthias Euler-Rolle mit.

Nach den Statuten hat jede Organisation das Recht, einen Vorstand zu beantragen. Die Jugendorganisationen haben einen entsprechenden Antrag statutengemäß gestellt, berichtete Euler-Rolle. Die Bundespartei müsste dem binnen eines Monats nachkommen. Man habe sich aber bemüht, einen früheren Termin zu finden. "Wenn es geht, versucht man es möglich zu machen", ging der Kommunikationschef einen Schritt auf die parteiinternen Kritiker zu.

Zuvor hat Sabine Oberhauser am Donnerstagabend in der ORF-"ZiB2" gesagt, für einen früheren Termin bereit zu stehen. Die Chefin der Sozialistischen Jugend (SJ), Julia Herr, hatte eine schnellstmögliche Einberufung des Bundesparteivorstands gefordert. Der geplante Vorstand in drei Wochen sei ohne Zweifel zu spät, um beispielsweise ernsthaft über eine Wahlempfehlung für Alexander Van der Bellen zu diskutieren.

Termin für Parteitag noch unverändert

Das Entgegenkommen der SPÖ-Spitze betrifft aber nicht den Bundesparteitag, der laut Faymann wie geplant im Herbst, von 11. bis 13. November, stattfinden soll. Eine Vorverlegung, wie sie etwa Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser vorgeschlagen hatte, erteilte gestern auch Oberhauser eine Absage. "Das Herzstück der Partei ist das Programm, dafür brauchen wir auch Zeit", meinte sie.

Stöger rechnet mit Wiederwahl Faymanns

Sozialminister Alois Stöger steht indes felsenfest hinter seinem Chef. Er rechne damit, dass auch der nächste Parteivorsitzende der Sozialdemokraten Faymann heißen wird. "Davon gehe ich aus", sagte er am Freitag, am Rande einer Pressekonferenz.

Die von mehreren hochrangigen Funktionären geforderte Vorverlegung des Parteitags, der regulär im November stattfinden soll, ist für ihn eine "theoretische technische Frage": "Es geht darum, den Kopf anzustrengen, die Emotionen zu bekommen, damit wir die Wählerinnen und Wähler zurückbekommen, damit wir Energie für unsere sozialdemokratischen Ziele haben. Das ist der wichtigste Punkt."

as die innerparteiliche Debatte rund um Bundesparteichef Faymann anbelangt, so betonte er heute: "Ich denke, dass es keinen Sinn macht, Personaldiskussionen zu haben. Es geht eher darum zu sagen, wie gewinnen wir die Wählerinnen und Wähler mit unseren Inhalten zurück." Für Stöger ist Faymann jedenfalls der richtige Mann an der Parteispitze: "Für mich ist er der gewählte Vorsitzende der Partei. Der ist gewählt und daher ist er es."

Nach verlorener Wahl, nein nach der größten anzunehmenden Schlappe, hatte Bundeskanzler Werner Faymann noch ein Argument gegen eine drohende Debatte um seine Person: Der mehrfache Wechsel des ÖVP-Chefs habe dieser nichts gebracht. Ja, das hatte etwas. Aber in der SPÖ werden inzwischen nicht mehr die Für und Wider eines Wechsels in der Führung abgewogen, da herrscht inzwischen die Panik, dass die Sozialdemokratie schnell die Regierungsmacht verlieren könnte, und Machtfragen waren in der SPÖ immer vorherrschend. Ein Parteichef muss nicht beliebt sein, aber wenn er Mandate kosten oder gar die Bedeutung der Partei gefährden könnte, wird es ganz eng.

Werner Faymann, von manchen durchaus als Stehaufmännchen der Innenpolitik bewundert, machte auch in schwierigen Zeiten, also nach Wahlniederlagen, oft einen entspannten Eindruck. Denn er konnte sich sicher sein, dass keine Königsmörder in der Umgebung waren, sollten auch Parteifreunde bereit sein, den roten Purpur zu übernehmen. Aber hier hat sich innerhalb weniger Stunden die Lage grundsätzlich geändert. Erst am Dienstag hatte der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl, einer der wenigen verbliebenen Genossen mit Einfluss, dem Parteichef via Medien eine Atempause ausgerichtet – so etwas wäre früher auch anders gelaufen. Aber auch Häupl ist nicht mehr, was er einmal war, nämlich eine unumschränkte Autorität in der Partei. Und so brach am Mittwoch eine Debatte über eine Vorverlegung des Parteitags aus, eine verschämte Initiative, über eine neue Führung nachzudenken. Die SPÖ ist also inzwischen so tief im Selbstverständnis und ihren Traditionen erschüttert, dass auch brave Genossen nicht mehr zu den Autoritäten aufblicken. Die Revolte von unten hat begonnen, das Publikum innerhalb und außerhalb der Partei wartet darauf, ob sie eingefangen werden kann.

Die Zukunft der Partei ist völlig offen

Aber auch eine neue Parteiführung käme nicht um rasche Entscheidungen herum, wie sich die SPÖ in zentralen Fragen positioniert. Also zunächst: Wie hält es die SPÖ mit der FPÖ? Da ist Kanzler Faymann mit dem Großteil der Wiener SPÖ dem strikten Nein von Franz Vranitzky gefolgt. Die Burgenländer sehen das inzwischen anders, das wird ein heftiger Streit. Der Umgang mit Flüchtlingen und Zuwanderern ist ebenso umstritten wie der offene Arbeitsmarkt in der EU. Die "solidarische Hochleistungsgesellschaft" von Kurzzeit-Kanzler Alfred Gusenbauer ist in Vergessenheit geraten, aber wie die SPÖ in der künftigen, von Robotern dominierten "Industrie 4.0" Jobs schaffen und den Sozialstaat erhalten will, wird jetzt gar nicht mehr diskutiert.

In der zutiefst verunsicherten SPÖ führen nicht mehr die Granden, sondern die "Schwarmintelligenz" der Basis Regie. Vielleicht versucht Faymann, diese mit einer Regierungsumbildung milde zu stimmen. Oder er marschiert mit neuen Personen und neuem Programm doch in einen vorverlegten Parteitag.

(Helmut Brandstätter)

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