Wo das Bundesheer sparen soll

Bundesheerangelobung auf der Kaiser Franz Josef Höhe am Großglockner
Generäle und Gewerkschafter reagieren fassungslos auf Vorschläge der Finanz.

Offiziell ist zwar nicht mehr von Einsparungen beim Bundesheer in der Höhe von 63 Millionen die Rede, sondern „nur“ mehr von 45 Millionen Euro. Im Generalstab wird das als ein erster persönlicher Verhandlungserfolg von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) gewertet, der sich heftig gegen das von ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger verordnete Sparpaket wehrt.

Wo das Bundesheer sparen soll
Doch der Ärger geht weiter: Bis Ende Februar müssen die Teams des Finanz-Sektionschefs Gerhard Steger und des Generalstabschefs Othmar Commenda die Einsparungs-Details ausgearbeitet haben. Kein leichtes Unterfangen.

Auch 45 Millionen sind kein Pappenstiel. Das im Vergleich ohnehin bescheiden dotierte Bundesheer hat für den Zeitraum 2009 bis 2016 durch diverse Abschläge bereits 1,7 Milliarden Euro vom früheren Budget verloren.

Sprengstoff

Steger legte nun eine neue Einsparungsliste vor. Im Punkt „Streichung verlängerter Dienstpostenplan“ sieht Bundesheergewerkschafter Wilhelm Waldner politischen Sprengstoff, denn das geht auf die Geldbörsen der Soldaten. Die hatten bis jetzt eine 41-Stunden-Woche. Die Streichung einer Stunde soll 16 Millionen bringen.

Gestrichen wird aber auch die Truppenzulage für jene, die in höhere Kommanden aufsteigen. Waldner sieht nicht ein, dass ein beruflicher Aufstieg mit einem finanziellen Verlust verbunden sein soll und warnt: „Dann sind wir im Bund nicht mehr konkurrenzfähig.“ Durchgesickert sind auch angebliche Absichten, Vertragsbedienstete, die jünger als 50 Jahre sind, zu kündigen. Bei den kommenden Personalvertretungswahlen fürchten Gewerkschafter eine FPÖ-Mehrheit im bisher ÖVP-dominierten Ressort.

Auch die Generäle sind fassungslos. Laut der Steger-Liste sind die drei Heeres-Spitäler in Wien, Graz und Innsbruck sofort zu schließen, was sich mit einer Einsparung von 15,3 Millionen zu Buche schlagen würde. Sollen die 1100 Bediensteten der Sanitätsversorgung auf die Straße gesetzt werden? Wer versorgt die 30.000 Rekruten?

Auf totales Unverständnis stößt auch die angebliche Einsparung von 1,3 Millionen durch die Zusammenlegung der Heeresbild- und Filmstelle mit dem Bundespressedienst. Drei Fotografen wurden versetzt. Die anderen brauche man aber als Bild-Soldaten für Einsätze. Auch dass die Zusammenlegung der Entminungsdienste eine jährliche Kostenersparnis von 300.000 Euro bringen soll, versteht beim Heer niemand. Denn die Entminungsexperten des Innenministeriums wurden erst zum Heer versetzt.

Abschaffung

Im Generalstab jagt eine Klausur die nächste. Die Offiziersgesellschaft wittert den Willen der Politik zur Abschaffung des Bundesheeres. Eine Sprecherin des Finanzministeriums beruhigt. Es handle sich nur um Vorschläge, wie man zu einem niedrigen Gesamtbetrag komme. Wo wirklich eingespart wird, entscheide jeder Minister in eigener Verantwortung.

Afrika- und Kosovo-Einsatz: Commenda nicht in Brüssel

Die EU-Außenminister haben eine EU-Militärmission nach Zentralafrika beschlossen. Bis zu 1000 Soldaten sollen in den nächsten Wochen für mindestens sechs Monate entsandt werden. Für den Einsatz wird ein UNO-Mandat erwartet. „Wir stehen vor einer politischen und humanitären Notlage“, sagt Schwedens Außenminister Carl Bildt. Befürchtet werden Massaker zwischen Muslimen und Christen, Hunderttausende sind auf der Flucht. Außenminister Kurz ließ offen, ob sich Österreich an der Mission beteiligen werde. Gespräche zwischen Kurz und Verteidigungsminister Klug laufen.

Absage aus Wien

Vordringlich ist derzeit die Entscheidung über eine Aufstockung der österreichischen Kosovo-Truppe. Am Mittwoch findet dazu eine hochrangige NATO-Konferenz in Brüssel statt. Von Österreich wird eine Antwort erwartet, doch Generalstabschef Othmar Commenda hat die Teilnahme aus Termingründen abgesagt, wurde dem KURIER bestätigt.

Die Wehrpflicht-Volksbefragung ist rund ein Jahr her, die Sparpläne beim Heer traten nun wieder eine Debatte los. Grund genug für den Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, einmal mehr eine große Reform des Bundesheers zu fordern. Andernfalls müsse man das Bundesheer zusperren, bekräftigte Pilz bei einer Pressekonferenz.

"Es gibt keine Bundesheer-Reform", bilanzierte Pilz, das Heer sei "derzeit in der Situation der Dinosaurier kurz vorm Aussterben". Die Reform der Wehrpflicht bestehe derzeit aus WLAN in einigen Kasernen, gratis T-Shirts und Schlapfen bei der Stellung sowie einer geringfügigen Anhebung der Schießübungen. Im Laufe des Jahres 2014 müsse die Frage der Reform des Bundesheers und der Wehrpflicht positiv beantwortet werden oder er werde ein Zusperren verlangen, meinte Pilz.

Sparpotenzial

Für eine Reform nach seinen Vorstellungen brauche es ein "vernünftiges" Sparpaket. In diesem Zusammenhang forderte der Abgeordnete unter anderem einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag, den Verkauf von wertvollen Liegenschaften in städtischer Lage (z.B. Maria-Theresien-Kaserne) und die Abschaffung nicht mehr benötigter schwerer Waffensysteme (Artillerie, Kampfpanzer). Auch eine Abschaffung der Wehrpflicht hat Pilz immer noch auf seiner Wunschliste.

Die anstehenden Einsparungen seien zu wenig, findet Pilz, aber man solle "richtig sparen", sodass man auch notwendige Investitionen tätigen könne. Er habe etwa "kein Verständnis" dafür, dass man nicht einmal mehr gebrauchte Black Hawk-Hubschrauber kaufen könne.

Im Zuge der aktuellen Diskussion um Auslandseinsätze des Bundesheers sprach sich Pilz dafür aus, die Kosovo-Mission aufzustocken. Für Afrika-Mandate hingegen sind aus seiner Sicht gewisse Voraussetzungen nicht gegeben.

Kommentare