SP-Bruderkrieg nach Heer-Debakel

SP-Bruderkrieg nach Heer-Debakel
Wiens Bürgermeister reagiert nach der Schlappe bei der Heeresbefragung auf parteiinterne Kritik.

Fünfeinhalb Wochen vor der Wahl in Niederösterreich, dem größten Land mit den meisten Stimmberechtigten, herrscht Krieg – nicht zwischen Rot und Schwarz, sondern zwischen den niederösterreichischen und den Wiener Genossen. Niederösterreichs SPÖ-Chef Josef Leitner hat sich erlaubt, Wiens SPÖ-Chef Michael Häupl zu kritisieren. Dieser hatte als Erster auf einen Volksentscheid zum Thema Wehrpflicht gedrängt – und für ein Berufsheer plädiert. Die Bürger votierten mehrheitlich dagegen.

Häupl habe dieses Thema „genauso missbraucht wie Erwin Pröll“, befand Leitner im KURIER. Er solle „allfällige Themen für Volksbefragungen auf das Wiener Stadtgebiet beschränken“. Mehr hat Leitner nicht gebraucht. Häupl und Co. schießen scharf zurück. Sie attestieren ihm blanke Nerven – und indirekt, ein Nichtskönner zu sein. „Freund Leitner“ hätte (seit Häupls Berufsheer-Vorstoß 2010, Anm.) ausreichend Zeit gehabt, ihm das zu sagen, grollt der Bürgermeister. Böser Nachsatz: „Ich werde mich in seinen mit Sicherheit kreativen und hoffentlich auch erfolgreichen Wahlkampf in keiner Weise einmischen.“

SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch formuliert es so: Ob dieses „sinnlosen Rundumschlags“ müsse die Ausgangslage vor der niederösterreichischen Wahl wohl schlecht sein. „Ist es nötig, einen höchst erfolgreichen SP-Landeshauptmann anzupatzen, weil im eigenen Land nichts weitergeht?“

„Bizarre Attacke“

Landtagspräsident Harry Kopietz verweist auf das „unterdurchschnittliche Ergebnis“, das Leitner bei der vergangenen Landtagswahl erzielt habe. Ergo solle sich dieser auf die jetzige Wahl konzentrieren und an den „unvergleichbar erfolgreicheren Wahlkämpfen“ der Wiener SPÖ orientieren. „Vielleicht hilft's was.“ Für Kopietz oszilliert Leitner quasi zwischen Gfrast und Patscherl. „Eine Mischung aus Ärger und Mitleid“ wegen der „bizarren Attacke“ empfindet er für ihn.

Auch die rote Vizebürgermeisterin Renate Brauner sekundiert Häupl: „Als Mitglied von Parteipräsidium und Parteivorstand kann ich sagen, dass die Linie einhellig beschlossen wurde. Das Thema wurde in den höchsten SPÖ-Gremien mehrfach und ausführlich diskutiert. Somit tragen auch alle miteinander die Verantwortung.“

Leitner beeindrucken die verbalen Salven nicht. „Ich bleibe bei meiner Kritik“, sagt er dem KURIER. Dass er bisher geschwiegen habe, stimme nicht: „Ich habe mich mehrfach kritisch im Parteipräsidium geäußert.“ Es sei schlicht „unklug, in zeitlicher Nähe zu Landtagswahlen eine Volksbefragung abzuhalten – im Sog von Wahlen ist zu viel Emotion im Spiel.“ Zudem halte er „für problematisch, wenn sich einige wenige ohne breitere Diskussion etwas miteinander ausmachen – und der Rest der Partei muss dann mit. Dazu zähle ich eben Michael Häupl, der sich – unter anderem mit Erwin Pröll – immer wieder Dinge ausmacht, die die Masse mitzumachen hat. Das geht in Zukunft einfach nicht.“

„Abrüstung der Worte“

Was sagt die Bundespartei zur Schlacht der Genossen? Ist das nicht Harakiri zu Beginn des Superwahljahres? Geschäftsführer Günther Kräuter zum KURIER: „Ich appelliere an alle, abzurüsten. Man sollte sehr sensibel bei der Wortwahl sein.“ Und neidvoll Richtung Anti-Wehrpflicht der ÖVP: „Man sieht, Geschlossenheit ist eine entscheidende Voraussetzung, um zu gewinnen. Ich bin überzeugt, dass sich das einstellen wird.“

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