Mindestsicherung: Gutachten gegen Kürzung für Flüchtlinge

Stöger: Mindestsicherung bedeute "mindest, darunter ist schwierig".
Sozialminister Stöger fühlt sich bestätigt. VP-Klubchef Lopatka sieht dies wegen "Sonderlage" anders.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) kritisiert die Kürzungspläne der oberösterreichischen Landesregierung bei der Mindestsicherung. Dies wäre mit internationalem, österreichischem und europäischem Recht nicht vereinbar, erklärte Stöger am Mittwoch vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten. VP-Klubchef Reinhold Lopatka hingegen sieht keine Rechtswidrigkeit, sondern die Reaktion auf eine Sonderlage.

Schwarz-Blau präsentierte in Oberösterreich am Dienstag ein Modell für die Mindestsicherung, wonach Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte nur mehr 365 Euro plus einen an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 - also in Summe 520 - statt wie bisher 914 Euro Mindestsicherung bekommen sollen. Aus Stögers Sicht sind diese Pläne nicht vereinbar mit internationalem und österreichischem Recht.

Stöger: "Möchte Österreich Slums in Städten ersparen"

Mindestsicherung bedeute "mindest, darunter ist es schwierig", sagte Stöger. Diese sei eingeführt worden, damit Menschen Obdach und Nahrung haben und leben können. Menschen sollen damit vom Rand in die Mitte der Gesellschaft geholt werden: "Ich möchte Österreich Slums in Städten ersparen." Er kenne keine Aussage des Regierungspartners ÖVP, wonach dieser das anders sehe, stellte der Ressortchef weiters fest. Mit den Sozialreferenten der Bundesländer sei bereits besprochen, dass die 15a-Vereinbarung für die Mindestsicherung fortgesetzt werden soll.

Lopatka: Problem in Wien werde anwachsen

Mindestsicherung: Gutachten gegen Kürzung für Flüchtlinge
ABD0058_20151125 - WIEN - ÖSTERREICH: ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka während einer Nationalratssitzung zum Thema "Haushaltsentwürfe" am Mittwoch, 25. November 2015, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka geht anders als Stöger davon aus, dass die oberösterreichische Position bei der Mindestsicherung hält und diese schließlich auch von anderen Bundesländern übernommen wird. Das Problem im rot-grün regierten Wien hingegen werde "anwachsen" und wenn Stöger diese Position unterstütze, erweise er dem Thema insgesamt keinen guten Dienst. Zum Glück handle es sich aber um Länderkompetenz, meinte Lopatka.

Der "Massenansturm" an Flüchtlingen stelle eine "Sonderlage" dar: "Ich gehe davon aus, dass eine Sonderlage besondere Maßnahmen zulässt und das Gutachten den Tatbestand der Sonderlage rechtlich würdigt", meinte Lopatka zu dem ebenfalls erwarteten Gutachten zur Mindestsicherung. Die Mindestsicherung sei nicht mehr das, als das sie geplant gewesen sei. Mittlerweile handle es sich um eine Leistung, von der Migranten leben, meinte Lopatka. Dies sei "kein Vorwurf", sondern Fakt. Es sei daher "gerechtfertigt, darauf zu reagieren". Die Pläne Oberösterreichs seien daher "nicht rechtswidrig", so der Klubchef.

Was steht im Gutachten?

Zu der von der ÖVP geforderten Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge hat Stöger nun das Gutachten des Sozialrechtlers Robert Rebhahn vorgelegt. Stöger fühlt sich dadurch bestätigt.

Die Statusrichtlinie der EU verlange in Bezug auf Sozialhilfe und medizinische Versorgung bei Flüchtlingen die Gleichbehandlung im Verhältnis zu Staatsbürgern, in Bezug auf den Zugang zu Wohnraum und die Freizügigkeit im Aufnahmeland nur jene im Verhältnis zu Drittstaatsangehörigen, so die Passage in dem fast 150-seitigen Papier, auf die das Sozialministerium besonders hinweist. Bezüglich der Mindestsicherung ist für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte die Gewährung von Sachleistungen wie für Staatsbürger zulässig; bei der Unterkunft auch dann, wenn dies bei Staatsbürgern nur ausnahmsweise erfolgt.

Auch Kürzungen bei "beharrlichem Verweigern" von "Erwerbs- und Integrationsbemühungen" sind laut dem Rebhahn-Papier erlaubt, aber nur in jenem Ausmaß, wie das bezüglich Erwerbs- und Ausbildungsbemühungen für Staatsangehörige gilt. Zur Residenzpflicht, mit der Stöger den Zustrom von Flüchtlingen in die großen Städte abschwächen will, heißt es, diese sei "bei Vorhandensein eines migrationspolitischen Interesses" zulässig, insbesondere nach einem verhältnismäßig großen Zustrom innerhalb kurzer Zeit. Als Sanktion ist eine Kürzung der Mindestsicherung erlaubt.

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