Schnitzelkaiser Figlmüller für "Zinshaussteuer"

Qualitätskontrolle der beiden Chefs: 40 Sekunden lang wird das Schweinskarree für das Figlmüller-Schnitzel geklopft, 30 Sekunden gebacken, und die Erdäpfel schält man im Haus – seit mehr als 100 Jahren.
Die Figlmüllers führen ihre Betriebe in 4. Generation. Bei aller Tradition würden sie politisch aber manches ändern.

Als die Brüder die Baustelle inspizieren, hängt grauer Staub in der Luft. "Wir hom grod de Deck’n owebroch’n", sagt ein Arbeiter.

Über den erdigen Boden laufen armdicke Stahlträger, aus den Wänden hängen Kabel in bunten Farben. Wo auf kniehohen Haufen Bauschutt liegt, wo Handwerker ihre Bohr-Hämmer ausgebreitet haben, werden in wenigen Wochen Tische stehen. Fein gedeckt, mit essenden, trinkenden Menschen daran.

Wir sind im Erdgeschoß des Regensburger-Hofes am Wiener Lugeck. Die Brüder heißen Thomas und Hans, sie sind 35 und 39 Jahre alt und Geschäftsführer der gleichnamigen Schnitzelmanufaktur, des "Figlmüller".

Wo im 15. Jahrhundert Regensburger Kaufleute bei einem Bier zusammensaßen, wollen die beiden jetzt einen Familien-Traum wahrmachen: Es soll ein neues Lokal entstehen. "Schon als ich ein Bub war, hat Oma auf das Geschäftslokal gezeigt und gemeint: ,Das wär’ ein toller Platz für ein Gasthaus."

Dazu muss man wissen: Fehlender Platz hat die Figlmüllers zeitlebens beschäftigt. Denn obwohl das Wirtshaus zur bekanntesten Schnitzel-Adresse der Stadt wurde, wuchs das Stammhaus nicht mit dem Ruf. 70 Sitzplätze, mehr wurden’s nicht. 2001 kam ein neues Lokal in der Bäckerstraße dazu, das ja.

Trotzdem stehen Touristen wie Einheimische bis heute auf die Straße Schlange, um einen Tisch zu ergattern. "Das Expandieren blieb in der Familie immer Thema", sagt Thomas. Jetzt soll es wieder passieren.

Aber wie ist es eigentlich, in der Großstadt ein neues Lokal zu eröffnen? Wie ist das mit all den Genehmigungen, mit den Ämtern und Beamten? "Die Behörden sind bei solchen Projekten nicht das Problem", antwortet Thomas. "Wenn man die Beamten frühzeitig einbindet, offen verhandelt und auch bereit für Kompromisse ist, dann klappt das."

Kein Meckern

Das sieht auch Hans so: "Wer über Österreichs Bürokratie meckert, sollte probieren, in Spanien ein Bankkonto zu eröffnen oder in Miami eine Wohnung zu mieten. Da brauchst du Bürgschaften, Gehaltsnachweise, und und und." Er wolle die Bürokratie nicht über Gebühr loben, aber: "Am Wiener Flughafen bekommt man binnen Minuten einen Notpass. 75 Euro, der Beamte macht ein Foto und wenn der Check-in noch zehn Minuten offen hat, schaffst du’s in die Maschine. Wo sonst gibt’s das?"

Weit lähmender, sagen die beiden, sei für Unternehmer die Frage der Finanzierung. "Früher bist du mit einer Geschäftsidee und einem Business-Plan zur Bank gegangen, hast den Kredit beantragt und im Idealfall gemeinsam ein Projekt durchgezogen", sagt Hans. Heute sei das unmöglich.

"Banken finanzieren keine Ideen mehr. Wenn wir heute einen Kredit über 100.000 Euro wollen, müssen wir 60.000 Euro selbst haben, und die restlichen 40.000 bekommen wir nur, wenn wir für 120.000 Euro Haftungen übernehmen. Frei nach dem Motto: Es könnt’ ja so viel schiefgehen."

Deshalb musste die Gruppe, also alle Restaurants zusammen, haften, um das neue Lokal "Lugeck" zu finanzieren. "Ohne die anderen Betriebe wäre der neue erst gar nicht möglich gewesen."

Apropos Betriebe: 200 Mitarbeiter haben die Figlmüllers mittlerweile in all ihren Betrieben.Was man im Staate Österreich dringend verändern, verbessern muss, hat Hans erst vor wenigen Tagen eine verdiente Küchen-Mitarbeiterin vor Augen geführt: "Sie hat zu mir gesagt: ,Herr Figlmüller, ich bin seit 29 Jahren im Unternehmen, hab zur Jahrtausendwende 11.000 Schilling verdient und davon konnte ich mir Wohnung, Auto und die Schullandwoche für die Kinder leisten. Heute verdiene ich 1200 Euro, also sogar mehr als der Kollektiv-Vertrag – und trotzdem geht sich alles miteinander nicht mehr aus.‘ Der Reallohn ist zu wenig wert , und von Erhöhungen beim Brutto-Lohn bleibt netto nichts übrig."

Wie so viele Unternehmer stört die Figlmüllers die Höhe der Lohnnebenkosten. Und nicht nur die: Überhaupt stimme die Verteilung von Steuern und Abgaben nicht.

Lob für den Sozialstaat

Sollte Arbeit anders besteuert werden als etwa der Besitz von Zinshäusern? "Absolut", antwortet Hans Figlmüller. Wie sein Bruder ist er überzeugt, dass am Sozialstaat festgehalten werden soll ("Das ist eine Errungenschaft, davon profitieren alle"). Gleichwohl müsse das Geld für die staatlichen Ausgaben anders beschafft werden. "Ein Zinshausbesitzer schafft durch seinen Besitz keinen einzigen Job. Wir als Unternehmer tun das sehr wohl – und das müsste steuerlich mehr honoriert werden."

Hans Figlmüller würden solcherart selbst Vermögens- oder höhere Kapitalertragssteuern nicht stören. "Wenn im Gegenzug die Lohnnebenkosten sinken, kann ich mir das gut vorstellen." Auch, wenn dafür vom Sparbuchgewinn noch weniger bleibt? "Wir haben nichts am Sparbuch und keine Aktien. Wir stecken alles in die Betriebe", sagt Figlmüller. "Oder in neue Projekte."

Figlmüller - Vom Weinhaus zur Wiener Schnitzel-Institution

Schnitzelkaiser Figlmüller für "Zinshaussteuer"
Die Brüder Thomas und Hans junior Figlmüller, Erben des gleichnamigen Gastro-Familienunternehmens, über das Dasein gastronomischer Jungunternehmer. Wien, 19.08.2014
Geschichte 1905 gründete Urgroßvater Johann Figlmüller in der Wiener Wollzeile; ein kleines Weinhaus. Dieses bot 80 Sitzplätze, eine Speisekarte mit ausgesuchten Hauerweinen und vor allem das Figlmüller-Schnitzel. Heute verarbeiten die beiden Stamm-Betriebe 50 Tonnen Schweinefleisch pro Jahr. Der Figlmüller gilt insbesondere bei Touristen als „die“ Location, um ein Schnitzel zu genießen. Das echte Figlmüller-Schnitzel ist also aus Schweine- und nicht Kalbfleisch. Die Schnitzel messen rund 34 cm im Durchmesser und werden insgesamt nur 30 Sekunden lang in drei verschiedenen Pfannen gebacken.

Alle Teile der Serie "So wird Österreich noch besser" finden Sie hier.

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