„Sigi, mach’ du den Spitzenkandidaten“

Stronach wollte im Wahlkampf Freund Wolf zum Frontmann machen
Stronach & Co.Ein Sammelband enthüllt bizarre und heitere Hintergründe des Wahlkampfs 2013

Er war verzweifelt, ein wenig zumindest, und deshalb machte Frank Stronach seinem Vertrauten ein ungewöhnliches Angebot.

Es war Anfang September, und der Austro-Milliardär hatte die ersten TV-Debatten verpfuscht. Entgegen der landläufigen Meinung wusste der Parteigründer zu diesem Zeitpunkt längst, dass er im Fernsehen nicht funktionierte. Was aber tun?

In letzter Not rief er Spezi Sigi Wolf an. „Mach du den Spitzenkandidaten, du bist besser!“ Mehrmals traf Stronach den Top-Manager, doch Wolf sagte immer ab. „Die Bundesliste ist fix, ich kann gar nicht auf Platz 1 gehen“, antwortete Wolf; außerdem seien seine Verträge in Russland nicht so schnell kündbar. „Ich kann nur in Inseraten für dich werben“, sagte Wolf. So kam es. Der Rest ist Wahlkampf-Geschichte.

Es sind Anekdoten wie diese, die Autor Thomas Hofer in den vergangenen Wochen zusammentrug. Gemeinsam mit Falter-Journalistin Barbara Tóth hat der Ex-Journalist und Politik-Berater einen Sammelband herausgebracht, der den Nationalratswahlkampf aus ungewöhnlichen Perspektiven zeigt. Die teils analytischen, teils essayistischen Texte in „Wahl 2013“ (LIT-Verlag, 24,90 Euro) stammen von 22 recht unterschiedlichen Autoren.

Da ist etwa Tillmann Fuchs. In einem sehr offenen Text erklärt der ehemalige Wahlkampfleiter des Teams Stronach, warum die Kampagne schiefging. Für Fuchs ist Stronach eine Mischung aus Robbie Williams („Irgendwie kann man ihm nichts übel nehmen, egal, welche Unverschämtheit er seinem Publikum entgegenschleudert“) und Robin Hood („Ein Underdog“), der die TV-Duelle sträflichst unterschätzte.

Gleichermaßen launig wie kritisch ist der Befund des deklarierten Reaktionärs und FPÖ-Insiders Lothar Höbelt. Laut Höbelt machte die FPÖ im Wahlkampf aus einer Not eine Tugend („Sie verkaufte Langeweile als Zeichen der Mäßigung und Läuterung“). Abgesehen davon sei es Strache höchst anzurechnen, „dass er – gegen die Instinkte der Blinddarmfraktion unter seinen Funktionären – in den Duellen mit Bucher nicht nur Contenance bewahrte, sondern geradezu freundlich wirkte“.

Bleibt noch auf Karel Schwarzenberg hinzuweisen. Der Außenminister der tschechischen Republik erklärt, warum für ihn die Neos die glaubhafteren Bürgerlichen sind; warum er – zur Kränkung Spindeleggers – immer wieder verlautbart, dass sich der ÖVP-Chef mehr für die Partei denn für das Außenministerium interessiert; und warum er, Schwarzenberg, der „seit Figl alle Kanzler kannte“ behaupten kann, dass in Österreich noch nie „so eine schwache Partie“ am Ruder war wie heute.

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