Kurz im Visier: Viel Ehr’, viel Feind’

Der beliebte Minister im Fadenkreuz der SPÖ und argwöhnisch beäugt in der ÖVP.

Außenminister Sebastian Kurz genießt bei der Bevölkerung sehr viel Vertrauen, OGM hat in seinem Vertrauensindex im Jänner 2016 erneut einen Rekordwert für Kurz gemessen.

Der ÖVP-Jungstar hat sich diese Vertrauenswerte selbst erarbeitet, sagt OGM-Forscherin Karin Cvrtila. "Als er Integrationsstaatssekretär wurde, haben viele gesagt: Er ist zu jung, er schafft das nicht. Dann schaffte er es doch, und seine Werte stiegen. Als Kurz Außenminister wurde, wiederholte sich dieses Spiel. Wieder herrschte Skepsis, und wieder hat sich Kurz von sieben Prozent hinauf gearbeitet."

Kurz im Visier: Viel Ehr’, viel Feind’

Viel Ehr’ bei der Bevölkerung schaffen offenkundig viele Feinde in der Politik. So macht die SPÖ Kurz bei jeder Gelegenheit haftbar, wenn abgewiesene Asylwerber nicht abgeschoben werden können. Dem KURIER liegt ein Mail vor, in dem SPÖ-Generalsekretär Gerhard Schmid einem Bürger (Name der Redaktion bekannt) schreibt: Die Rückführung "geschieht jetzt nur schleppend, da Österreich aktuell nur mit wenigen Ländern über sogenannte Rückführungsabkommen verfügt. In diesem Zusammenhang ist Außenminister Kurz mehr denn je gefordert, rasch zu Verhandlungsergebnissen zu kommen". Die SPÖ kampagnisiert dieses Argument seit Wochen wider besseres Wissen. Deutschland hat nur zwei Abkommen mehr. Abgesehen davon ist in der EU vereinbart, dass die Union mit ihrem Gesamtgewicht solche Abkommen aushandeln soll, und nicht einzelne EU-Staaten.

Der Kurz-Fanclub in der ÖVP vermutet, dass die SPÖ Kurz als Gefahr für Kanzler Werner Faymann betrachte. Die Diskrepanz im Vertrauen lasse den Kanzler schlecht aussteigen, daher versuche die SPÖ, das Image des Außenministers zu ramponieren.

Faymann-Werte steigen

Mag sein. Bei genauerem Hinsehen schauen Faymanns Werte jedoch gar nicht so schlecht aus. Seit einem halben Jahr zeigt die Kurve kontinuierlich und relativ steil nach oben. Cvrtila: "Der Kanzler hat in der Flüchtlingspolitik Leadership gezeigt. Er nahm eine klare Haltung ein, ist international aufgetreten, seine Politik war spürbar." Den letzten Wert vom Jänner 2016 hat OGM noch vor Faymanns Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik gemessen. Cvrtila glaubt, dass ihm diese Kehrtwende nicht schaden werde, sie könnte ihm bei der nächsten Messung sogar weitere Pluspunkte bringen. "Es hat sich ja auch die Meinung in der Bevölkerung geändert. Die Unterstützung für die Willkommenskultur ist stark zurückgegangen", sagt die Meinungsforscherin.

Mit seiner Kritik an den Islam-Kindergärten in Wien zog sich Kurz auch den Zorn der Stadt-SPÖ zu. "Außer blöd reden" falle dem Integrationsminister "nicht viel ein", befundet SPÖ-Wien-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Das Bürgerservice von Stadträtin Sonja Wehsely stellt die Kritik von Kurz an den Islam-Kindergärten gar auf eine Stufe mit Extremismus. "Extremismus und Radikalisierung haben in den Wiener Kindergärten keinen Platz. Politik auf dem Rücken von Kindern aber genau so wenig", heißt es in einem Schreiben an einen Bürger.

Zwar wagt es keiner laut zu sagen, aber viele in der SPÖ-Wien sehen das anders. "Kurz ist ein Produkt des Wegschauens und Schönredens von Integrationsproblemen in Wien", sagt ein SPÖ-Wien-Politiker zum KURIER. "Wenn wir in Parteisitzungen auf solche Probleme aufmerksam machen, werden wir der FPÖ-Propaganda und des Rassismus geziehen. Das geht schon seit Jahren so", schildert der SPÖ-Mann die Kluft zwischen blau-affinen Außenbezirken und rot-grüner Innenstadt. "Kurz legt den Finger in diese Wunde, deswegen ist der Aufschrei so groß."

Keine Lust auf "Vize"

Argwohn schlägt Kurz auch aus Teilen der ÖVP entgegen. Man glaubt, Kurz werde sich im Fall eines Debakels von Andreas Khol bei der Hofburg-Wahl zum ÖVP-Chef küren lassen. Ein enger Gefolgsmann von Kurz prophezeit jedoch das Gegenteil: "Im Fall eines Wahldebakels wird Kurz der Erste sein, der Reinhold Mitterlehner stützt." Nach einer Hofburg-Niederlage könne die ÖVP nicht in Neuwahlen gehen, und Vize von Faymann wolle Kurz nicht werden.

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