Schule bis 18 für lernschwache Jugendliche

Schule bis 18 für lernschwache Jugendliche
Der Experten-Beirat von Staatssekretär Sebastian Kurz will „Bildungspflicht“ statt Schulpflicht

239 Jahre, nachdem Kaiserin Maria Theresia in Österreich die „Schulpflicht“ etabliert hat, sollen die Regierenden diese abschaffen – und durch eine „Bildungspflicht“ ersetzen.

So lautet eine der wesentlichen Forderungen im neuen Integrationsbericht. Dieser beinhaltet die Expertise jenes 15-köpfigen Expertenrates, der unter der Leitung des stellvertretenden Wiener Uni-Rektors Heinz Fassmann ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz berät. Offiziell wird der Bericht erst am Dienstag präsentiert. In dem Konvolut wird bilanziert, was in Sachen Integration in den vergangenen beiden Jahren passiert ist – und was fortan getan werden soll, um die Situation zu verbessern. Der KURIER hat es schon studiert. Die Fachleute begehren etwas, das für Debatten sorgen wird: eine „Bildungspflicht“.

Gefühlte Desintegration

Worum geht es? Die Experten beunruhigt, „dass viele Jugendliche ihre Schulpflicht beenden, ohne einen Abschluss vorweisen zu können“. Derzeit brechen 8000 Schüler pro Jahr die Schule ohne Abschluss ab, bei Migranten ist das vier Mal öfter der Fall als bei Nicht-Migranten.

Verschärfend kommt laut Bericht hinzu, „dass viele Jugendliche im Alter zwischen 16 und 24 Jahren keine Berufsausbildung absolvieren, keiner Erwerbsarbeit nachgehen und sich auch keiner beruflichen Fortbildung unterziehen“. Für diese jungen Menschen ist ein trister Lebensweg vorgezeichnet. Die Experten befinden: Sie werden „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ arbeitslos, müssen von der Sozialhilfe leben – und leiden unter einem „subjektiven Gefühl der Desintegration“.

Lesen, Schreiben, Rechnen

Um gegenzusteuern, solle „das Konzept der Schulpflicht“ durch eine gesetzliche „Bildungspflicht“ ersetzt werden. Das würde bedeuten: Schüler, die die grundsätzlichen Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben oder Rechnen nicht nachweislich beherrschen, sollen ihre Zeit in der Schule nicht bloß „absitzen“, sondern so lange weiter unterrichtet werden, bis sie bestimmte Fähigkeiten haben.

Der qualitative Unterschied zum aktuellen Zustand ist beträchtlich. Derzeit endet die Schulpflicht nach neun Jahren für jeden Schüler in Österreich. Die Integrationsexperten regen an, dass künftig bis zu drei Jahre „anhängt“ werden: Wer die Bildungs- bzw. Leistungsstandards nicht erreicht, soll bis zu seinem 18. Lebensjahr weiter in die Schule gehen müssen.

Schon jetzt gibt es Sanktionen für Eltern, deren Kinder die Schulpflicht verletzen: Ihnen drohen Geldstrafen. Kurz wollte die einst fällige Strafe von 220 auf 1500 Euro erhöhen. Geeinigt hat man sich auf eine Verdoppelung.

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