"Der Papst behält Österreichs Kirche jetzt genau im Blick"

"Der Papst behält Österreichs Kirche jetzt genau im Blick"
Helmut Schüller hofft nun, dass die heimischen Bischöfe Franziskus bei der Öffnung der Kirche unterstützen.

Kardinal Christoph Schönborn war offenkundig bewegt. „Auf Augenhöhe“ und als „Bruder“ sei der Papst den österreichischen Bischöfen bei ihrem jüngsten Rom-Besuch begegnet. Das Oberhaupt der katholischen Kirche, so berichtete Schönborn dem KURIER, habe einen beeindruckend realistischen Blick auf die Situation der Familien, auf die Alleinerzieherinnen und die Patchwork-Beziehungen.

Der KURIER sprach am Sonntag mit Helmut Schüller, dem Gründer der Pfarrer-Initiative. Wie beurteilt er Schönborns Äußerungen? Bewegt sich die Bischofskonferenz – und wenn ja, wohin?

„Kardinal Schönborn und der Bischofskonferenz ist nach diesem Besuch wohl endgültig klar geworden, dass der Papst Österreichs Kirche und ihre Situation jetzt genau im Blick behält“, sagt Schüller. Das sei insofern neu und bemerkenswert, als man auch früher im Vatikan Positionen ausgetauscht und diskutiert habe. „Nach der Heimfahrt (der Bischöfe, Anm.) lief dann aber alles weiter wie bisher“, sagt Schüller. „Das geht jetzt nicht mehr.“

Generell seien die Äußerungen des Papstes ganz im Sinne der Pfarrer-Initiative: „Franziskus sagt: ,Geht hinaus zu den Menschen.‘ Es geht dem Papst also nicht darum, Seelsorge einfach nur als Dienstleistung zu organisieren. Er will, dass wir die Menschen dort abholen, wo sie gerade im Leben stehen.“

Widerstände im Vatikan

Schüller hofft, dass die heimische Bischofskonferenz den Papst bei seinen geplanten Reformen künftig stark unterstützt. „Nach allem was wir hören, gibt es auch im Vatikan bemerkenswerten Widerstand gegen die Pläne des Papstes. Ein System arbeitet gegen die Öffnung.“ Insofern seien die heimischen Priester und Bischöfe angehalten, „nicht vorsichtig abzuwarten“, sondern Franziskus „massiv“ zu unterstützen.

Insbesondere beim Thema „Familie und Beziehungen“ sieht Schüller die Anliegen der Pfarrer-Initiative durch die Äußerungen des Papstes unterstützt: „Beim Thema Ehe und Beziehung haben die sogenannten Laien deutlich mehr Kompetenz als wir Nicht-Verheirateten. Wir Pfarrer können viel lernen.“

Überhaupt habe der Papst die Priester ja dazu aufgefordert, das Leben der Gläubigen nicht ständig zu bewerten oder kirchenrechtlich zu zertifizieren, sondern sie vor allem einmal zu begleiten.

Die landläufige Sorge, eine allzu liberale Weltsicht verwässere Lehre und Traditionen der Kirche, kann Schüller so gar nicht nachvollziehen. „Die Menschen haben ein untrügliches Gespür für den Kern der Wahrheit. Sie leben ihren Glauben. Kritisch und selbstbewusst.“

Wie gläubig jemand sei, könne die Kirche ohnehin nicht endgültig beantworten: „Wer glaubt, er müsse Menschen zunächst einmal durch einen Kirchenrechtsraster schicken, der irrt. Schon Jesus hat die Menschen vor allem danach beurteilt, mit welcher Haltung sie durchs Leben gehen.“

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