"Ich will einfach für meine Familie sorgen"

Mohammad Tareq Majidy: Der Journalist wird von den Taliban bedroht.
Integrationsdebatte: Warum Puls 4 einen Asylwerber das Frühstücksfernsehen moderieren ließ.

Sie riefen Mohammad regelmäßig an, und am Telefon hatten die Taliban für ihn nur eine Botschaft: "Hör sofort auf im Radio Musik zu spielen. Das ist dekadent."

Dazu muss man wissen: Damals, vor etwas mehr als zwei Jahren, war Mohammad Tareq Majidy das, was man einen regionalen Medienstar nennt. Neben seinem Geologie-Studium in Kabul moderierte der Afghane eine Sendung im Frühstücksfernsehen; in der ersten Radio-Station, die in Afghanistan wieder Musik spielte, hatte er sich bis zum Sender-Chef hochgearbeitet. "Ich hatte ein gutes Leben, eine schöne Karriere. Wohnung, Auto, Job, alles lief bestens – bis auf die Tatsache, dass die Taliban mir drohten. Aber ich habe das nicht ernst genommen."

Sicher, die Lage war immer noch gefährlich, Mohammads Familie war schon nach Wien geflohen und hatte hier AsylKabul war zu gefährlich geworden. "Aber ich hab’ mir gedacht: Du hast einen guten Job und vielleicht wird die Situation bald besser", sagt Mohammad.

Dann passierte die Sache im Fitness-Center.

"Ich bin in der Mittagspause oft trainieren gegangen, ein Freund von mir ist Fitnesstrainer." Plötzlich standen zwei Männer zwischen den Hantel-Ständern. "Es waren Taliban. Mein Freund wollte mich beschützen, er ist groß, kräftig." Die Attentäter stachen den Trainer nieder, er starb. "Für mich war das der Moment, in dem ich wusste: Ich muss gehen."

45 Tage später, nachdem er sich im Iran, in der Türkei, Griechenland und am Balkan in überfüllte Busse und Lkw gezwängt, Nächte durchwandert und Flüsse durchschwommen hatte, war Mohammad in Österreich. Er erzählt seine Geschichte in gutem Deutsch, sein Englisch ist ohnehin tadellos ("in Kabul bekommst du keinen Job ohne Englisch").

Der junge Afghane sitzt jetzt auf einer Couch im Studio des Privatfernsehsender Puls 4, wo er vor wenigen Tagen im Frühstücksfernsehen auftreten durfte.

"Wir wollten auf Mohammads Schicksal aufmerksam machen, weil bei ihm sichtbar wird, welchen Schaden überlange Asylverfahren anrichten können. Er ist hoch qualifiziert, sehr motiviert – und dennoch zum Nichtstun verurteilt, weil Asylwerber nicht arbeiten dürfen", sagt Corinna Milborn. Die Puls 4-Infodirektorin könnte sich allenfalls sogar vorstellen, dass der junge Kollege im Sender mithilft. "Einer unserer Kameramänner ist ein ehemaliger Asylwerber. Er ist fachlich gut und kann Russisch."

Und Mohammad? Der wartet auf die endgültige Entscheidung seines Asylverfahrens. Die erste Entscheidung war negativ. "Ich verstehe das nicht. Die Taliban haben mir gedroht, zudem sind meine Frau und meine zwei kleinen Töchter legal in Wien – aber ich soll zurück nach Kabul." Dabei würde er doch nur eines wollen: "Ich bin nicht hierher gekommen, um zu schnorren oder auszurasten. Ich will arbeiten und für meine Familie sorgen."

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