Schelling und die Ankunft in Philippi

Reinhold Lopatka, Hans Jörg Schelling: "Die Beamten waren's..."
Mit dem Zugriff der Finanz auf alle Privatkonten beging Minister Schelling seinen ersten politischen Fehler.

Es war am Dienstag vor acht Tagen. Finanzminister Hans Jörg Schelling lud Journalisten zum Hintergrundgespräch ins Finanzministerium. Dort begründete er das neue Betrugsbekämpfungsgesetz: Den Finanzbeamten solle erlaubt sein, auf alle Privatkonten zugreifen zu dürfen, ohne dass sie dafür eine richterliche Genehmigung einholen müssen. Die richterliche Genehmigung zur Konteneinschau soll zwar bei jenen aufrecht bleiben, die im Verdacht verbrecherischer Handlungen stehen. Für Normalbürger solle der richterliche Schutz aber fallen. Schelling und der neben ihm sitzende Steuersektionschef Gunter Mayr begründeten das Vorhaben damit, dass sich "die Finanzprüfer" das wünschten. Auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, selbst vor nicht allzu langer Zeit Staatssekretär im Finanzministerium, schob gestern die Schuld von der Politik auf die Beamten: Der Gesetzesvorschlag sei "Wunsch der Spitzenbeamten im Finanzministerium", sagte Lopatka.

Schelling als willfähriger Erfüllungsgehilfe seiner Finanzprüfer, dem das Gespür für rechtsstaatliche Zumutbarkeiten fehlt? Damit wird erstmals das Vertrauen, das Schelling in der Bevölkerung genießt, beschädigt. Bisher profitierte Schelling von der offenkundigen Überforderung seiner Amts-Vorgänger, er konnte sich als Fachmann und tatkräftiger Manager wohltuend abheben. Nun hat er seinen ersten politischen Fehler gemacht.

Auf Schleuderkurs ist Schelling auch in der Causa Hypo. Aber das muss man ihm bei einigem guten Willen nicht zum Vorhalt machen. Schelling hat mit dem Zahlungsstopp wenigstes eine Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung hat quasi im Feldversuch gezeigt, dass die Idee, sich aus öffentlichen Haftungen davonstehlen zu wollen, nicht funktioniert. Das kostet Vertrauen, und das wiederum Geld (in Form von Strafzins-aufschlägen, die derzeit die Bundesländer und deren Firmen treffen). Schellings Versprechen, es werde "kein Steuergeld mehr in die Hypo fließen", muss er vor diesem Hintergrund erst einmal einlösen.

In seiner Rede vor dem Parteitag lobte Reinhold Mitterlehner Hans Jörg Schelling für dessen "tolles Management in der Hypo-Causa". Mit größerer Eleganz hätte der ÖVP-Chef dem Finanzminister nicht schaden können. Schelling lächelte säuerlich in der ersten Reihe.

Intimkenner des ÖVP-Innenlebens unterstellen Schelling, dass dieser das Finanzministerium nur als Sprungbrett an die ÖVP-Spitze betrachte. Derzeit braucht sich Mitterlehner allerdings nicht vor Konkurrenz zu fürchten. Mitterlehner hat die Sprengkraft des Protests gegen gläserne Konten sofort erkannt und an die ÖVP-Aufständischen Kompromissbereitschaft signalisiert. Schelling hingegen hat seinen Kredit schon ziemlich strapaziert. Ob Landeshypos, Einlagensicherung oder die Umgangsformen gegenüber Kärnten – zwischen Schelling und den in der ÖVP wichtigen Ländern knirscht es ständig im Getriebe. Die Prophezeiung von Niederösterreichs Finanzchef Wolfgang Sobotka – "bei Philippi sehen wir uns wieder" – ist bereits eingetreten: Schelling ist in Philippi, dem Ort, an dem die Klingen gekreuzt werden, angekommen.

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