Rot-Schwarz: Therapie mit To-do-Liste

Eine To-do-Liste wollen Mitterlehner und Faymann abarbeiten.
Faymann und Mitterlehner beteuern, nun Reform für Reform abzuarbeiten – und nicht mehr zu streiten. Bürgermeister Häupl stört die Harmonie. Er befürchtet, dass schon 2017 gewählt wird.

Ein je knapp zweistelliges Ergebnis für die Regierungskandidaten (Rudolf Hundstorfer: 11,3 %, Andreas Khol: 11,1 %), damit keiner von beiden in der Stichwahl – ein Novum in der Geschichte der Zweiten Republik. Und ein Desaster für Rot und Schwarz. Was tun, damit sie bei der Nationalratswahl im Jahr 2018 nicht marginalisiert werden?

Letzte Warnung

In ersten Analysen für den Zulauf zu FPÖ-Mann Norbert Hofer und die Plätze 4 und 5 für Hundstorfer und Khol suchten Koalitionäre die Schuld bei Medien und Meinungsforschern. Wissend, dass sie damit nicht durchkommen, gestanden SPÖ-Kanzler Werner Faymann und ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach der gestrigen Regierungssitzung ein, dass auch sie zur Niederlage beigetragen haben. Faymann: "Wir nehmen die Warnung der Bevölkerung ernst." Mitterlehner: "Wir haben verstanden. Wir gehen nicht zur Tagesordnung über."

Was aber dann?

Faymann und Mitterlehner wollen einmal mehr versuchen, neu durch zu starten. Nicht personell (Faymann hat sich als Parteichef ja einen Treueschwur der Genossen geholt), sondern inhaltlich.

Eine Reform nach der anderen werde es geben. Als Beispiele nennt Faymann die Bereiche Arbeitsplätze und Wohnen. Ende Mai – nach der Hofburg-Stichwahl – werde zwischenbilanziert, bei Bedarf das Regierungsprogramm aktualisiert. "Wir werden darüber Rechenschaft ablegen, was wir bereits abgearbeitet haben – und wie wir gedenken, jene Themen weiterzubringen, die offengeblieben sind und die in der öffentlichen Diskussion Missstimmung hervorgerufen haben."

Verhaltensänderung?

Auch Strittiges werde nicht ausgespart, versichert Mitterlehner – etwa die Bildungs- und Pensionscausa: "Da müssen Tabu-Bereiche dabei sein." Wobei es mit Reformen nicht getan sein werde, um wieder mehr Bürgerzuspruch zu bekommen. Was früher hieß "Wir müssen unsere Arbeit besser verkaufen", lautet jetzt: Neues "Marketing" sei ebenfalls nötig. Der Vizekanzler kryptisch: Da und dort "werden wir mit Gewohntem brechen", etwa was die wöchentliche Regierungssitzung anbelange.

Ebenso neuerlich im koalitionären Repertoire – ein Bekenntnis, das Politik-Interessierte schon aus Faymanns 2008er-Wahlkampf kennen: "Genug gestritten." Mitterlehner beteuert, dass Schluss sein werde mit Gezänk: "Wir werden ein anderes Verhalten an den Tag legen."

Um zu belegen, dass all das nicht leere Worte sind, gibt sich die Regierung rührig: der staatliche Finanzrahmen bis zum Jahr 2020 wird abgesteckt, die Kindergeld-Reform präsentiert, beim Asylgesetz ein Kompromiss gefunden.

Während Faymann und Mitterlehner im Kanzleramt von Harmonie, neuem Stil und gemeinsamen Aktionen reden, spricht einige Hundert Meter Luftlinie weiter der Wiener Bürgermeister im Rathaus – von einer vorzeitigen Wahl.

Neuwahltöne

Michael Häupl glaubt nicht, dass der rot-schwarze Bundesbund bis zum regulären Termin, 2018, hält. Schon 2017 könnte es so weit sein: "Ich habe die schwere Befürchtung." Was etwa der NÖ Landeshauptmann Erwin Pröll und ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sagen, sei "natürlich nicht darauf angelegt, dass man bis 2018 regiert", befindet Häupl.

Mitterlehner, der mittlerweile mit Faymann, Ministern und Sozialpartnerschefs beim Asyl-Gipfel sitzt, zeigt sich ob des Bürgermeisters Aussagen danach verärgert: "Das ist ein recht netter Quatsch." Er habe "keine Lust, über jede Gefahr oder jeden Termin zu reden, auch wenn noch so wichtige Personen über so etwas spekulieren". Faymann kommen solche Befunde von Parteifreund Häupl auch nicht zupass. Er repliziert trocken: "Wahltag ist 2018. Unsere Aufgabe ist, gut zusammenzuarbeiten."

Zuerst Pröll mit seiner Faymann-Kritik, dann Häupl mit seiner Neuwahl-Befürchtung: auch dem ÖVP-Abgeordneten Asdin El Habbassi missfällt das. Er twitterte am Abend: "Pröll und Häupl täten gut daran vorerst mal einfach ihren Mund zu halten. Kein Mensch braucht jetzt Kommentare dieser Landesfürsten."

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