RH: Niederösterreich und Wien sind Schuldenkaiser

Die versammelten Landeshauptleute (nur Michael Häupl fehlt auf dem Bild) eint die Problematik der Landeshaftungen: Rund 19 Milliarden Euro werden offiziell ausgewiesen, rund 70 Milliarden sind es tatsächlich, kritisiert der Rechnungshof. Sanktionen fehlen freilich.
Rechnungshof legt Länder-Schulden offen: Sie sind seit 2008 wegen der Krise um 75 Prozent auf 26,6 Milliarden gestiegen. Jetzt geht es langsam ans Sparen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat tiefe Spuren in den Budgets der Bundesländer hinterlassen. Mit Ausnahme Tirols, wo die Ausgaben erfolgreich an die stark sinkenden Einnahmen angepasst wurden, sind die Schulden überall sprunghaft gestiegen.

Gleichzeitig sind die Vermögensaufstellungen völlig intransparent und untereinander nicht vergleichbar. Manche Länder bewerten ihre Gebäude, Grundstücke oder Beteiligungen nach ihrem Anschaffungs-, andere nach ihrem Verkehrswert, Wien bewertet sie gar nicht – zumindest nicht für die Öffentlichkeit. Nur Vorarlberg legt eine echte Bilanz vor. Alle anderen Länder jonglieren wild herum: Etwa mit 15 verschiedenen Schulden-Begriffen, die nirgends exakt definiert sind – oder mit Auslagerungen der Gesundheitsversorgung oder Investitionen aus den ordentlichen Budgets.

Rechnungshof schlägt Alarm

Scharfe Kritik an diesem wohl haltlosen Zustand übt nun einmal mehr der Rechnungshof in einem knapp 100-seitigen Rohbericht, der dem KURIER vorliegt.

Ergebnis: Lagen die Länder-Schulden vor der Krise 2008 noch bei rund 15,2 Milliarden, stiegen sie bis 2013 auf 26,6 Milliarden Euro an. Niederösterreich mit 8,1 Milliarden und Wien mit 5,9 Milliarden (siehe Grafik) führen die Liste der Schulden-Kaiser an.

Plus 746 Prozent

Sorgen bereitet den RH-Prüfern dabei der überproportionale Anstieg der Finanzschulden, das sind meist Bankkredite zum Ausgleich der Landeshaushalte. In der Steiermark explodierten die Finanzschulden im besagten Zeitraum um 746 Prozent auf rund 1,6 Milliarden. In Wien machte der Anstieg 217 Prozent aus – von 1,46 auf rund 4,6 Milliarden.

Neben dem Blick in die krisengeplagte Vergangenheit wagt der Rechnungshof auch einen Ausblick bis 2017, der im Ergebnis durch die soeben gestarteten Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund dominiert werden wird. Hier merkt der Rechnungshof kritisch an, dass die Länder zu spät mit dem Sparen und den Strukturreformen (z.B. im Spitalswesen) beginnen. Die Schuldenquote soll in Wien ab heuer, in Oberösterreich ab 2016 und in Kärnten ab 2017 sinken. Speziell im Falle Kärntens geht das Finanzminister Schelling wie berichtet nicht schnell genug.

Kritik der Opposition

Aber auch die Opposition in Wien spart nicht mit Kritik. VP-Chef Manfred Juraczka, vom KURIER mit den RH-Zahlen konfrontiert, sagt: "Bevor Bürgermeister Häupl über ’immer neue Schulden’ nachdenkt, sollte er sich über den Abbau ’alter Schulden’ Gedanken machen. Denn die derzeitige Stadtregierung produziert beides, Schulden und Arbeitslose."

Das lässt man im Rathaus so nicht stehen: "Der Schuldenanstieg war klar der Krise geschuldet, die Konsolidierung ist längst eingeleitet. Ansonsten nehmen wir die Empfehlungen des Rechnungshofes selbstverständlich ernst. Die Verbesserung der Datenlage spielt auch in die Finanzausgleichs-Verhandlungen mit hinein."

RH: Niederösterreich und Wien sind Schuldenkaiser
Grafik: Breineder

Die US-Ratingagentur Moody's droht, die Kreditwürdigkeit des Landes Niederösterreich – derzeit hat es die Bestnote „AAA“ – herabzustufen. Als Grund führte Moody's den Zahlungsstopp der staatlichen HAA-Bad-Bank Heta an, sowie die relativ hohe Verschuldung des Landes und die Auswirkungen der Konjunkturverlangsamung auf die Finanzkraft.


Niederösterreichs ÖVP-Finanzreferent Wolfgang Sobotka ist bemüht, zu kalmieren: Moody's prüfe nicht jedes Land, sondern habe vom Land einen Prüfungsauftrag erhalten. Und noch gebe es keine Abstufung, sondern lediglich ein 'Watch' der Finanzprüfer. Der Heta-Zahlungsstopp sei dennoch eine Belastung – „etwas anderes wurde nie gesagt“.

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