"Residenzpflicht" für Flüchtlinge soll neue Gettos verhindern

Gemeindebundchef Mödlhammer mit deutschem Kollegen Landsberg
Österreichischer und deutscher Bürgermeister-Chef berieten sich in Wien, wie Asylberechtigte besser verteilt und integriert werden sollen.

90.000 Asylanträge wurden im Vorjahr in Österreich gestellt, in Deutschland rund 450.000. Und jetzt? "Jetzt müssen die Kommunen das stemmen", sagen Helmut Mödlhammer, Präsident des Österreichischen Gemeinde-bundes, und Gerd Landsberg, sein deutsches Pendant, unisono. Bei einem zweitägigen Treffen diese Woche in Wien wurde die deutsch-österreichische Freundschaft gepflegt und vor allem eines diskutiert: Wie integrieren wir die, die bleiben dürfen?

Integration funktioniere besser in kleinen Einheiten. Die Kommunen könnten hier einiges leisten, sind sich die Bürgermeister-Chefs einig. Nur drängen die Migranten meist in Ballungszentren. So will etwa in Österreich jeder zweite in Wien leben. In beiden Ländern gibt es Befürchtungen, dass sich Gettos bilden – das sei nun eine Frage der richtigen Verteilung.

Wohnsitzauflage

In der Bundesrepublik scheint eine Residenzpflicht in greifbarer Nähe. Derzeit gilt sie nur für nicht anerkannte Asylwerber und sogenannte Geduldete. Nach den aktuellen Überlegungen sollen sich aber auch anerkannte Flüchtlinge nur in einer bestimmten Stadt oder einem Landkreis aufhalten dürfen, um volle Sozialbezüge zu erhalten. "Wir hoffen, dass die Regierung bis zur Sommerpause eine Regelung auf den Weg bringt", sagt Landsberg, Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebundes.

In Österreich sei man in der Diskussion noch lange nicht so weit, erklärt Mödlhammer: "Erst müssen wir eine länderübergreifende Lösung für die Mindestsicherung finden, dann kann ich mir vorstellen, dass wir über die Wohnsitzauflage sprechen."

Wie berichtet, wäre die SPÖ grundsätzlich dafür, um Wien zu entlasten. Derzeit trägt die Bundeshauptstadt rund 60 Prozent der Gesamtkosten für die Mindestsicherung. Die ÖVP fordert vorher eine bundesweite Deckelung.

Infrastruktur fehlt

Als weitere Bedingung für die Verteilung der Asylberechtigten auf den ländlichen Bereich nennt Mödlhammer eine passende Infrastruktur: etwa Kindergärtenplätze, Schulen mit Nachmittagsbetreuung und Arbeitsplätze.

"Wir müssen diese Menschen intelligent verteilen. Also da hin, wo sie sich auch ein Leben aufbauen können", sagt auch der deutsche Gemeindebundpräsident. In Tirol leben beispielsweise rund 75 Prozent der Asylwerber in Innsbruck, während die Tourismusgebiete händeringend nach Personal suchen.

Und die Lösung? "Es braucht eine enorme Kraftanstrengung auf nationaler Ebene, um damit fertig zu werden. Derzeit ist das System völlig überfordert", sagt Mödlhammer. Er und Landsberg propagieren gemeinsam die Idee von so genannten "Integrationsplattformen": In jeder größeren Region solle es jeweils eine Stelle geben, an der für Migranten alle Fäden zusammenlaufen: Asylantrag, Job, Wohnung, Kinderbetreuung. Beim Asylgipfel im Jänner habe Mödlhammer dafür eine Vereinbarung getroffen: "Passiert ist seither nichts."

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