Rekruten, raus aus der Küche!

APA12320352 - 15042013 - SEETALERALPE - ÖSTERREICH: Die BM Johanna Mikl-Leitner und Gerald Klug (r.) am Montag, 15. April 2013, anl. einer PK zum Thema "Zwischenergebnisse zur Wehrdienstreform" am steirischenTruppenübungsplatz Seetaleralpe. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Die Minister Klug und Mikl-Leitner präsentierten erste Ideen zur Attraktivierung der Wehrpflicht.

Im Hintergrund: das Peitschen von Gewehrsalven; in der Luft: der flüchtige Geruch von Schießpulver; am Boden, im Schneematsch: leere Patronenhülsen.

Zugegeben, für eine Bilanzpressekonferenz war es ein, nun ja, eher ungewöhnlicher Ort, an den Gerald Klug und Johanna Mikl-Leitner gestern geladen hatten.

Seit Wochen verhandeln der Verteidigungsminister und die Chefin im Innenressort, wie man den Grundwehrdienst attraktiver machen kann. Ende Juni soll der Plan stehen, und gestern, Montag, zog man Zwischenbilanz – auf dem obersteirischen Truppenübungsplatz Seetaler Alpe.

Vorzeigeprojekt

Warum ausgerechnet hier? Warum flogen die beiden „Sicherheitsminister“ in schwarzen Black-Hawk-Helikoptern ins Steirische?

Das liegt wohl daran, dass das Verteidigungsressort in dieser Kaserne ein Experiment unternommen hat, das heute als Vorzeige-Projekt gilt: Auf der Seetaler Alpe ist kein einziger Grundwehrdiener als „Systemerhalter“ eingesetzt. Die Bewachung des 1500 Hektar großen Areals samt Schießplatz übernimmt eine vollautomatische Warnanlage; Reinigung und Küchenjobs wurden externen Unternehmen überantwortet. Die Kosten dafür beziffert Kommandant Oberst Manfred Hofer mit 589.000 Euro.

Im Gegenzug erspart allein die Warnanlage 36 jungen Rekruten, dass sie Tag für Tag am Schießplatz Wache stehen – sie können andere, allenfalls erfüllendere Aufgaben übernehmen.

„Wir werden aus dem Grundwehrdienst kein Erlebniscamp machen.“ – Gerald Klug

Rekruten, raus aus der Küche!
APA12320206 - 15042013 - SEETALERALPE - ÖSTERREICH: BM Gerald Klug am Montag, 15. April 2013, anl. einer PK zum Thema "Zwischenergebnisse zur Wehrdienstreform" am steirischenTruppenübungsplatz Seetaleralpe. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Geht’s nach Verteidigungsminister Klug, so ist das genau sein Ding. „60 Prozent der Grundwehrdiener arbeiten derzeit in der Systemerhaltung“, sagte er gestern. Doch wer seinen Militär-Dienst mit Kochen, Schreiben, Autowaschen oder Kellnern im Offizierskasino verbringt, der hat meist nicht das Gefühl, sonderlich viel erlebt oder gelernt zu haben.

Und deshalb will Klug dieses Verhältnis „zumindest“ umdrehen. „60 Prozent im militärischen Kern-Geschäft, nur noch 40 Prozent in der Systemerhaltung.“

Womit wir bei den gestern präsentierten Maßnahmen wären: Von den 1800 Grundwehrdienern, die kellnern, und von den 1600 im Heer aktiven Chauffeuren soll auf jeweils zehn Prozent verzichtet werden. Die Posten werden einfach gestrichen, die jungen Grundwehrdiener sollen klassischen Militärdienst leisten, und 2014 will man die Zahl der kellnernden Rekruten gar halbieren – 900 Mann kämen so „eins zu eins zur Truppe“, sagte Klug – und machte an dieser Stelle auch klar, was der neue Grundwehrdienst nicht sein wird: „Wir werden aus ihm kein Erlebniscamp machen.“ Die jungen Österreicher dürften sich nicht auf einen „sechsmonatigen Abenteuerurlaub“ einstellen, das Heer sei und bleibe eine Einsatzorganisation.

Für manch jungen Wehrpflichtigen mag das ernüchternd sein.

Weitaus trister war gestern freilich, dass vorerst unklar bleibt, wie der Abbau der Systemerhalter genau funktioniert.

Wie viele der bald fehlenden Küchenkräfte durch externe Firmen ersetzt werden und was dies allenfalls kosten wird, darüber konnten die Sicherheitsminister gestern keine Auskunft geben – Details gibt’s erst Ende Juni.

„Die Ausbildner müssen mit den Rekruten auf Augenhöhe kommunizieren.“ – Johanna Mikl-Leitner

Rekruten, raus aus der Küche!
APA12320250 - 15042013 - SEETALERALPE - ÖSTERREICH: BM Johanna Mikl-Leitner am Montag, 15. April 2013, anl. einer PK zum Thema "Zwischenergebnisse zur Wehrdienstreform" am steirischenTruppenübungsplatz Seetaleralpe. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
So blieb noch zu verlautbaren, dass das Ministerium heuer um 40 Millionen mehr, nämlich 105 Millionen Euro für dieSanierung maroder Kasernenausgeben will. Mikl-Leitner erinnerte daran, dassAusbildner im Umgang mit den Rekrutenauf Augenhöhe zu kommunizieren hätten“.

Sicherheitsduo

Damit aber waren die Inhalte weitgehend erledigt, der Rest war Atmosphäre.

Diese scheint innerhalb des neuen „Sicherheits-Duos“ durchaus prächtig. Der rote Heeresminister pries seine ÖVP-Kollegin unüberhörbar als ausnehmend „konstruktiv und kompetent“. Man ließ sich Seite an Seite das militärisches Gerät – von den Schießanlagen bis zu den Absperrungen – erklären. Und als Mikl-Leitner ihren Spiegel-Minister fragte, ob er sie nicht begleiten wolle – sie besuchte die Polizeischüler, die gerade am Schießstand übten – da frohlockte Klug nachgerade: „Ja sicher. Des müss’ ma uns geben!“

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Ist-Zustand

Pro Jahr werden rund 24.000 Grundwehrdiener einberufen. Zeitgleich sind zwischen 11.000 und 12.000 Rekruten beim Heer. Sie müssen einen sechsmonatigen Grundwehrdienst ableisten. Ein Großteil (60 Prozent) davon ist als Systemerhalter im Einsatz.

Soll-Zustand

Künftig sollen 60 Prozent der Grundwehrdiener im militärischen Kerngeschäft eingesetzt werden und nur noch 40 Prozent als Systemerhalter (Köche, Kellner, Chauffeure, Schreibkräfte etc.) tätig sein. Überdies soll das Budget für die Sanierung von Kasernen aufgestockt werden.

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