Regierung will weniger Sozialversicherungsträger

Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner
Kanzler Kern und Vizekanzler sprachen sich für effizienteres System und weniger Reglementierung bei Gewerbeordnung aus.

Die Regierungsspitze will die Sozialversicherungsträger verschlanken und die Gewerbeordnung durchforsten. Die Gebietskrankenkassen sollen effizienter werden, Ziel sei unter anderem die Anzahl der derzeit 22 Sozialversicherungsträger zu reduzieren, sagte Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will die Unternehmensgründung entbürokratisieren.

Zur Effizientsteigerung der Sozialversicherungsträger lässt die Regierung eine Studie erarbeiten. Auch die Berichte des Rechnungshofes sollen herangezogen werden. Die Organisation der Gebietskrankenkassen soll durchleuchtet werden. Bei den ÖBB habe er die Zahl der Führungskräfte halbiert, sagte Kern. "Das muss das Ziel hier auch sein", kündigte der Bundeskanzler an. Wegen der unterschiedlichen Leistungen und nicht einheitlichen Verrechnungen sei eine Reform nicht so einfach. Es sei mehr als eine reine Bürokratiereform und man müsse sorgfältig vorgehen, weil Versicherte auch unterschiedliche Vorteile genießen, erklärte Kern.

Erste Vorschläge im Sommer

Bei der Gewerbeordnung, wo man das Vorgehen bisher den jeweiligen Bereichen überlassen habe, sollen erste Vorschläge vor dem Sommer auf dem Tisch liegen, kündigte Mitterlehner an. Es gehe um den Zugang zur Unternehmensanmeldung, um Formalitäten und Veröffentlichungspflichten, aber auch um Mitgliedsbeiträge für die Wirtschaftskammer. So sei es fraglich, ob es zielführend ist, dass für mehrere Tätigkeiten verschiedene Beiträge ausgelöst werden. Es gehe dabei auch um "Tabuthemen", sagte Mitterlehner. Unterm Strich sei es "ein Abschaffen von Reglementierungen".

Beide Vorhaben seien ein Signal, den Stillstand zu überwinden, sagte Kern. Er und Mitterlehner bekräftigten die Ansage von vergangener Woche, in fünf Themenbereichen Reformen umsetzen zu wollen. Ebenfalls noch vor dem Sommer sollen hierzu Details ausgearbeitet sein. Unter anderem planen die beiden ein Paket für Gründer und Start-ups. Im Bereich Sicherheit soll ein Integrationspaket auf den Weg gebracht werden, Kern räumte ein, dass Deutschland hier schon etwas weiter sei. Zudem soll ein effizienterer Einsatz der Ressourcen dem Innenministerium mehr Kapazitäten bringen, so Kern. Bei der Bildung - wo laut Kern das "dickste Brett zu bohren" ist - soll mehr Jugendlichen eine Perspektive gegeben werden, derzeit würden 8.000 Jugendliche im Bildungssystem spurlos verloren gehen.

Wirtschaftswachstum

Mitterlehner verwies auf die jüngste Wirtschaftsprognose sowie das IMD-Ranking. Ein Wirtschaftswachstum von 1,6 oder 1,5 Prozent sei eine realistische Prognose. Die Steuerreform habe den privaten Konsum gesteigert und Österreich habe die Chance, wieder über den europäischen Schnitt zu kommen. Dies sollte Motivation für weitere Reformen sein. Kern erklärte, die Wirtschaft sei im heutigen Ministerrat ausführlich diskutiert worden.

Kern will in die Prozesse auch Rechnungshof und Opposition einbinden. Die Einbindung gelte natürlich auch für die Sozialpartner. Das Ziel sei, Österreich gemeinsam voranzubringen. Mittlerlehner verteidigte seine Kritik an den Sozialpartnern. "Es gibt keine Lizenz zur Kritik nur von einer Seite", so der Vizekanzler, der darauf verwies, dass es nicht zeitgemäß sei, dass eine Debatte zur Arbeitszeitflexibilisierung mit einer sechsten Urlaubswoche verbunden werde. Über "Verteilungsfragen" könne man sprechen, wenn dies das Wirtschaftswachstum zulasse.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat die Sozialpartner am Dienstag vor dem Ministerrat zwar als "wichtig" bezeichnet. Sie hätten auch unglaublich viel für die Entwicklung des Landes beigetragen. Dort gebe es aber genau so einen "Reformstau wie in der Regierung", gab sich Schelling selbstkritisch. Die Sozialpartnerschaft müsse sich hinentwickeln zu einer Standortpartnerschaft. Teil des von Kern ausgerufenen "New Deal" müsse es sein, aus den "basarartigen Verhandlungen rauszukommen", sagte Schelling.

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