Rechnungshof: ÖVP-Kandidatin Kraker wird Präsidentin

Die designierte RH-Präsidentin
Im zweiten Wahlgang gab die SPÖ klein bei - und verschaffte den Schwarzen eine Mehrheit.

Im Poker um die Nachfolge für Josef Moser an der Spitze des Rechnungshofes sind die Würfel gefallen: Margit Kraker, Chefin des steirischen Landesrechnungshofes, wird ab 1. Juli die erste Frau in diesem Amt sein. Die 55-jährige Juristin war von der ÖVP nominiert worden, die SPÖ verhalf ihrer heute Vormittag zu einer Mehrheit bei der Abstimmung im Hauptausschuss des Nationalrats.

Damit wird eine Kandidatin, die beim Hearing am Mittwoch nur durchschnittlich abgeschnitten hat, neue Präsidentin. Doch für den besten Anwärter, Ex-Budgetsektionschef Gerhard Steger, fand sich keine Mehrheit. Im ersten Wahlgang votierten zwar vier von sechs Fraktionen - SPÖ, Grüne, Neos und TS - für Steger. Sie haben allerdings gemeinsam nur 14 von 28 Stimmen im Hauptausschuss. Die ÖVP stimmte für Kraker (8 Stimmen), die sechs FPÖ-Mandatare sprachen sich für die blaue Kanididatin Barbara Kolm aus.

Im zweiten Wahlgang sprachen sich - wie erwähnt - dann Rot und Schwarz für die ÖVP-Frau aus.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig bedauerte im Ö1-Morgenjournal "das politische Spiel". Noch wesentlich schärfer kritisierte Neos-Chef Matthias Strolz die offensichtliche Entscheidung von SPÖ und ÖVP: „Sollten die Regierungsparteien bewusst den wohl objektiv besten und kraftvollsten Kandidaten übergehen, so ist das eine Ohrfeige für alle mündigen Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Es wäre Beleg dafür, dass SPÖ und ÖVP dort weitermachen, wo sie offensichtlich nie aufgehört haben: dumpfes Packeln ohne Genierer."

Einzelkritik: Wer beim Hearing überzeugt hat

Eine Farce – so muss man umschreiben, was sich heute Vormittag im Parlament abgespielt hat. SPÖ und ÖVP haben eine Kandidatin, die beim gestrigen Hearing im Hohen Haus nur mittelmäßig abgeschnitten hat, zur neuen Rechnungshof-Präsidentin gekürt. Die steirische Rechnungshof-Chefin Margit Kraker wird nun Josef Moser an der Spitze des wichtigen Kontrollorgans der Republik beerben. Der mit Abstand beste Anwärter, der ehemalige Budgetsektionschef Gerhard Steger, fiel durch. Er hatte bei der Anhörung im Parlament seine Konkurrenten in den Schatten gestellt. War das Hearing also unnötig – angesichts der Packelei von ÖVP und SPÖ? Mitnichten. Durch die öffentliche Befragung kristallisierte sich klar heraus, wer sich für den Posten am besten eignen würde. Dass sich die Regierungsparteien darüber hinweggesetzt haben, macht offensichtlich, dass Qualifikation leider viel weniger zählt als politische Taktik. Die ÖVP hat die SPÖ erpresst, die Kanzlerpartei ist "eingegangen". Der Wähler konnte erste Reihe fußfrei zuschauen – und wird sich sein Urteil bilden. Dass derlei beim Volk gut ankommt, darf wohl bezweifelt werden.

(Maria Kern)

Margit Kraker(55) wird neue Rechnungshofpräsidentin. Sie ist seit 2013 Direktorin des steirischen Landesrechnungshofes. Dass Kraker - sie ist ÖVP-Mitglied - direkt aus dem Kabinett des heutigen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer in diese Funktion wechselte, dessen Büro sie seit 2000 leitete, sorgte damals für Kritik der Opposition. Ihre Karriere startete die gebürtige Steirerin (9. November 1960) als Assistentin am Institut für öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre an der Universität Graz, danach war sie Parlamentsjuristin in Wien und Landtagsjuristin in Graz.

Nominiert wurde sie von der ÖVP, "da sie aufgrund ihrer Erfahrung als Direktorin des Landesrechnungshofes beste Kenntnisse aller wesentlichen Abläufe und Tätigkeiten in einem Rechnungshof mit sich bringt." Weiter steht im Nominierungstext: "Sie kennt die Arbeit in der Bundes- und Landesverwaltung darüber hinaus aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Landesamtsdirektorin bis ins Detail".

Solider Auftritt im Hearing

Beim gestrigen Hearing legte Kraker einen soliden, aber glanzlosen Auftritt hin. In ihrem Eingangs-Statement sagt sie, sie sehe den Rechnungshof als „Impulsgeber für die Verwaltung“ und deklariert sich als Anhängerin „selbst organisierter Teamarbeit“. Von den Abgeordneten wird Kraker wegen ihrer Vergangenheit „gegrillt“. Sie war dreizehn Jahre lang Büroleiterin des damaligen Vize-Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer und ist von dort direkt in die Chefetage des Landesrechnungshofs gewechselt, wo sie Entscheidungen kritisch hinterfragen sollte, an denen sie zuvor mitgewirkt hatte. „Bis auf zwei Stimmen wurde ich von allen Abgeordneten des Landtags zur Rechnungshof-Chefin gewählt“, verteidigte sich Kraker. In nur einem Fall habe sie sich befangen gefühlt, dies dann offen erklärt und die Aufgabe an ihren Stellvertreter abgetreten.
Kraker sagte, die Rechnungshofberichte müssten geändert werden, die Kurzfassungen seien derzeit zu lange, sodass die Langfassungen oft nicht mehr gelesen würden. Sie will „kompakte Kurzberichte“ einführen. Zu reformieren sei auch die Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesrechnungshöfen, um Doppelgleisigkeiten zu verhindern. Da sagt der FPÖ-Abgeordnete Erwin Angerer: „Sie wollen ja mehr den Rechnungshof als Strukturen in Österreich reformieren.“ Neos-Chef Strolz hakt hier ein: „Wo würden Sie denn alte Zöpfe abschneiden?“ Kraker: „Man könnte das übergeordnete Straßennetz an die Asfinag, Gemeindestraßen an die Länder übertragen.“ Strolz’ Frage, wie sie den Landeshauptleuten die Stirn bieten würde, beantwortet sie so: „Ich kenne die Landeshauptleute. Zumindest ein Mal im Jahr sollte man in den Ländern anwesend sein, um Druck zu erzeugen.“ Waltraud Dietrich, Abgeordnete des Team Stronach, kritisiert den Rechnungshof, weil es ihm „nicht gelingt, Weitblick in die Politik zu bringen“. Kraker ignoriert die unfreiwillige Komik in diesem Vorwurf einer Politikerin und antwortet brav: „Vielleicht muss der Rechnungshof verständlicher kommunizieren.“

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