Rabbiner-Chef: Nicht wenige Juden wählten Hofer

Oberrabbiner von Moskau: Pinchas Goldschmidt
Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, sagte in Wien, dass antimuslimische Propaganda ihre Wirkung hat.

Rechtspopulistische Parteien sind wegen ihrer Anti-Islam-Rhetorik nun auch für jüdische Wähler attraktiv. "Ich nehme an, dass höchstwahrscheinlich ein nicht unwesentlicher Teil der (jüdischen) Gemeinschaft hier für Hofer bei der Präsidentenwahl gestimmt hat", sagte der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters in Wien.

"Als Gott die Intelligenz verteilte, stellte sich nicht jeder an", kritisierte Goldschmidt jüdische Wähler rechtspopulistischer Parteien. Ihre Politik sei nämlich "gefährlich und zerstörerisch". "Wenn diese Parteien mit einer populistischen Botschaft zu den Juden kommen und sagen: 'Wir werden euch vor den Muslimen retten', wirkt die Propaganda."

Werben um jüdische Stimmen

Goldschmidt berichtete, dass auch in Frankreich die ausländerfeindliche Front National vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen im kommenden Jahr immer attraktiver für die jüdische Wählerschaft werde. Neben der FPÖ und der FN würde auch der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders um Juden werben. "Sie wollen alle, dass wir Juden sagen, dass sie annehmbar sind."

Der Moskauer Rabbiner betonte, dass die Bedrohung durch islamistische Terroristen ernst genommen werden müsse. Die rechtspopulistischen Parteien sprächen die echten Sorgen der Menschen an, sagte Goldschmidt. "Wenn die etablierten Parteien Europas diese Fragen nicht lösen, werden sie verlieren", so der Geistliche, der in Wien an einem Treffen der Europäischen Rabbinerkonferenz teilnahm. Konkret forderte er die Gründung einer europäischen Anti-Terror-Einheit, eine Verbesserung des Grenzschutzes sowie eine bessere Integration von Flüchtlingen.

Goldschmidt kritisierte, dass rechtspopulistische Parteien alle Muslime mit Islamisten in einen Topf würfen. "Der gemäßigte Muslim ist unser natürlicher Verbündeter. Sie sind nämlich genauso Opfer des radikalen Islamismus wie wir Juden."

Ein KURIER-Interview mit Pinchas Goldschmidt lesen Sie demnächst

Kommentare