Pröll: "Verschnaufpause im letzten Moment"

Erwin Pröll lobt die Reform und gibt ihr auf einer Skala von eins (schlecht) bis zehn (gut) dennoch nur eine Sieben.
Niederösterreichs Landeshauptmann lobt das Steuerpaket.

KURIER: Herr Pröll, wie war die Stimmung im Parteivorstand?

Erwin Pröll: Es war eine konstruktive Diskussion. Das gesamte Thema hat uns lange, nach meiner Meinung zu lange begleitet. Das Positivste überhaupt an diesem Tag ist, dass die Diskussion endgültig beendet ist. Denn die 1,5 bis zwei Jahre der Diskussion haben den Wirtschaftsstandort Österreich geschadet. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir konjunkturell so ausschauen, wie wir nun ausschauen.

Ist es für Sie wirklich eine Steuerreform oder nur eine Steuersenkung? Es ist beides. Allein die 1,1 Milliarden, die als Einsparungspotenzial eingeplant wurden, machen Druck, die Reformmaßnahmen umzusetzen. Ich habe auch heute im Parteivorstand gesagt, ein wesentlicher Ansatzpunkt für den Bürokratieabbau sehe ich in der Wirtschaft. Vor allem bei der Bundesgewerbeordnung und beim Arbeitsinspektorat. Es spottet jeder Beschreibung, was hier an Detailregelung vorhanden ist.

Die Wirtschaft hat sich deutlich mehr von dem Paket mehr erwartet ...

In den vergangenen 1,5 Jahren wurde eine Art Klassenkampf ausgerufen. Die Wirtschaftstreibenden haben sich vor nichts gefürchtet, einzig vor Erbschafts- Vermögens- und Schenkungssteuern. Doch der große Angriff auf die Substanz in der Wirtschaft wurde abgewehrt. Gott sei Dank ist man auf beiden Seiten von den Extremstandpunkten abgerückt, um dem Grundsatz "leben und leben lassen" zu huldigen.

Einige Punkte, wie die 1,9 Milliarden, die die Steuerbetrugsbekämpfung einbringen soll, basieren auf reiner Schätzung. Ist Ihnen das nicht zu unsicher?

Ich gehe davon aus, dass sich der Finanzminister nicht selber betrügen will. Denn das würde ihn ja innerhalb von wenigen Monaten einholen. Ich gehe davon aus, dass die Experten hier handfestes Kalkül angelegt haben und die Zahlen auch halten.

Auf einer Skala von eins bis zehn: Wo würden Sie Ihre Zufriedenheit mit dieser Steuerreform ansiedeln?

Ich würde sagen, bei sieben. Es ist ein Kompromiss, wo natürlich Wasser in den Wein gegossen werden musste. Aber als Gesamtpaket kann sie schon auslösen, was anfangs Pate der Reform war. Wenn die Berechnungen nicht allzu sehr täuschen, dann kann es ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent geben.

Hat die Steuerreform der Regierung nun eine Verschnaufpause verschafft?

Ich würde sagen: Gott sei Dank, im letzten Moment. Denn was sich hier an Diskussion im Vorfeld abgespielt hat, war alles andere als erträglich. Der vorzeitige Abschluss hat doch gezeigt: Wenn man will, dann geht es. Aber jetzt braucht es weitere Reformen in der Bildung, bei den Pensionen und beim Finanzausgleich Bund/Länder.

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